Spielsucht - Ursachen, Symptome und Behandlung

Die Spielsucht äußert sich durch unterschiedliche Symptome. Die Diagnose stellt meist ein Facharzt für Psychologie oder Psychotherapie. Eine Spielsucht kann unterschiedliche Ursachen haben. Inwieweit die Krankheit geheilt werden kann, hängt von jedem Patienten individuell ab.

Von Claudia Haut
Klassifikation nach ICD-10: F63
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Krankheitsbild

Von Spielsucht spricht man, wenn bei einem Menschen der Hang zum ständigen Spielen oder Wetten besteht. Spielsucht wird auch als zwanghaftes oder pathologisches Spielen bezeichnet.

In Deutschland leiden etwa 100.000 Menschen unter Spielsucht. Dabei tritt sie bei Männern deutlich häufiger auf als bei Frauen. Zusammen mit Pyromanie, Kleptomanie und Trichotillomanie wird pathologisches Spielen zu den abnormen Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle gezählt.

Besonderen Reiz auf Spielsüchtige üben

aus. Aber auch Lottospiele führen mitunter zu pathologischem Spielen.

Typisch für Spielsüchtige ist, dass sie ständig von dem Gedanken an Glücksspiele beherrscht werden. So denken sie immer wieder daran, welche Spieltechniken sie am besten einsetzen oder wie sie an Startkapital kommen.

Der Drang zum Glücksspiel ist überaus intensiv und sogar die Betroffenen selbst haben den Eindruck, dass sie diesen Drang nicht beherrschen können. Dabei werden auch Familie, Freunde und Beruf aufs Spiel gesetzt.

Um weiterspielen zu können, sind Spielsüchtige bereit, ihr ganzes Geld zu investieren. Sind die eigenen Ersparnisse aufgebraucht, schrecken sie auch nicht davor zurück,

  • Schulden zu machen
  • zu lügen
  • zu betrügen oder
  • Geld zu stehlen.

Damit die Erregung beim Spielen erhalten bleibt, erhöhen sie den Einsatz mehr und mehr. Werden sie aufgefordert mit dem Spielen aufzuhören oder es wenigstens einzuschränken, ist ihre Reaktion Unruhe und Gereiztheit. Im schlimmsten Fall zerstört der Spielsüchtige seine ganze Existenz.

Bei Spielsucht handelt es sich um eine psychische Krankheit, die ähnlich wie Kaufsucht oder Alkoholsucht ist. In den meisten Fällen versuchen die Süchtigen

  • Probleme
  • Ängste
  • Unzufriedenheit mit sich selbst oder auch
  • Langeweile

durch das Spielen zu kompensieren. Im Grunde genommen fliehen sie vor der für sie unangenehmen Realität, da ihnen das Glücksspiel dabei hilft, ihre Probleme vorübergehend zu vergessen.

Ursachen

Allgemein sind Männer häufiger von einer Spielsucht betroffen als Frauen. Häufig beginnen die Betroffenen zu spielen, wenn sie sich in einer finanziellen Notlage befinden. Im ständigen Glauben, beim nächsten Spiel würden sie den großen Gewinn machen und all ihre finanziellen Sorgen somit loswerden, rutschen die Patienten langsam aber sicher in die Spielsucht ab.

Verlauf

Im Laufe der Spielsucht durchlebt der Betroffene die drei Phasen:

  • Gewinnphase
  • Verlustphase und
  • Verzweiflungsphase

Patienten, die unter Spielsucht leiden, haben den Sinn für die Realität verloren, so dass sie ständig der Meinung sind, beim nächsten Spiel zu gewinnen. Dies führt im Krankheitsverlauf dazu, dass sich die Patienten hoch verschulden.

Um immer wieder ein Startkapital für das nächste Spiel zu haben, werden Schulden gemacht und Kredite aufgenommen, die der Patient jedoch nicht mehr zurückzahlen kann. Die Patienten müssen somit auch mit gerichtlichen Folgen rechnen.

