Viele schwere Infekte könnten auf Krebs hindeuten

Studie sieht Zusammenhang zwischen häufigen Infektionen und Krebserkrankung

Von Cornelia Scherpe
10. Juli 2020

Wer regelmäßig starke Infekte wie etwa eine saisonale Grippe hat, könnte an einer bislang nicht diagnostizierten Krebserkrankung leiden. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie aus Japan.

Die Forscher der Universitäten in Kyoto und Tokyo besahen sich die Daten von 2.354 Männern und Frauen, die zwischen 2010 und 2011 eine Krebsdiagnose erhalten hatten. Man untersuchte ihren Gesundheitsverlauf insgesamt und erfasste, wie häufig sie in den letzten sechs Jahren an Infektionen wie Influenza, einer Lungenentzündung oder Hepatitis und Gastroenteritis (Entzündung der Magen-Darm-Schleimhäute) erkrankt gewesen waren. Diese Ergebnisse stellte man einer Kontrollgruppe aus 48.395 Japanerinnen und Japanern gegenüber, die dasselbe Altersspektrum abdeckten und bislang nicht an Krebs erkrankt waren.

In den sechs untersuchten Jahren hatten Krebspatientinnen und Krebspatienten zu 55 Prozent öfter eine der genannten Infektionen durchlitten. Am stärksten fiel der Zusammenhang mit Hepatitis und Lungenentzündungen auf.

Interessant war auch, dass die Art der Infektion mit der Form der Krebserkrankung variierte. Menschen mit Leukämien, Lymphomen und Knochen- oder Knochenmarkkrebs zeigten gehäuft Hepatitis-Infektionen. Das Organ, das unter Hepatitis am stärksten leidet, die Leber, zeigte hingegen keinen Zusammenhang, denn Leberkrebs trat nicht vermehrt auf. Ebenso führte eine Anfälligkeit für Lungenentzündungen nicht automatisch zu mehr Fällen von Lungenkrebs. Stattdessen stieg in dieser Teilgruppe die Wahrscheinlichkeit für Magenkrebs. Wer häufiger eine Grippe durchleben musste, war außerdem eher von Keimzelltumoren betroffen. Das sind Mutationen, die beispielsweise Hoden- beziehungsweise Eierstockkrebs verursachen.

Tumor könnte anfälliger für Infektionen machen

Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, können die Forscher keine Aussage zur Kausalität treffen. Sie wissen also nicht, ob die vielen Infektionen eine Krebserkrankung triggern oder sich vielmehr ein noch nicht entdeckter Tumor durch häufige Infektionen "ankündigt". In der Studie nahm jedoch die Zahl der Infektionen zu, je näher der Zeitpunkt der Krebsdiagnose rückte. Das könnte bedeuten, dass der Tumor die Anfälligkeit für Infektionen vergrößert und dies umso stärker, je aggressiver er wird.