Aufbau, Funktion, Anwendung und Einstellung unterschiedlicher Gehhilfen

Als Gehhilfen bezeichnet man spezielle medizinische Geräte zur Unterstützung des Laufens. Sie kommen vor allem bei behinderten oder älteren Menschen zur Anwendung.

Von Jens Hirseland

Gehhilfen dienen als Hilfsmittel, um Menschen, die vorübergehend oder auf Dauer gehbehindert sind, eine selbstständige Fortbewegung zu ermöglichen. Dabei unterscheidet man zwischen verschiedenen Gehhilfen.

Durch die Anwendung einer Gehhilfe erhalten

Menschen Stabilität und Balance beim Laufen. Da es unterschiedliche Grade von Gehbehinderungen gibt, kommen auch verschiedene Formen von Gehhilfen zum Einsatz.

Zu den Gehhilfen, die im Rahmen einer medizinischen Rehabilitation eingesetzt und von der GKV (Gesetzlichen Krankenversicherung) anerkannt werden, gehören

  • Gehwagen/Rollatoren
  • Gehgestelle
  • Krücken und
  • Gehstöcke.

Diese und andere Gehhilfen stellen wir Ihnen im Folgenden vor.

Gehwagen und Rollatoren

Als Gehwagen, Rollatoren oder auch Mobilatoren oder Walker bezeichnet man Gehgestelle, die mit Rädern ausgestattet sind. Diese muss der Patient beim Gehen nicht anheben.

Verschiedene Varianten

Rollatoren werden in zwei Varianten angeboten. Als Klassiker gelten Modelle aus Stahlrohren, die sich beliebig einsetzen lassen. Des Weiteren gibt es Modelle aus Holz, die sich vor allem für den Gebrauch in Innenräumen eignen.

Meist sind sie schmaler konstruiert, damit man sie leichter in engeren Wohnungen benutzen kann, zum Beispiel, um auch enge Zimmertüren, eckige Räume oder beengte Korridore gut passieren zu können. Zur Anwendung kommen sie in der Regel auch im Krankenhaus. Ein Rollator ist ein Gehwagen für den Außenbereich, also für Straßen und Wege.

Geschichte

Erfunden wurde der Rollator 1978 von der gehbehinderten Schwedin Aina Wifalk. Mithilfe einer Firma ließ sie einen Prototyp anfertigen. Seit 1990 gibt es Rollatoren auch im deutschsprachigen Raum.

Aufbau und Funktion

Die wichtigste Funktion des Rollators ist es, gehbehinderten Menschen oder Senioren als dauerhafte Stütze beim Laufen zu dienen. Diese können sich auf diese Weise leichter fortbewegen.

Zusammengesetzt wird ein Gehwagen aus vier Stützen, die zumeist aus Stahl sind, sowie zwei oder vier Rädern. Manche Exemplare verfügen über zwei Vorderräder und zwei Stopper aus Gummi an der Hinterseite oder je zwei Vorder- und Hinterräder.

Der Durchmesser der 3-5 Zentimeter breiten Räder beträgt 20 Zentimeter. Auf der rechten und der linken Seite ist jeweils ein Haltegriff mit einer Bremse angebracht. Unterhalb der Haltegriffe verfügt der Rollator über ein Brett, das sich als Sitzfläche nutzen lässt.

Die Bodenberührungspunkte der Rollatorräder sind entweder viereckig oder trapezförmig. Die neue Trapezform gilt als noch sicherer. Im Unterschied zum Gehgestell ist es nicht nötig, den Gehwagen vom Boden abzuheben.

Die meisten Gehwagen verfügen auch über zusätzliches Zubehör. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Transporttaschen
  • Körbe
  • Klemmen für Gehstöcke oder Regenschirme

Je nach individuellem Bedarf kann ein Gehwagen mit speziellen orthopädischen Armstützen ausgerüstet werden. Auf diese Weise wird die Anwendung der Gehhilfe auch bei beschränkter Greiffähigkeit ermöglicht.

Im Gegensatz zum herkömmlichen Gehwagen, sind Rollatoren deutlich robuster und haben größere Räder. Außerdem sind sie mit Bremsen und zum Teil auch mit Rückenlehnen und Sitzflächen ausgestattet. Für den Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Auto können die Modelle leicht zusammengeklappt werden.

