Schmerzkatheter - Vorteile, Anwendung und Risiken

Das Schmerzkatheterverfahren zählt zu den Methoden des modernen Schmerzmanagements. Die Verabreichung schmerzlindernder oder betäubender Arzneimittel über einen schmalen Schlauch bewirkt das Lindern von Schmerzen nach chirurgischen Eingriffen oder im Falle von chronischen Schmerzen. Der Einsatz des Katheters erfolgt entweder direkt am Rückenmark oder in der Region peripherer Nerven. Lesen Sie hier alles Wissenswerte zum Schmerzkatheter.

Von Jens Hirseland

Vorteile eines Schmerzkatheters

Nach operativen Eingriffen drohen häufig erhebliche Schmerzen, die sich negativ auf den Heilungsverlauf sowie das allgemeine Befinden des Patienten auswirken können. Durch die Anwendung eines Schmerzkatheters ist es jedoch möglich, solchen negativen Folgen entgegenzuwirken. Außerdem bietet das Schmerzkatheterverfahren mehrere Vorteile:

  • die Verminderung von Wundschmerzen nach einer Operation
  • eine effizientere Heilung und Rehabilitation sowie ein geringeres Risiko von Komplikationen
  • der Patient lässt sich früher wieder mobilisieren
  • aufgrund der geringeren Schmerzen kann sich der Patient einer gezielten Krankengymnastik unterziehen
  • es werden weniger Schmerz- und Narkosepräparate benötigt
  • das Risiko von Blutgerinnseln (Thrombosen) oder Lungenentzündungen verringert sich, weil der Patient schneller mobil wird
  • der Patient kann früher aus dem Krankenhaus entlassen werden

Das Schmerzkatheterverfahren gilt gegenüber anderen Alternativen des Schmerzmanagements als besonders effektiv, weil sich der Schmerz gezielt ausschalten lässt. Ein weiterer Pluspunkt besteht darin, dass im Vergleich zu anderen Methoden wie Infusionen mit Schmerzmitteln oder der oralen Darreichung durch Tabletten bzw. Tropfen keine Nebenwirkungen wie Übelkeit, Müdigkeit oder Verwirrung zu befürchten sind. Daher gilt die Anwendung eines Schmerzkatheters als besser verträglich für die Patienten.

Welche Mittel werden über den Schmerzkatheter verabreicht?

Verabreicht werden dem Patienten sogenannte Lokalanästhetika. Gemeint sind damit Betäubungsmittel mit lokaler Wirkung. Sie blockieren die Ionenkanäle. Durch diesen Vorgang findet eine Behinderung der Nervenerregungsleitung statt. Die Schmerzen werden entweder nur noch abgeschwächt oder sogar überhaupt nicht mehr weitergeleitet.

Arten von Schmerzkathetern

Die Medizin differenziert zwischen zentralen (rückenmarksnahen) sowie peripheren (rückenmarksfernen) Schmerzkathetern.

Zentrale Schmerzkatheter

Der zentrale Schmerzkatheter gelangt bei rückenmarksnahen Methoden zur Anwendung. Die Mediziner unterscheiden zwischen periduralen und spinalen Kathetern.

Periduralkatheter

Der Periduralkatheter kommt im Periduralraum zum Einsatz. Beim Periduralraum handelt es sich um einen Körperbereich, der mit Bindegewebe und Fett versehen ist. Vom ihm werden die Häute des Rückenmarks umhüllt. Beim Freisetzen des Anästhesiemittels breitet es sich bis zu den Nervenwurzeln hin aus.

Die Platzierung des Periduralkatheters erfolgt bei Bauchoperationen entweder an der Lendenwirbelsäule unter dem Rückenmark, im unteren Bauchbereich oder an der Brustwirbelsäule auf Rückenmarkhöhe.

Spinalkatheter

Ein Spinalkatheter wird im Rückenmarksraum (Spinalraum) angelegt. Das Betäubungsmittel gelangt unmittelbar im Liquorraum zur Anwendung. Das hat den Vorteil, dass der schmerzstillende Effekt rascher eintritt als beim Periduralkatheter. Allerdings findet der Spinalkatheter nur unter bestimmten Voraussetzungen Verwendung. Dies sind:

  • Operative Eingriffe am Bein
  • Bestimmte Vorerkrankungen
  • Anatomische Besonderheiten
  • Schmerzzustände, die sich nicht anders behandeln lassen

Anwendungsgebiete von zentralen Schmerzkathetern

Die zentralen Schmerzkatheter haben die Aufgabe, die allgemeine Anästhesie zu unterstützen. Häufigste Indikationen sind:

  • Darmoperationen
  • das Entfernen von Organen wie Leber, Magen, Speiseröhre oder Lunge
  • Operationsverfahren der Gynäkologie wie das Entfernen der weiblichen Gebärmutter
  • die Behandlung eines Aortenaneurysmas
  • Operationen nach Unfällen
  • Orthopädische Operationen wie das Einsetzen eines neuen Kniegelenks
  • eine natürliche Geburt
  • ein Kaiserschnitt

Periphere Schmerzkatheter

Die häufigsten Einsatzgebiete von peripheren Schmerzkathetern sind Operationen nach Unfällen, wobei der Patient unter starken Schmerzen leidet. Durch die Anwendung des rückenmarksfernen Schmerzkatheters ist der Patient früher in der Lage, eine Physiotherapie durchzuführen. Dies wirkt sich wiederum günstig auf das Heilungsverfahren aus.

