Immer der Sonne nach: Forscher klären, wie und warum Sonnenblumen sich gezielt bewegen

Sonnenblumen besitzen eine präzise innere Uhr, die ein gesundes Wachstum und eine Bestäubung ermöglicht

Von Cornelia Scherpe
15. August 2016

Im Zeitraffer betrachtet, ist es ein faszinierendes Phänomen. Eine Wiese voller Sonnenblumen steht nicht wirklich still, denn

  • am Morgen "blicken" die Blumen nach Osten,
  • folgen am Tag dem Verlauf der Sonne und
  • wenden das "Gesicht" am Abend gen Westen.

Diese gezielte Ausrichtung beschäftigt auch Biologen seit vielen Jahren und nun ist es Forschern gelungen, die genauen Abläufe in der Pflanze zu beschreiben.

Pflanzen mit gezielter Blickrichtung

Im ersten Moment könnte man denken, die Pflanze folgt einfach immer der direkten Sonneneinstrahlung, doch das erklärt nicht, wie Sonnenblumen nach dem Sonnenuntergang die Nacht dazu nutzen, ihre "Blickrichtung" wieder gen Osten zu verlagern. Dabei kann sie kein Tageslicht leiten, daher müssen weitere Faktoren eine Rolle spielen.

Hinzu kommt die spannende Beobachtung, dass nur junge Sonnenblumen diesem Bewegungsmuster folgen. Steht die Blüte einmal in voller Reife, endet das ständige Hin und Her und die Blumen bleiben unabhängig vom Sonnenstand auf den Osten fixiert. Auf der Basis dieser Beobachtungen gingen die Forscher ans Werk und betrachteten die Mechanismen ganz genau.

Die innere Uhr der Sonnenblume

Tatsächlich besitzen Sonnenblumen eine präzise innere Uhr. In der Natur gibt die Sonnenbewegung den Rhythmus vor. In Räumen mit künstlicher Beleuchtung folgen junge Sonnenblumen dem bekannten Schema nur noch einige Tage, bevor sie damit aufhören. Simuliert man im Raum aber neue Sonnenstände, passen die Pflanzen ihre innere Uhr neu an.

Um der Sonne zu folgen, setzt die Blume durch Hormonausschüttung gezielte Wachstumsprozesse in Gang. Die Ostseite ihres Stängels wächst dabei übermäßig, wodurch der Blumenkopf sich neigen kann. Nachts kehrt sich der Prozess um und die Westseite erfährt einen Wachstumsschub. Daher dreht der Kopf sich zurück. Auf diese Weise bekommt die Pflanze tagsüber soviel Sonnenlicht wie möglich, was zu einem gesunden Wachstum führt.

Vorteile für die Bestäubung

Ist die Sonnenblume "ausgewachsen" werden die Wachstumshormone nicht mehr ausgeschüttet und der Blumenkopf bleibt dauerhaft in Richtung Osten geneigt. Den Rest ihres Lebens in dieser Ausrichtung zu verbringen, hat für die Sonnenblume den Vorteil, dass Bienen sie eher bestäuben.

Experimente zeigen, dass die Tiere die Blumen bevorzugen, die gen Osten ausgerichtet sind. Im Infrarotlicht kann man sehen, dass die Blütenblätter sich bei Ostausrichtung stärker erwärmen und die Insekten bevorzugen die Wärme.