Handhabung

Die Anwendung eines Rollators ist einfach. So umfasst man bei der Fortbewegung die Haltegriffe des Gehwagens mit beiden Händen. Mit Hand- oder Armbewegungen schiebt der Benutzer die Gehhilfe vor sich her. Auf diese Weise werden die Füße weniger belastet und Gleichgewichtsverluste ausgeglichen.

Wichtig ist, dass sich die Bremsen leicht bedienen lassen und die Räder problemlos laufen.

Die gesetzlichen Krankenkassen erkennen Rollatoren als Hilfsmittel an und zählen sie zu ihren Leistungen. Erhältlich sind sie vor allem in Sanitätshäusern. Mittlerweile kann man sie jedoch auch preisgünstig in Supermärkten, Baumärkten oder über das Internet erwerben.

Fachgerechte Reinigung und Wartung

Damit ein Rollator oder Gehwagen auch gut funktioniert und möglichst lange hält, sollte er regelmäßig und fachgerecht gepflegt und gewartet werden. Die Reinigung ist nicht sehr kompliziert. Zum Saubermachen der Rahmenteile kann man warmes Wasser mit ein wenig Seifenlauge verwenden. Aber auch ein handelsübliches Reinigungsmittel ist dazu gut geeignet.

Reinigung der Kunststoffteile

Für die Reinigung der Kunststoffteile des Gehwagens wird empfohlen, handelsübliche Kunststoffpflegemittel zu benutzen. Auf keinen Fall dürfen jedoch aggressive Substanzen oder scharfe und harte Gegenstände zum Reinigen verwendet werden.

Test der Betriebssicherheit

Ein Rollator sollte auch regelmäßig gewartet werden, um die Betriebssicherheit zu gewährleisten.

  • So wird empfohlen, vor jeder Benutzung des Gehwagens eine Überprüfung der Schiebegriffe und der Rahmenverriegelungsteile vorzunehmen. Diese müssen vorschriftsmäßig befestigt sein.
  • Des Weiteren sollten bei Modellen mit luftbereiften Rädern der Luftdruck und der Zustand der Reifen überprüft werden.
  • Außerdem sollte man darauf achten, dass die Bremsen einwandfrei funktionieren und den Rollator regelmäßig auf mögliche Beschädigungen untersuchen.
  • Einmal im Monat ist es sinnvoll, sämtliche bewegliche Teile des Rollators zu säubern und bei Bedarf etwas einzuölen.
  • Außerdem muss darauf geachtet werden, dass die Schraubverbindungen der Gehhilfe fest sitzen.

Für den Fall, dass größere Beschädigungen an dem Rollator auftreten oder die Bremsen nicht mehr richtig funktionieren, sollte man die Gehhilfe in einer Fachwerkstatt instandsetzen lassen.

Deltaräder

Als Deltarad oder Deltagehrad bezeichnet man eine Gehhilfe, die über drei Räder verfügt. Es ähnelt dem Rollator.

Aufbau und Funktion

Deltaräder haben die gleiche Funktion wie ein Rollator. So sollen sie gangunsicheren Personen zu mehr Stabilität und Mobilität verhelfen. Ein typisches Merkmal des Deltarads ist seine dreieckige Form.

Außerdem ist es, im Gegensatz zum Rollator, mit drei Rädern ausgestattet. Während sich zwei Räder auf der Hinterseite befinden, bildet das Vorderrad die Spitze der Gehhilfe.

Vor- und Nachteile

Gegenüber herkömmlichen Gehwagen haben Deltaräder den Vorteil, dass sie wesentlich beweglicher sind. So lassen sie sich auch in engen Wohnungen gut handhaben. Darüber hinaus kann ein Deltarad rasch und unproblematisch zusammengeklappt werden.

Ein Nachteil der Deltaräder ist jedoch, dass sie weniger stabil als ein Rollator sind. Außerdem haben sie oftmals keinen Korb, in dem man Dinge transportieren kann. So eignet sich ein Deltarad am besten für den Gebrauch in Innenräumen.

Gehgestelle

Als Gehgestelle oder Gehrahmen bezeichnet man leichte Stützgestelle. Diese verfügen über vier Aufstandspunkte auf dem Boden. Beim Gehen hebt man die Gestelle etwas an und setzt sie um eine Schrittweite wieder nach vorne auf.

Gehgestelle kommen vor allem bei Menschen mit unsicherem Gang zum Einsatz. Im Gegensatz zum Gehwagen hat ein Gehgestell keine Räder. Die geeignete Griffhöhe lässt sich einfach und unkompliziert mit Federknöpfen einstellen und individuell anpassen.

