Eine Übersicht meldepflichtiger Erkrankungen und Krankheitserreger

Unter meldepflichtigen Erkrankungen versteht man bestimmte Infektionskrankheiten, die dem Gesundheitsamt gemeldet werden müssen. Dies soll die weitere Verbreitung der Erkrankung verhindern. Dazu gehören zum Beispiel Krankheiten wie die Tollwut oder Krankheitserreger wie die Hepatitis-Viren. Die nötigen Daten werden dem Gesundheitsamt durch den behandelnden Arzt oder das untersuchende Labor übermittelt. Verschaffen Sie sich eine Übersicht über meldepflichtige Erkrankungen und Krankheitserreger.

Von Jens Hirseland

Gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) unterliegen bestimmte Infektionskrankheiten der Meldepflicht. So muss bei einem Infektionsverdacht oder dem Nachweis von Erregern das Gesundheitsamt informiert werden.

Das Gesetzt zur Bekämpfung und Verhütung von Infektionskrankheiten ist im Jahr 2001 in Kraft getreten. Man unterscheidet dabei die Meldepflicht, in der der feststellende Arzt steht (§6 IfSG) sowie die so genannte Laborpflicht nach §7 IfSG, wenn ein bestimmter Erreger nachgewiesen wurde. Doch letztere Meldepflicht dient keinesfalls als Ersatz für die Meldung durch einen Kliniker.

Sinn der Meldepflicht

Zweck der Meldepflicht ist es zu verhindern, dass sich Infektionskrankheiten weiter unter der Bevölkerung ausbreiten können. Die Auswahl der meldepflichtigen Erkrankungen richtet sich nach ihrer Gefährlichkeit.

Kriterien

Zu den Kriterien gehören

  • Verbreitungsgefahr
  • Schwere der Krankheit sowie
  • die Häufigkeit eines lebensgefährlichen Verlaufs.

Betroffen von der Meldepflicht sind in erster Linie die behandelnden Ärzte sowie die Leiter von Laboratorien. Mitunter gilt sie aber auch für

Je nach Erreger und/oder Erkrankung müssen bereits der Verdacht auf eine Erkrankung, die Erkrankung und/oder der Tod durch Erkrankung gemeldet werden. Mitunter unterliegt auch die Verletzung eines Menschen durch ein erkranktes Tier oder die Verweigerung der Behandlung der Meldepflicht.

Ablauf

Liegt eine meldepflichtige Erkrankung vor, müssen der behandelnde Arzt oder das untersuchende Labor dem Gesundheitsamt relevante Daten wie Art der Erkrankung sowie Name und Adresse des Patienten mitteilen. Anschließend tritt die Behörde in Kontakt mit der erkrankten Person und klärt weitere Maßnahmen ab. In den meisten Fällen sind jedoch keine weiteren Schritte erforderlich, sodass die Angelegenheit nur ein Telefongespräch erfordert.

Die Meldung muss spätestens innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Mit einem entsprechenden Meldebogen kann dies vereinfacht werden. Eine Meldungsverzögerung, etwa weil einzelne Angaben noch fehlen, ist nicht gestattet.

Auch im Falle eines falschen Verdachts muss dies dem Gesundheitsamt unverzüglich gemeldet werden. Ein Verstoß gegen die Meldepflicht gilt als Ordnungswidrigkeit.

Bei bestimmten Krankheiten müssen jedoch weitere Ermittlungen stattfinden. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Infektion durch Lebensmittel entsteht, die weiterhin verkauft oder verteilt werden. Mitunter besteht auch Gefahr für Personen, die Kontakt mit dem Erkrankten hatten. Diese müssen dann informiert und vorsorglich untersucht werden.

Nachfolgend geben wir Ihnen eine Übersicht über meldepflichtige Krankheiten und Erreger.

Geregelt werden meldepflichtige Krankheiten in Deutschland durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Das Gesetz ist seit dem 1. Januar 2001 in Kraft und befasst sich mit den Pflichten zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten, um deren Weiterverbreitung zu verhindern.

§ 6 Meldepflichtige Krankheiten: Diese Erkrankungen sind namentlich zu melden

Im 3. Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes werden die Meldewege von Infektionskrankheiten beschrieben. Dabei unterscheidet man zwischen namentlicher und nichtnamentlicher Meldung. Paragraph 6 des IfSG enthält sämtliche meldepflichtigen Infektionskrankheiten, während in § 7 die meldepflichtigen Erreger verzeichnet sind.

Meldepflichtige Krankheiten

Bei einer namentlichen Meldung werden die Personalien der erkrankten Person registriert, während bei einer nichtnamentlichen Meldung lediglich eine anonyme Registrierung erfolgt. Zu den Krankheiten, die namentlich zu melden sind, gehören vor allem

Ebenfalls namentlich zu melden sind

Die namentliche Meldepflicht besteht bei Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod.

