Die EMDR-Technik zur Behandlung von Traumata

Als EMDR bezeichnet man eine psychotraumatologische Therapiemethode. Sie kommt bei Traumata und Angstzuständen zur Anwendung.

Von Jens Hirseland

EMDR ist die Abkürzung für "Eye Movement Desentizitation and Reprocessing". Übersetzt bedeutet dies "Augenbewegungs-Desensibilisierung und Wiederaufarbeitung".

Ablauf

Die EMDR-Therapie wurde in den späten 80er Jahren von der amerikanischen Psychologin Francine Shapiro entwickelt. Bei dieser Methode soll sich der Patient an ein traumatisches Erlebnis erinnern, während er zur gleichen Zeit mit seinen Augen den Fingern des Therapeuten folgt. Dieser übt mit seinen Fingern rasche rhythmische Bewegungen nach rechts und links aus.

Durch die Augenpendelei lässt sich die Angst des Patienten reduzieren. Wodurch der positive Effekt hervorgerufen wird, ließ sich bislang noch nicht klären. Die Wirksamkeit der EMDR-Therapie wurde jedoch in über zwanzig wissenschaftlichen Studien bestätigt.

Bei der Behandlung wird in der Regel nach einem bestimmten Schema vorgegangen:

  • Anamnese: Erfassung der Krankengeschichte
  • Stabilisierung: Prüfung und Erarbeitung der Fähigkeit des Patienten, mit den traumatischen Erlebnissen konfrontiert zu werden
  • Bewertung: Änderung der negativen Einstellung zum Trauma in eine positive
  • Desensibilisierung: Begleitung der Traumabearbeitung durch Augenbewegungen
  • Verankerung: Nochmalige Überprüfung und anschließende Festigung der positiven Kognition
  • Körper-Test: Überprüfung, ob alle negativen Empfindungen verschwunden sind
  • Abschluss: Abschließende Besprechung mit Hinweisen auf mögliches "Nachprozessieren" mit Führen eines Tagebuchs

Ziel und Zweck

Das menschliche Gedächtnis speichert die verschiedensten Erfahrungen. Diese werden einsortiert und mit älteren Inhalten verbunden. Kommt es jedoch zu einem traumatischen Erlebnis, kann es passieren, dass dieses zusammen mit den damit verbundenen Gedanken und Sinneseindrücken isoliert abgespeichert wird.

Erlebt der Betroffene später bestimmte Dinge, die ihn an das Trauma erinnern, lösen diese ihn ihm Hilflosigkeit und Angst aus. Auch körperliche Reaktionen wie Herzrasen oder Atembeschwerden treten häufig auf.

Verursacht werden können die Angstzustände beispielsweise durch eine Berührung oder einen lauten Knall. Der Betroffene hat dabei das Gefühl, eine traumatische Situation erneut zu erleben.

Im Rahmen einer EMDR-Therapie wird versucht, die Erinnerung an das schreckliche Ereignis als gewöhnliche Erinnerung ins Gedächtnis einzusortieren, damit die Patienten sie als normal wahrnehmen und nicht mehr ängstlich darauf reagieren.

Wirkung

Die Wirkung der EMDR-Therapie beruht auf bestimmten Mechanismen.

  • So holt man während der Behandlung in einer sicheren Umgebung die Erinnerungen an das traumatische Erlebnis hervor, um diese mit einem Gefühl der Sicherheit zu verbinden. Auf diese Weise erkennt der Patient, dass ihn die Erinnerungen nicht bedrohen können.
  • Die schnellen Augenbewegungen während der Sitzung dienen dazu, die Augenbewegungen, die während des Träumens gemacht werden, zu simulieren, wodurch der Gedächtnisprozess angeregt und die Heilung beschleunigt wird.
  • Gleichzeitig helfen die rhythmischen Bewegungen der Augen dem Patienten dabei, sich zu entspannen. Außerdem sollen angsteinflößende Erinnerungen mit neutralen Reizen verknüpft werden.

Vorteile und Voraussetzungen

Hilfreich ist die EMDR-Therapie vor allem bei einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).So könnte die neuartige Behandlungsmethode das bislang übliche verhaltenstherapeutische Verfahren ersetzen. Bei der VT-Exposition konfrontiert man die Patienten intensiv mit ihren Gefühlen, was für diese jedoch sehr anstrengend ist.

Im Gegensatz dazu verläuft die EMDR-Therapie deutlich angenehmer. Allerdings ist es überaus wichtig, dass der Patient vor einer EMDR-Therapie auch über genügend psychische Stabilität verfügt, damit er durch die Behandlung nicht geschädigt wird.

Weitere Anwendungsgebiete

Nicht nur bei einer posttraumatischen Belastungsstörung kann die EMDR-Therapie zum Einsatz kommen; zu den weiteren Anwendungsgebieten zählen:

  • Martin Sack, Ulrich Sachsse, Julia Schellong Komplexe Traumafolgestörungen: Diagnostik und Behandlung von Folgen schwerer Gewalt und Vernachlässigung., Schattauer, 2013, ISBN 9783794528783
  • Gottfried Fischer, Peter Riedesser Lehrbuch der Psychotraumatologie., Reinhardt, 2009, ISBN 9783825281656

Unsere Artikel werden auf Grundlage fundierter wissenschaftlicher Quellen sowie dem zum Zeitpunkt der Erstellung aktuellsten Forschungsstand verfasst und regelmäßig von Experten geprüft. Wie wir arbeiten und unsere Artikel aktuell halten, beschreiben wir ausführlich auf dieser Seite.