Schlaf- und Beruhigungsmittelsucht

Um eine Schlaf- und Beruhigungsmittelsucht handelt es sich, wenn der Drang besteht, regelmäßig Hypnotika oder Sedativa einzunehmen. Die Sucht hat jedoch negative Auswirkungen auf die Gesundheit.

Von Jens Hirseland

Von einer Schlaf- oder Beruhigungsmittelsucht spricht man, wenn über einen längeren Zeitraum regelmäßig bestimmte Schlaf- oder Beruhigungsmittel eingenommen werden. Dabei kann das Bedürfnis, das Mittel zu konsumieren, sowohl physisch als auch psychisch sein.

Schlafmittel

In der Medizin bezeichnet man Schlafmittel als Hypnotika. Die Bezeichnung für Beruhigungsmittel lautet Sedativa. Während Schlafmittel den Schlafvorgang fördern, wirken Beruhigungsmittel angstlösend und entspannend. Typische Beruhigungsmittel sind Tranquilizer, die zu den Psychopharmaka gehören und zumeist bei kurzen krisenhaften Situationen verabreicht werden.

Wirkstoffe

In den meisten Schlaf- und Beruhigungsmitteln befindet sich der Wirkstoff Benzodiazepin. Zu dieser Stoffgruppe gehören

Diese Mittel haben eine schlaffördernde, dämpfende und angstlösende Wirkung. Außerdem entspannen sie die Muskulatur und lösen Verkrampfungen.

Anwendungsgebiete

Zu den Anwendungsgebieten gehören

Risiken

Da Benzodiazepine eine hohe Halbwertszeit aufweisen, sind die aktiven Wirkstoffe noch über einen längeren Zeitraum im Blut vorhanden. Dies führt oft dazu, dass die Patienten Probleme haben, morgens aufzustehen und sich am Tag müde fühlen. Da der Wirkstoff teilweise im Fettgewebe gespeichert wird, besteht zudem die Gefahr, dass es zu einer Überdosis kommt, wenn man das Mittel täglich einnimmt.

Schlafmittelsucht

Benzodiazepine haben zudem den Nachteil, dass sie bereits bei einer niedrigen Dosierung zu Abhängigkeit führen. Da ihre Wirkung nach einigen Wochen deutlich nachlässt, müssen die Patienten schließlich eine immer höhere Dosis einnehmen.

Von einer dauerhaften Anwendung bei lang anhaltenden Erkrankungen raten Mediziner daher ab. So sollten Benzodiazepine spätestens nach vier Wochen wieder abgesetzt werden.

Eine Alternative sind so genannte "Z-Drugs", die ähnlich wirken, aber weniger Suchtpotential aufweisen, da sie schneller vom Körper wieder abgebaut werden. Dazu gehören unter anderem

  • Zaleplon
  • Zolpidem und
  • Zolpiclon.

Symptome

Durch eine Abhängigkeit von Schlafmitteln oder Beruhigungsmitteln besteht die erhöhte Gefahr von Unfällen oder Stürzen, wovon besonders ältere Menschen betroffen sind. Darüber hinaus drohen Beschwerden wie

Außerdem vernachlässigen die Patienten

  • ihren Haushalt
  • ihre sozialen Kontakte und
  • ihr äußeres Erscheinungsbild.

Mitunter kommt es sogar zu Selbstmordgedanken.

Entzugserscheinungen

Wird das Mittel abgesetzt, treten oftmals körperliche Entzugserscheinungen auf. Dazu gehören zum Beispiel

Sogar epileptische Anfälle sind im Bereich des Möglichen. Außerdem drohen bei einer längeren Medikamentenabhängigkeit Magenerkrankungen oder Organschäden.

Diagnose

Da sich die Patienten meist unauffällig verhalten und bemüht sind, ihre Sucht zu verheimlichen, lässt sich eine Schlaf- oder Beruhigungsmittelabhängigkeit auch von Ärzten nur schwer feststellen. Es gibt allerdings einige typische Hinweise auf eine Medikamentensucht.

So lassen sich die Betroffenen die Mittel häufig von unterschiedlichen Ärzten verschreiben. Außerdem konsumieren sie die Medikamente länger und in einer höheren Dosierung, als vom Arzt verordnet.

Oftmals wenden die Betroffenen die Mittel in schwierigen Situationen an, um sich zu beruhigen. Darüber hinaus sind die Patienten so auf die Schlaf- oder Beruhigungsmittel fixiert, dass sie sich ein Leben ohne diese nicht mehr vorstellen können.

Behandlung

Zur Behebung einer Schlaf- oder Beruhigungsmittelsucht muss sich der Patient einer Entwöhnung unterziehen. Ein solcher Entzug wird in einer Klinik unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt.

Wie sich gezeigt hat, kommen Betroffene am besten von den Mitteln los, wenn sie die Dosierung langsam herunterfahren. Eine abrupte Absetzung führt zu Rückfällen sowie verstärkten Entzugserscheinungen.

Die Einsicht, süchtig zu sein, ist dabei der erste Schritt. Hilfreich ist auch schon die mündliche Mahnung des Arztes, die Pillen nicht weiter einzunehmen. Doch für eine erfolgreiche langfristige Behandlung kommen Betroffene um eine Entwöhnung nicht herum.

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