Eine stabile und sichere Konstruktion sorgt dafür, dass sich der Patient sicher und ohne Angst vor Stürzen fortbewegen kann. Die starren Gestelle eignen sich vor allem für kurze Wege in den eigenen vier Wänden.

Krücken

Als Gehkrücken oder Unterarmstützen bezeichnet man Gehhilfen, auf die man sich mit dem Unterarm abstützen kann. Krücken kommen oftmals nach Beinbrüchen oder Amputationen zum Einsatz. Man erhält sie zumeist im Krankenhaus. Manchmal werden sie auch vom Arzt verordnet.

Sie dienen vor allem der sicheren Fortbewegung und der Schonung von Gelenken, Muskeln, Bändern und Sehnen.

Aufbau und Varianten

Eine Krücke ist in der Regel aus Metall und hat ein Stützrohr mit einem Handgriff. Außerdem lässt sie sich zusätzlich mit einer höhergelegenen Manschette ausstatten. Unterarmgehstützen gibt es in verschiedenen Varianten, die sich in ihrer Form unterscheiden.

  • Eine klassische Form der Krücke ist die Achselgehstütze, auch Amerikaner Krücke genannt. Dabei werden die Krücken zum Abstützen unter die Achseln geschoben.

    Die Achselstützen haben den Vorteil, dass sie über eine starke Stützwirkung verfügen und hohe Stabilität ermöglichen. So überträgt sich das ganze Körpergewicht des Benutzers über die Achsel auf die Krücke, wodurch der gesamte Körper entlastet wird. Besonders gut geeignet sind Achselstützen zur Schonung von Hand- und Kniegelenken.

  • Eine andere Variante ist die physiologische Gehhilfe, deren Stützrohr im Unterarmbereich wie ein liegendes S aussieht. Außerdem befindet sich der Handgriff nicht wie normalerweise am Stützrohr angesetzt, sondern horizontal an der S-Biegung. Durch dieses spezielle Design sollen Schulter- und Handmuskulatur besser entlastet werden.

Hinweise zur Handhabung

Damit die Krücken auch entlastend wirken, sollte man bei ihrer Handhabung einige Dinge beachten.

Griffhöhe individuell anpassen

Vor allem muss die richtige Griffhöhe korrekt eingestellt werden, die individuell verschieden ist und auch vom jeweiligen Krankheitsbild abhängt. Dazu sollte sich der Griff der Krücke dort befinden, wo man den Oberschenkelknochen am deutlichsten spüren kann. Ist man sich bei der richtigen Einstellung nicht sicher, sollte man die exakte Höhe vom Physiotherapeuten oder medizinischen Fachpersonal einstellen lassen. Dabei kann auch gleich das Gangbild des Patienten überprüft werden.

Beschaffenheit der Griffe

Außerdem ist darauf zu achten, dass die Handgriffe der Krücke aus weichem Material sind. Gleichzeitig sollte ihr Griff fest sein.

Die Hand muss breit und gleichzeitig bequem aufliegen können. Hat man Probleme mit dem Griff, kann man ihn mit Verbandsmull umwickeln oder sich fingerlose Radfahrer-Handschuhe anziehen.

Hinweise zur Nutzung

  • Beim Gehen sollte sich der Benutzer fest auf die Handgriffe der Krücken stützen, wobei er die Ellenbogen leicht beugt.
  • Das Gewicht des Körpers muss immer mit den Händen und nicht mit den Unterarmen getragen werden.
  • Zudem sollten die Hüften möglichst gerade gehalten und starke Ein- und Auswärtsdrehungen vermieden werden.

Eigenarten des Stoppers

Beim Stopper oder Gummi-Fuß ist darauf zu achten, dass er mit einem rutschfesten Gummi mit geeignetem Profil ausgestattet ist, um für eine sichere Bodenhaftung zu garantieren.

Gehstöcke

Gehstöcke, die auch Krückstöcke genannt werden, gehören zu den klassischsten Gehhilfen. Zumeist bestehen sie aus einem Metallrohr sowie einem rutschsicheren, flexiblem Gummi und einem Handgriff. Sie kommen sowohl bei zeitweiligen als auch bei dauerhaften Gehbehinderungen zum Einsatz.

Ebenso wie die Krücke zählt er zu den Hilfsmitteln der medizinischen Rehabilitation.