Mindestens genauso schlimm wie die juristischen Folgen ist für viele Patienten die Trennung von einem geliebten Menschen. Viele Beziehungen gehen durch die Spielsucht eines Partners in die Brüche.

Wenn sich ein Patient seine Sucht eingesteht, kann diese bei einem entsprechenden Therapeuten behandelt werden. Gesteht er sich die Sucht hingegen nicht ein, rutscht er immer weiter in die Schuldenfalle ab.

Die Spielsucht ist eine chronische Erkrankung, das heißt auch wenn sie therapiert wird, kann der Patient jederzeit wieder rückfällig werden. Dazu genügt es, wenn der Patient nur einmal wieder anfängt zu spielen.

Daher ist die Sucht vergleichbar zum Beispiel mit der Alkoholsucht. Einige spielsüchtige Patienten sehen keinen Ausweg mehr aus ihrer Erkrankung und nehmen sich das Leben.

Symptome

Menschen, die unter einer Spielsucht leiden, spielen regelmäßig verschiedenartige Glücksspiele und setzen dabei Geld ein. Ziel ist es jedes Mal, viel Geld zu gewinnen. Die Patienten sind immer der Meinung, beim nächsten Spiel würden sie gewinnen.

Die Gedanken dieser Patienten kreisen immer um das von ihnen bevorzugte Glücksspiel herum. Sie überlegen, wie sie zum benötigten "Startkapital" kommen, um "ihr" Spiel zu machen.

Dabei verschulden sich die Patienten oftmals sehr hoch. Im Lauf der Spiele wird der eingesetzte Geldbetrag immer weiter erhöht.

Charakteristisch für Patienten mit einer Spielsucht ist auch, dass sie die Sucht vor der Familie, vor Freunden und Arbeitskollegen versuchen zu vermeiden. Nicht selten zerbrechen dadurch auch Beziehungen, da die Patienten nicht in der Lage sind, ohne Behandlung mit dem Spielen aufzuhören.

Die meisten Betroffenen beginnen mit dem Spielen in einer Lebenskrise. Die Patienten sind dann häufig depressiv oder haben Angst vor einer bestimmten Situation. Während des Spielens können sie sich gut ablenken.

Stufen einer Spielerkarriere

Die Spielsucht verläuft in mehreren Phasen, die unterschiedliche Symptome mit sich bringen:

  • Gewinnphase
  • Verlustphase und
  • Verzweiflungsphase

Gewinnphase

Typische Symptome:

  • gelegentliches Glücksspiel
  • Glücksgefühl
  • unrealistische Wunschgedanken
  • Setzen immer höherer Geldbeträge

Die Gewinnphase gilt als Anfangsstadium. Dabei ist das Glücksspiel für den Betroffenen eine angenehme Freizeitbeschäftigung, die ihm Vergnügen bereitet. Es kommt zu einem gesteigerten Selbstbewusstsein.

Zudem wird das Spielen auch physisch als aufregend empfunden. Zunächst ist das Spielen nur eine vorübergehende Beschäftigung. Um die angenehme Erregung während des Spiels jedoch wieder verspüren zu können, wird immer häufiger gespielt.

Gewinne reizen den Spieler dazu, noch mehr Geld zu investieren. Kommt es zu Verlusten, tröstet er sich dagegen damit, dass er beim nächsten Mal wieder gewinnen wird.

Um die Erregung beim Spielen zu steigern, werden die Beträge die gesetzt werden, immer höher. Werden die finanziellen Mittel knapp, leiht sich der Spieler Geld, damit er weiterspielen kann.

Im weiteren Verlauf kommt es zur zweiten und zur dritten Phase, die man als Verlustphase bzw. Verzweiflungsphase bezeichnet. Aus dem gelegentlichen Spielen ist dann eine ausgeprägte Spielsucht geworden.

Verlustphase

Typische Symptome:

  • häufiges Spielen
  • Verharmlosung der Verluste
  • Verheimlichen von Verlusten
  • Vernachlässigung und Verlust der Familie und Freunde
  • Schulden- und Kreditaufnahme

In der Verlustphase prahlt der Spieler mit seinen Gewinnen und bagatellisiert seine Verluste, die jedoch mit der Zeit immer größer werden. Die finanziellen Verluste halten ihn jedoch nicht davon ab, weiterzumachen. Seine Gedanken kreisen ständig um das Glücksspiel.

