Muskelschwund - Ursachen, Symptome und Behandlung

Man unterscheidet verschiedene Krankheitsformen des Muskelschwundes. Die Diagnose wird oft schon im Kindesalter gestellt. Muskelschwund wird vererbt. Wie der Muskelschwund verläuft, hängt von der genauen Krankheitsform ab.

Von Claudia Haut

Krankheitsbild

Beim Muskelschwund (Muskeldystrophie) handelt es sich um eine erbliche Muskelerkrankung, bei der es zu einem Schwund von Muskelgewebe kommt. Man unterscheidet die Schultergürtelform, die nach der Pubertät auftritt und bei der die Schultermuskulatur zunehmend schwächer wird; es folgt die Schwäche der Rücken-, Becken- und Oberschenkelmuskulatur. Des Weiteren gibt es die Beckengürtelform, die sich wiederum in verschiedene Typen einteilen lässt, darunter den Typ Duchenne sowie den Typ Becker-Kiener.

Ursachen

Der Muskelschwund ist immer erblich bedingt. Die vom Körper für die Muskeln benötigten Eiweiße werden bei dieser Krankheit zu wenig gebildet, so dass im Verlauf der Krankheit die Muskeln schwächer werden.

Bei den beiden häufigsten Formen des Muskelschwunds - Duchenne und Becker-Kiener - liegt ein Mangel des Eiweißes Dystrophin vor. Einzige Ausnahme stellt der Muskelschwund im Rahmen eines Knochenbruches dar. Wenn ein Patient seinen Arm oder sein Bein wochenlang in Gips hat, bauen sich die Muskeln aufgrund der Bewegungslosigkeit ab und müssen nach Abnahme des Gipses erst wieder aufgebaut werden.

Verlauf

Man unterscheidet verschiedene Formen von Muskelschwund, die auch unterschiedlich verlaufen.

Becker-Kiener

Der Typ Becker-Kiener-Muskelschwund beginnt im Schulalter zwischen sechs und zwölf Jahren. Die Muskelkraft verschlechtert sich hier schleichend und die Patienten bekommen im mittleren Alter Probleme beim Gehen.

Teilweise treten die Gehbeschwerden auch erst Jahrzehnte später auf. Die Patienten versterben im Verlauf ihrer Erkrankung häufig an Herzversagen, da im späteren Krankheitsstadium meist auch der Herzmuskel vom Muskelabbau betroffen ist.

Duchenne-Muskelschwund

Beim so genannten Typ Duchenne-Muskelschwund tritt die Krankheit im Kindergartenalter auf. Die Kinder stürzen häufig und haben Probleme beim Treppensteigen. Die Kinder haben Probleme beim Aufstehen und benötigen immer einen Gegenstand, an dem sie sich hochziehen können.

Im Verlauf der nächsten sieben bis neun Jahre sind die meisten Kinder bereits auf den Rollstuhl angewiesen und können ihre Arme nicht mehr richtig heben. Ab dem frühen Erwachsenenalter sind sie dann pflegebedürftig. Patienten mit dieser Form von Muskelschwund sterben ebenfalls meist an Herzversagen, da auch hier der Herzmuskel vom Abbau der Muskeln betroffen ist.

Es gibt auch andere Formen des Muskelschwundes, die wesentlich leichter verlaufen. Die Patienten haben hier eine normale Lebenserwartung.

Symptome

Patienten mit Muskelschwund leiden unter einer geschwächten Muskulatur. Die Krankheit schreitet schleichend fort und verschlechtert sich zunehmend. Die Muskelschwäche befindet sich meist nur in bestimmten Körperbereichen (zum Beispiel Beine, Arme, Körper, Gesicht).

Die Patienten können sich mit zunehmendem Krankheitsverlauf nur noch schlecht bewegen und die Folge können Gelenkveränderungen und Knochenverformungen sein. Je nachdem, welchen Bereich des Körpers der Muskelschwund betrifft, so haben die Patienten teilweise auch große Probleme beim Atmen.