Erkrankung und Tod

Bei Erkrankung und Tod muss auch eine behandlungsbedürftige Tuberkulose namentlich gemeldet werden, selbst wenn es keinen bakteriologischen Beweis gibt. Brechen erkrankte Personen die Behandlung einer Lungentuberkulose ab oder verweigern sie, ist dies ebenfalls dem Gesundheitsamt zu melden.

Ebenfalls gemeldet werden mus eine schwer verlaufende Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö (CDAD). Dabei muss zumindest eines der folgenden Kriterien erfüllt sein:

  1. Eine Wiederaufnahme aufgrund einer rekurrenten Infektion ist notwendig
  2. Der Patient muss zur Behandlung auf eine Intensivstation verlegt werden
  3. Es muss ein chirurgischer Eingriff durchgeführt werden
  4. Der Tod erfolgte weniger als 30 Tage nach der Diagnosestellung; CDAD wird als Ursache anerkannt und/oder es wurde der Ribotyp 027 nachgewiesen

Krankheitsverdacht und Erkrankung

Bei Krankheitsverdacht oder Erkrankung müssen Lebensmittelvergiftungen oder infektiöse Magen-Darmgrippen, die bei Mitarbeitern von Lebensmittelbetrieben oder Küchen auftreten, namentlich gemeldet werden. Das Gleiche gilt bei mehreren gleichartigen Krankheitsfällen, zwischen denen ein epidemischer Zusammenhang bestehen könnte. Und auch der Verdacht auf eine gesundheitliche Schädigung durch eine übermäßige Impfreaktion zählt dazu.

Verletzungen und Behandlungsverweigerungen

Ebenfalls meldepflichtig ist die Verletzung eines Menschen durch ein Tier, welches tollwutkrank, -verdächtig oder -ansteckungsverdächtig ist und auch die Berührung dieses Tieres oder Kadavers. Des Weiteren muss gemeldet werden, wenn ein Patient die Behandlung einer Lungentuberkulose verweigert oder abbricht.

§ 7 Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern: Diese Erreger sind namentlich zu melden

Meldepflichtige Krankheitserreger

Nicht nur das Auftreten von Infektionskrankheiten unterliegt der Meldepflicht, sondern auch der direkte oder indirekte Nachweis von bestimmten Krankheitserregern. So sind nach Paragraph 7 des Infektionsschutzgesetzes zahlreiche Erreger namentlich zu melden.

Dazu gehören

  • Legionellen
  • das Ebolavirus
  • der Milzbranderreger Bacillus anthracis
  • der Brucelloseerreger Brucella
  • das FSME-Virus, von dem die Frühsommer-Meningoenzephalitis verursacht wird
  • das Gelbfiebervirus
  • die Hepatitisviren A, B, C, D und E
  • enterohämorrhagische Escherichia coli-Stämme (EHEC)
  • Haemophilus influenzae
  • Influenzaviren, die für die Grippe verantwortlich sind
  • das Lassavirus
  • das Marburgvirus
  • der Shigellenruhrerreger Shigella
  • der Pesterreger Yersinia pestis
  • diverse Erreger des hämorrhagischen Fiebers
  • der Lepraerreger Myobacterium leprae
  • das Poliovirus, von dem die Kinderlähmung hervorgerufen wird, und
  • das Rabiesvirus, das für die Tollwut verantwortlich ist.

Weitere namentlich meldepflichtige Krankheitserreger sind

  • das Rotavirus
  • das Masernvirus
  • das Mumpsvirus, das Rubellavirus
  • Bordatella pertussis
  • der Botulismuserreger Clostridium botulinum
  • darmpathogene Campylobacter
  • der Läuserückfallfiebererreger Borrelia recurrentis
  • der Ornithoseerreger Chlamydophila psitacci
  • der Diphtherieerreger Corynebacterium diphtheriae
  • das humanpathogene Cryptosporidium
  • der Q-Fieber-Erreger Coxiella burnetii
  • der Tularämieerreger Francisella tularensis
  • Hantaviren
  • der Leptospiroseerreger Leptospira sp.
  • der Fleckfiebererreger Rickettsia prowazekii
  • der Typhuserreger Salmonella typhi
  • das Varizella-Zoster-Virus
  • die Choleraerreger Vibrio cholarae O 1 und O 139
  • der Yersinioseerreger Yersinia enterocolitica sowie
  • der Paratyphuserreger Salmonella paratyphi und
  • Salmonellen.

Bestimmte Kriterien bei bestimmten Erregern

Bei einigen Krankheitserregern gilt die Meldepflicht nur, wenn bestimmte Kriterien vorliegen.

