Antibiotika bei einer Mittelohrentzündung: Ersetzt ein Gel das Schlucken von Tabletten?

Tierversuch zum neuen Hydro­gel-System gegen eine Mittelohrentzündung deckt Vor- und Nachteile der Anwendung auf

Von Cornelia Scherpe
11. Oktober 2016

Bei einer Mittelohrentzündung verschreiben viele HNO-Ärzte Antibiotika zur oralen Einnahme. Die Mittel müssen über den Magen-Darm-Trakt in den Körper aufgenommen werden, was mit den bekannten Nebenwirkungen wie

einhergeht. Forscher suchen daher nach einem Weg, bei einer Mittelohrentzündung die Antibiotika lokal anzuwenden.

Lokale Anwendung durch Hydro­gel-System

Würde man eine Flüssigkeit oder ein Gel mit Antibiotika ins Ohr tropfen, gelangt der Wirkstoff nur bis zum Trommelfell. Daher kann zwar eine Entzündung im Gehörgang auf diese Weise behandelt werden, doch keine Mittelohrentzündung, denn die beginnt hinter dem Trommelfell. Forscher aus den USA erproben im Moment eine neue Behandlung, bei der dennoch lokales Gel genutzt werden könnte.

Die Wissenschaftler entwickelten ein Hydro­gel-System, bei dem die Ohrentropfen nicht nur die Antibiotika enthalten, sondern auch Lipide. Diese gelangen durch das Trommelfell und geben den Wirkstoff zeitversetzt ab. Bei einmaliger Anwendung kann das Antibiotikum circa eine Woche direkt am Entzündungsherd arbeiten. Im Blut selbst lässt es sich nicht nachweisen, was bedeutet, dass die Wirkung rein lokal und für den restlichen Körper daher nicht belastend ist.

Nachteil der Behandlung

Bisher wurde das neue Hydro­gel-System gegen eine Mittelohrentzündung allerdings nur im Tierversuch getestet. Dafür nahmen die Forscher gesunde Chinchillas und lösten bei ihnen eine klassische Mittelohrentzündung aus. Die Tiere erhielten das Gel danach unter Vollnarkose, da ein Katheter ins Ohr gelegt wurde und wache Tiere dafür nicht stillgehalten hätten. Genau das sehen HNO-Ärzte als kritisch an.

Sie gehen davon aus, dass auch Patienten bei der Prozedur nicht immer stillhalten. Da vor allem Säuglinge und Kleinkinder häufig an einer Mittelohrentzündung erkranken, kann man diesen kleinen Patienten kaum verständlich machen, dass sie ruhig sitzen müssen, während am schmerzenden Ohr ein Arzt arbeitet.