Damit der Spieler seine Spielsucht finanzieren kann, setzt er seine Ersparnisse aufs Spiel oder leiht sich Geld. Die Verluste werden jedoch vor Angehörigen oder Freunden verschleiert.

Werden die Verluste höher, steigen auch die Schulden, da der Spieler versucht, sich von jeder nur möglichen Quelle Geld zum Weiterspielen zu leihen. Verspricht er Verwandten oder Freunden nicht mehr zu spielen, ist er nicht in der Lage, dieses Versprechen zu halten.

Es kann sogar soweit kommen, dass der Spieler seinen Arbeitsplatz und seine Familie verliert. Auch kriminelles Verhalten ist nicht selten.

Verzweiflungsphase

Typische Symptome:

  • teils kriminelle Geldbeschaffung
  • gesellschaftlicher Rückzug
  • tagelanges Spielen
  • Gewissensbisse und Panik
  • Hoffnungslosigkeit
  • Selbstmordgedanken

Schließlich tritt das dritte und letzte Stadium, die Verzweiflungsphase, ein. Der Süchtige widmet nun seinen gesamten Alltag dem Glücksspiel. Dabei kann es auch zu kriminellem Verhalten kommen, wenn der Spieler verzweifelt versucht, Geld zum Weiterspielen um jeden Preis zu beschaffen.

Auch die Persönlichkeitsstruktur verändert sich. So reagieren die Betroffenen oft

  • unruhig
  • gereizt oder
  • irritiert

und leiden unter Schlafstörungen. Mitunter kommt es auch zu Abhängigkeit von Suchtmitteln. Schließlich entfremden sie sich völlig von Familie und Freunden. Im schlimmsten Fall verüben die Süchtigen aufgrund ihrer Verzweiflung Selbstmord.

Diagnose

Da die Patienten lange Zeit versuchen, ihre Spielsucht zu verheimlichen, wird die Diagnose meist erst recht spät gestellt. Facharzt für die Diagnostik einer Spielsucht ist der Psychologe oder Psychotherapeut. Häufig wird dieser auch von Angehörigen auf die Sucht des Patienten aufmerksam gemacht. Der Therapeut unterhält sich mit dem Patienten und kann dabei einschätzen, in welcher Phase der Krankheit sich der Patient befindet.

Behandlung

Patienten, die sich ihre Spielsucht eingestehen und ärztlich behandeln lassen, erhalten eine umfassende Therapie bei einem Facharzt für Psychologie oder Psychotherapie. Teilweise gibt es auch spezielle Ambulanzzentren für Spielsüchtige.

Neben einer Gesprächstherapie erhalten die Patienten häufig auch Medikamente, um die Spielsucht in den Griff zu bekommen. Da die meisten Patienten hohe Schulden durch ihre Erkrankung haben, benötigen sie auch eine Betreuung bei einem professionellen Schuldnerberater. Dieser kann den Patienten in finanziellen Dingen beraten und ihn gegebenenfalls in die Privatinsolvenz führen.

Im Rahmen der Behandlung hilft es auch vielen Patienten, sich einer entsprechenden Selbsthilfegruppe anzuschließen. Hier erhalten die Patienten Kontakt zu Gleichgesinnten und Informationen und Tipps zum weiteren Umgang mit ihrer Spielsucht.

Vorbeugung

Um nicht in eine Spielsucht abzurutschen, sollte man sein Spielverhalten regelmäßig überprüfen. Eine Spielsucht muss nicht immer im Casino entstehen.

Der Beginn kann auch eine regelmäßige Lotterieteilnahme sein. Wenn man erste Anzeichen bemerkt, vom Spielen abhängig zu sein, sollte man sich sofort professionelle Hilfe suchen und keinesfalls noch mehr Geld in das Spielen investieren.

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  • Malte Ludwig Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165

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