Die Erkrankung kann sowohl im Säuglingsalter als auch im Erwachsenenalter auftreten. Sind Säuglinge davon betroffen, lernen diese häufig weder krabbeln noch laufen, da die dazu benötigten Muskeln zu kraftlos sind.

Entsteht die Krankheit erst im Kindergartenalter können die Kinder häufig plötzlich nicht mehr die Treppe hinaufgehen. Tritt die Krankheit erst im Erwachsenenalter auf, stolpern die Patienten häufig und können im Endstadium der Krankheit nicht mehr alleine gehen.

Diagnose

Je nachdem, wann die Krankheit auftritt, erfolgt die Diagnostik beim Kinderarzt, dem Hausarzt und weiteren Fachärzten. Neben einer allgemeinen körperlichen Untersuchung und der Befragung des Patienten bzw. der Eltern nach den genauen Symptomen, führt der Arzt eine Blutuntersuchung durch.

Liegt ein Muskelschwund vor, kann dies häufig aufgrund veränderter Blutwerte festgestellt werden. Im Blut befinden sich Enzyme, die für die Muskulatur wichtig sind. Sind diese erhöht, spricht dies für eine Form von Muskelschwund.

Die Enzyme befinden sich normalerweise in den Zellen der Muskeln. Die Zellen werden jedoch durch den Muskelschwund zerstört, so dass die Enzyme in das Blut gelangen können und dort vermehrt gemessen werden können.

Zusätzlich kann man bei Patienten mit Muskelschwund einen niedrigen Kreatininwert im Urin diagnostizieren. Im Rahmen seiner Diagnostik kann der Arzt auch eine Gewebeprobe aus dem Bereich entnehmen, in dem der mögliche Muskelschwund besteht.

Unter dem Mikroskop kann festgestellt werden, wenn sich zu wenige Muskelzellen in der Probe befinden oder sich auch zu viel Fettgewebe anstatt des Muskelgewebes darin befindet. In einigen Fällen wird auch ein Gentest durchgeführt, um die Krankheit zu diagnostizieren. Der Arzt benötigt dazu das Blut des Patienten oder auch einen Abstrich von der Schleimhaut im Bereich der Mundhöhle.

Da der Muskelschwund auch die Herzmuskeln schwächen kann, erfolgt anschließend ein EKG, um die Herzströme zu messen. Zusätzlich erfolgt noch ein EMG, eine Elektromyographie, zur näheren Untersuchung der Skelettmuskulatur. Zum Abschluss seiner Diagnostik führt der Arzt meist noch eine Ultraschalluntersuchung und auch eine Magnetresonanztomografie durch.

Behandlung

Medikamente zur Behandlung des Muskelschwundes gibt es noch nicht. Ärzte können lediglich Präparate verordnen, die den Abbau der Muskeln verlangsamen.

Im Rahmen der Behandlung kann der Arzt nur die Symptome des Muskelschwundes behandeln und dem Patienten Krankengymnastik zur Stabilisierung der Muskeln verordnen. Die krankengymnastischen Übungen erleichtern dem Patienten auch die Atmung.

Viele Patienten schließen sich einer Selbsthilfegruppe an, um Kontakt mit Gleichgesinnten zu erhalten. Kommt es zu einem schnellen Fortschreiten der Erkrankung und somit zu frühzeitigen Verformungen und Fehlstellungen, wird in einigen Fällen auch zu einer operativen Therapie geraten. Auf diese Weise bleibt der Patient noch längere Zeit mobil.

Vorbeugung

Da der dem Muskelschwund zugrunde liegende Gendefekt vererbt wird, kann der Krankheit nur insofern vorgebeugt werden, dass sich Paare mit Kinderwunsch einer genetischen Beratung unterziehen und informieren, inwieweit bei ihnen das Risiko besteht, die Krankheit zu vererben.

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