Grüner Star könnte eine Autoimmunerkrankung sein

Blut-Retina-Barriere lässt bei hohem Augeninnendruck T-Zellen in die Netzhaut eindringen

Von Cornelia Scherpe
27. August 2018

Die vom Augenarzt als Glaukom bezeichnete Krankheit führt nach und nach zu einer Netzhautbeschädigung und damit zum Verlust der Sehkraft. Bislang geht man in der Medizin davon aus, dass ein dauerhaft erhöhter Augeninnendruck die Netzhaut (auch Retina genannt) beschädigt. Allerdings gibt es immer wieder Fälle, in denen Betroffene regelmäßig zur Vorsorge gegangen sind und der Augenarzt immer einen Normaldruck ermittelt hatte. Es muss also einen bislang unbekannten Faktor geben.

Nun sind Forscher auf die Möglichkeit aufmerksam geworden, dass Grüner Star auch eine Autoimmunerkrankung sein könnte. Die Theorie galt lange als sehr fragwürdig, da man eigentlich von einer sogenannten Blut-Retina-Barriere ausgeht. Demnach gelangen Stoffe aus dem Blut wie bei der Blut-Hirn-Barriere nicht so einfach in das Organ. Doch Experimente mit Tieren zeigten etwas anderes.

Blut-Retina-Barriere wird bei steigendem Augeninnendruck durchlässiger

Man nahm Mäuse, deren Augeninnendruck erhöht war und konnte dabei zeigen, dass durch den erhöhten Druck auch T-Zellen aus dem Immunsystem in die Netzhaut wandern konnten. Dort griffen die Zellen aber nicht wahllos an, sondern konzentrierten sich auf bestimmte Hitzeschockproteine. Von diesen gibt es mehr, sobald der Augeninnendruck erhöht ist, was man auf den Zellstress zurückführt.

Daraus leiten die Wissenschaftler folgende Theorie ab: Die Blut-Retina-Barriere funktioniert zwar, doch offenbar wird sie bei zeitweise hohem Augeninnendruck durchlässiger. So können T-Zellen in die Netzhaut wandern und reagieren auf die Überzahl an Hitzeschockproteinen. Denkbar ist also, dass auch ein nur kurzer Anstieg des Augeninnendruckes die Barriere zur Netzhaut öffnet und T-Zellen damit einwandern können. Die Zellen könnten dann vor Ort bleiben und auch bei später normalem Druck zerstörerisch wirken.

Was das für neue Therapien gegen das Glaukom bedeutet, muss nun eingehender untersucht werden. Eventuell sind immunsuppressive Medikamente künftig eine Möglichkeit, Erblindungen durch Grünen Star zu vermeiden.