Es ist zwischen einem Armblock und einem Beinblock zu unterscheiden.

Armblock

Beim Armblock wird entweder ein Plexuskatheter, der den gesamten Arm betäubt, oder ein Suprascapularis-Katheter in der oberen Schulterblattregion verwendet. Letzterer eignet sich zur Therapie von Schulterschmerzen.

Beinblock

Beim Beinblock wird das Bein über den Femoralisnerv und den Ischiasnerv betäubt. Zu den verwendeten Kathetern zählen der Psoas-Kompartment-Katheter zur Betäubung von Hüfte, Oberschenkelvorderseite sowie Unterschenkelinnenseite, der Femoralis-Katheter zur Anästhesie von Oberschenkelvorderseite und Knie, sowie der Ischiadikus-Katheter. Dieser betäubt die Hinterseite des Unterschenkels und den kompletten Fuß.

Anlegen eines Schmerzkatheters

Das Anlegen des Schmerzkatheters richtet sich danach, welche Körperregion einer Betäubung unterzogen werden muss. Beim Anlegen bestehen Unterschiede zwischen dem zentralen und peripheren Katheter.

Ablauf eines rückenmarksnahen Verfahrens

Der Patient setzt sich zum Anlegen eines zentralen Katheters hin und macht dabei einen Rundrücken. Erster Schritt ist die Injektion eines lokalen Betäubungsmittels. Anschließend wird eine hohle Periduralnadel eingeführt.

Tritt ein Tropfen der Rückenmarksflüssigkeit aus der Hohlnadel hervor, ist dies das Anzeichen, dass der Periduralraum erreicht wurde. Via Hohlnadel wird nun der schmale Schmerzkatheter vorgeschoben. Ein paar Zentimeter vor dem Periduralraum hält er an, sodass sich anschließend das Anästhetikum verabreichen lässt.

Mit einem Pflaster wird der Katheter am Rücken des Patienten fixiert. Es besteht auch die Option, den Schmerzkatheter an eine Pumpe anzuschließen. Dadurch ist der Patient in der Lage, das Schmerzmittel selbst darzureichen, wenn er es benötigt.

Racz-Katheter-Verfahren

Zu den modernen Therapievarianten gehört das Racz-Katheter-Verfahren. Der Racz-Katheter zeichnet sich durch eine große Biegsamkeit aus. Auf diese Weise lässt er sich über die Hauteintrittsstelle bis zur Lendenwirbelsäule vorschieben. Unter der Kontrolle eines angeschlossenen Bildschirms versetzt der Arzt den Schmerzkatheter an die geeignete Stelle des Rückenmarkkanals. Dort verabreicht er dann das Anästhetikum.

Ablauf eines rückenmarksfernen Verfahrens

Rückenmarksferne Schmerzkatheter dienen zumeist zur Therapie von Schmerzen an Arm oder Schulter. Zu diesem Zweck findet die Betäubung des Nervengeflechts Plexus brachialis statt. Den ersten Schritt stellt die Desinfektion der Einstichstelle, die sich an der Schulter befindet, dar. Durch das Desinfizieren soll einer möglichen Infektion entgegengewirkt werden.

Nächster Schritt ist das Injizieren eines lokalen Betäubungsmittels. Der Arzt greift auf Ultraschall zurück, um Gefäße und Muskeln bildlich darstellen zu können, damit diese nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.

Wie beim rückenmarsnahen Verfahren wird auch bei der rückenmarksfernen Methode via Hohlnadel der Katheterschlauch in den Körper eingeführt, sodass das Betäubungsmittel zur Anwendung gelangen kann.

Risiken und Nebenwirkungen eines Schmerzkatheters

Die Anwendung von Schmerzkathetern wird als sicheres Routineverfahren eingestuft. Mitunter sind jedoch gewisse Risiken und Nebenwirkungen möglich. Dazu gehören vor allem:

  • Blutungen
  • Verletzungen der Nerven
  • Kraftverminderungen
  • Sensibilitätsstörungen wie zum Beispiel Taubheitsgefühle in den Beinen
  • das Durchstechen der Lunge bei Einsätzen im oberen Brustkorb
  • ein Pneumothorax

Wird aus Versehen ein Schmerzmittel in eine Vene injiziert, drohen Herzrhythmusstörungen und Krampfanfälle. Zu dieser Komplikation kommt es aber nur äußerst selten. Muss der Katheter für einen längeren Zeitraum im Körper verbleiben, besteht die Gefahr von bakteriellen Infektionen. Mit der Dauer der Katheterbehandlung steigt das Risiko an.

Hinweise zum Tragen eines Schmerzkatheters

Auch der Patient ist beim Tragen eines Schmerzkatheters gefordert. So ist es wichtig, dass er die Injektionsstelle vor Verschmutzungen schützt. Bei der Körperreinigung dürfen daher weder Wasser noch Seife in die Wunde vordringen. Es wird empfohlen, stattdessen ein Duschpflaster zu verwenden.

Machen sich Beschwerden wie Hautrötungen oder Schmerzen bemerkbar, muss zeitnah ein Arzt konsultiert werden.

Ein rückenmarksferner Schmerzkatheter bleibt normalerweise drei bis vier Tage am Körper. Bis dahin sollte eine tägliche Kontrolle der Einstichstelle durch medizinisches Personal erfolgen. Kommt es zu einer Infektion, wird der Katheter unverzüglich entfernt und der Patient erhält entsprechende Arzneimittel.