Festbetragsregelung für Hörgeräte gilt nicht immer: Individueller Bedarf hat Vorrang

Bei der Kostenerstattung müssen die Krankenkassen stets auch den individuellen Bedarf des Betroffenen berücksichtigen

Von Nicole Freialdenhoven
29. Oktober 2014

In der Regel erhalten schwerhörige Menschen von der gesetzlichen Krankenkassen nur einen bestimmten Festbetrag von etwa 1.200 Euro als Zuzahlung für ein neues Hörgerät. Wer ein hochwertigeres und damit teureres Hörgerät braucht, muss die restlichen Kosten aus eigener Tasche zahlen. Allerdings nicht immer, wie nun das Hessische Landessozialgericht urteilte. Bei der Kostenerstattung müssen die Krankenkassen stets auch den individuellen Bedarf des Betroffenen berücksichtigen.

Teilnahme am gesellschaftlichen Leben

Im konkreten Fall ging es um einen Mann, der an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit litt. Der Hörgeräteakustiker hatte ihm nach mehreren Tests zu einem 4.900 Euro-teuren Gerät empfohlen, das ihm die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben wieder ermöglichte und mit dem er sogar telefonieren konnte. Allerdings weigerte sich die Krankenkasse, mehr als den Festbetrag von 1.200 Euro zu bezahlen. Sie war der Ansicht, der Mann müsste die restlichen 3.700 Euro selbst aufbringen.

Hörgeräte zum Behinderungsausgleich

Das Gericht sah dies jedoch anders: Die Versorgung mit Hörgeräten diene dem unmittelbaren Behinderungsausgleich, so der Richter. Die durch das Defizit entstandene Behinderung müsse so weit wie möglich ausgeglichen werden. Ist durch ein günstiges Hörgerät für 1.200 Euro keine sachgerechte Versorgung möglich, müsse die Krankenkasse auch die höheren Kosten für ein besseres Gerät tragen. (Hessisches Landessozialgericht, Az: L8 KR 52/11)