  • So müssen Adenoviren lediglich bei einem direkten Nachweis in einem Augenabstrich gemeldet werden.
  • Bei dem Listerioseerreger Listeria monocytogenes besteht die Meldepflicht nur dann, wenn er sich im Blut, im Liquor cerebrospinalis oder in Abstrichen von neugeborenen Säuglingen nachweisen lässt.
  • Humane Noroviren unterliegen der Meldepflicht lediglich bei einem unmittelbaren Nachweis im Stuhl.
  • Der Erreger Neisseria meningitidis ist nur dann zu melden, wenn ein direkter Nachweis aus dem Blut, dem Liquor cerebrospinalis oder sterilen Substraten vorliegt. Das Gleiche gilt für das Bakterium Staphylococcus aureus.

§ 7 Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern: Diese Erreger sind nichtnamentlich zu melden

Bei bestimmten Krankheitserregern, die entweder direkt oder indirekt bei einem Patienten nachgewiesen werden, ist eine namentliche Meldung nicht erforderlich, sodass eine anonyme Registrierung ausreicht.

Erreger mit anonymer Meldepflicht

Zu diesen Erregern gehören

Bei dem Toxoplasmose-Erreger Toxoplasma gondii besteht nur dann eine Meldepflicht, wenn eine Infektion bei Neugeborenen vorliegt. Gleiches gilt für das Rubellavirus.

Die nichtnamentliche Meldung kann mithilfe von speziellen Formularen getätigt werden, die man hierzulande über das Robert-Koch-Institut beziehen kann. Dabei ist eine Mitwirkung von Ärzten sowie Laborleitern erforderlich.

Die Meldung wird durch das Labor ausgefüllt; anschließend schickt man das Original an das Robert-Koch-Institut und einen Durchschlag des Formulars an den Arzt, welcher die Probe eingesandt hat. Der Arzt komplettiert diesen Durchschlag und schickt ihn an das Robert-Koch-Institut; damit hat er seine Zuarbeitungspflicht erfüllt.

§ 34 Anforderung für öffentliche Einrichtungen: Diese Erkrankungen müssen gemeldet werden

Paragraph 34 des Infektionsschutzgesetzes befasst sich mit den gesundheitlichen Anforderungen für Gemeinschaftseinrichtungen wie

Für den Fall, dass in einer solchen Gemeinschaftseinrichtung eine hochansteckende Infektionskrankheit auftritt oder zumindest der Verdacht besteht, können der Aufenthalt oder die Arbeitstätigkeit dort vom Gesundheitsamt verboten werden. So dürfen dort arbeitende Personen, die erkrankt sind oder unter Erkrankungsverdacht stehen, solange keine Lehr-, Erziehungs- oder Aufsichtstätigkeiten innerhalb der Einrichtung ausführen, bis nach ärztlichem Ermessen keine Weiterverbreitungsgefahr für andere Personen mehr besteht.

Meldepflichtige Krankheiten

Folgende Krankheiten unterliegen der Meldepflicht, wenn sie in einer Gemeinschaftseinrichtung oder bei dort tätigen Personen auftreten:

§ 34 Anforderung für öffentliche Einrichtungen: Zustimmung durch das Gesundheitsamt notwendig

Gemäß § 34 des Infektionsschutzgesetzes muss das Gesundheitsamt dem Aufenthalt einer Person in einer Gemeinschaftseinrichtung wie

  • einem Kindergarten
  • einer Kindertagesstätte
  • einer Schule
  • einem Heim oder
  • einem Ferienlager

erst zustimmen, wenn die Person bestimmte Krankheitserreger ausscheidet.

Zu diesen Erregern zählen

  • EHEC-Viren
  • Shigellen
  • der Typhuserreger Salmonella typhi
  • der Parathyphuserreger Salmonella paratyphi
  • der Diphtherieerreger Corynebacterium diphtheriae sowie
  • die Choleraerreger Vibrio cholerae O 1 und O 139.

Die betroffenen Personen dürfen die Räumlichkeiten der Gemeinschaftseinrichtung nur dann betreten, wenn das Gesundheitsamt seine Zustimmung erteilt und erlassene Schutzmaßnahmen befolgt werden.

  • Uwe Beise, Uwe Beise, Werner Schwarz Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Peter Avelini, Martin Hoffmann, Christine Grützner Medizinwissen von A-Z: Das Lexikon der 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen, MVS Medizinverlage Stuttgart, 2008, ISBN 3830434545
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Melanie Berg, Ingo Blank, Annelie Burk Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, Thieme Verlagsgruppe, 2008, ISBN 9783131429629
  • Frank H. Netter Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
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  • Malte Ludwig Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165
  • Stefan Gesenhues, Anne Gesenhues, Birgitta Weltermann Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
  • Reinhard Strametz Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860

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