Mithilfe einer Höhenverstellung kann der Stock an die Körpermaße seines Benutzers angepasst werden. Der Stockgriff ist so konzipiert, dass man ihn sowohl nach rechts als auch nach links verwenden kann.

Eine Variante des Gehstocks stellt der Gehstock mit anatomischem Handgriff dar. Bei diesem Stock ist die Fläche des Handgriffs anatomiegerecht für die rechte und linke Hand unterschiedlich geformt. Da sich die ganze Innenfläche der Hand zum Abstützen verwenden lässt, ist es möglich, den Druck auf eine größere Fläche zu verteilen.

Bei einem normalen Standardstockgriff geht dies nicht. Auf diese Weise kann der Benutzer längere und höhere physikalische Belastungen vornehmen.

Rollstühle

Mithilfe eines Rollstuhls können sich gehbehinderte Menschen fortbewegen. So stellt der Rollstuhl ein überaus nützliches Hilfsmittel dar, welches mobilitätseingeschränkten Personen zu mehr Selbstständigkeit verhilft. Gehbehinderte können auf diese Weise besser am gesellschaftlichen Leben teilhaben.

Allein in Deutschland werden Rollstühle von rund 1,5 Millionen Bundesbürgern vorübergehend oder dauerhaft benutzt. Meist handelt es sich dabei um körperlich behinderte Menschen oder Senioren.

Die Krankenkassen führen den Rollstuhl in ihrem Hilfsmittelverzeichnis unter der Bezeichnung Krankenfahrstuhl. Liegt eine medizinische Notwendigkeit für einen Rollstuhl vor, tragen sie auch die Kosten.

Geschichte

Die Geschichte des Rollstuhls lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. So soll bereits 1595 der spanische König Philipp II. (1527-1598) einen Rollenstuhl, der mit einer verstellbaren Fuß- und Rückenstütze ausgestattet war, benutzt haben. Der erste selbstangetriebene Rollstuhl wurde 1655 von dem gelähmten deutschen Uhrmacher Stephan Farfler (1633-1689) gebaut.

Patente für Rollstühle gibt es seit 1869. Im Laufe der Jahre entwickelten sich aus den ersten simplen Rollstuhlmodellen zahlreiche unterschiedliche Typen, die verschiedenen Zwecken dienen.

Aufbau eines Standardrollstuhls

Man unterscheidet Rollstühle nach:

  • Rahmenbauart
  • Antriebsart
  • Kassenleistung
  • besonderen Einsatzmöglichkeiten

Zu den gängigsten Rollstuhlarten zählt der Standardrollstuhl, dessen Konzeption auf generelle Funktionen ausgerichtet ist. Er dient dazu, die Grundversorgung abzudecken und eignet sich weniger für eine dauerhafte Verwendung. Zumeist benutzt man ihn als Transportmittel, wie zum Beispiel in Krankenhäusern.

Zusammengesetzt wird ein Standardrollstuhl aus

  • einem faltbaren Rahmen
  • einer Sitz- und Rückenbespannung aus Kunstleder
  • zwei kleinen Lenkrädern
  • zwei großen Hinterrädern sowie
  • austauschbaren Fußstützen und Armlehnen.

Angetrieben wird der Rollstuhl entweder von dem Insassen selbst über die Greifreifen oder durch einen Begleiter, der ihn anschiebt.

Weitere Rollstuhltypen

Weitere Rollstuhltypen sind:

  • der Elektrorollstuhl, der über einen Elektromotorantrieb verfügt
  • der Schieberollstuhl, der von einer Begleitperson geschoben wird
  • der Handhebelrollstuhl, den man mit Handhebeln antreibt
  • der Aktivrollstuhl, der reichlich Freiraum für Bewegungen des Oberkörpers ermöglicht
  • der Leichtgewichtrollstuhl, der aus Leichtmetall besteht
  • der Multifunktionsrollstuhl, der über mehrere Sitz- und Positionierungsmöglichkeiten verfügt
  • der Sportrollstuhl für Behindertensport mit einem Rollstuhl

Zahlreiche Greifreifenrollstühle lassen sich als Faltrollstühle zusammenklappen oder zerlegen. Welcher Rollstuhl sich letztlich am besten eignet, sollte der Patient mit seinem Arzt und einem Sanitätshaus besprechen. Im Falle einer langfristigen Nutzung ist es wichtig, dass der Rollstuhl individuell optimal angepasst wird.