Kinder als Patienten - eine vergessene Gruppe der Medikamentenhersteller

Medikamente speziell für Kinder gibt es kaum, die meisten sind für Erwachsene gedacht

Von Cornelia Scherpe
13. Juli 2015

Beim Gang in die Apotheke kann man als Kunde schon staunen: Es gibt eine riesige Auswahl an Medikamenten und für jeden ist offenbar das richtige Mittel da. Leider stimmt das nicht, wenn man etwas mehr ins Detail geht.

Sobald man dem Apotheker mitteilt, dass ein Medikament nicht für Erwachsene gedacht ist, sondern ein Kind der Patient ist, wird es schwierig. Auch Kinderärzte müssen den besorgten Eltern immer wieder mitteilen, dass es gegen die aktuelle Krankheit des Kindes zwar an sich Medikamente gibt, diese aber eigentlich für Erwachsene gedacht sind.

Medikamentendosierungen können nicht immer einfach umgerechnet werden

Es ist ein Fakt, dass die meisten Medikamentenhersteller ihre Wirkstoffe für Erwachsene erproben. Kinder sind eine vergessene Gruppe und es fehlt bei unzähligen Medikamenten an Erfahrungswerten.

Dies ist ein Problem, denn Kinder sind aus medizinischer Sicht keineswegs nur kleine Erwachsene. Es kann gefährlich werden, wenn empfohlene Dosierungen für Erwachsene einfach passend zum kleineren Körper umgerechnet werden.

Kinder befinden sich in der Entwicklung, was den kompletten Stoffwechsel betrifft. Wirkstoffe, die Erwachsene gut vertragen, können bei Kindern zu unerwarteten Nebenwirkungen führen. Auch der erhoffte Nutzen kann komplett ausbleiben.

Trotz dieses bekannten Problems bleibt vielen Eltern nichts anderes übrig, als Medikamente für Erwachsene zu kaufen und irgendwie eine passende Dosis zu schätzen. In der Praxis führt das dazu, dass beispielsweise herzkranke Kinder ein Medikament bekommen, das umständlich mit dem Küchenmesser in mehrere Teile zerdrückt wird. Eine zufriedenstellende Situation ist das auf keinen Fall.

Medikamente an Kindern zu testen ist ethisch schwierig

Allerdings hat auch die Forschung das Problem, dass Medikamente vor der Zulassung genau an der Zielgruppe getestet werden müssen, die sie später nehmen soll. Es ist aber aus ethischer Sicht sehr schwierig, Medikamente an Kindern zu testen.

Auch ist der wirtschaftliche Anreiz für viele Hersteller schlicht zu klein. Der Kindermedikamente-Ausschuss der EU will hier den Anreiz erhöhen, damit es in naher Zukunft mehr Arzneimittel speziell für Kinder gibt.