Es gibt sie: Erbkrankheiten ohne direkte Veränderung am Gen selbst

Forscher aus Deutschland decken eine weitere Ursache für Erbkrankheiten auf

Von Cornelia Scherpe
21. Mai 2015

Bisher dachte man, dass es nur zwei Dinge gibt, die zum Ausbruch einer Erbkrankheit führen können. Auf der einen Seite stehen natürlich Mutationen im betroffenen Gen selbst. Wird es verändert, kann das zu schwerwiegenden Fehlern im Organismus führen.

Auf der anderen Seite ist es aber auch möglich, dass nicht das Gen selbst, sondern seine Steuerungs­faktoren verändert sind. In diesem Fall wird das eigentlich normale Gen falsch reguliert, was ebenfalls zu Erbkrankheiten führt.

Veränderte und fehlerhafte TADs

Forscher aus Deutschland haben nun erkannt, dass es offenbar noch eine dritte Ursache gibt. Auch in diesem Fall ist das Gen selbst nicht verändert, wird jedoch beeinflusst.

Um den Vorgang zu verstehen, muss man wissen, dass unser Genom mehrere Untereinheiten kennt. Diese werden in der Medizin als TADs bezeichnet. Ein TAD besteht aus einem DNS-Abschnitt. In diesem Abschnitt liegen einige Gene gemeinsam mit ihren Steuerungs­faktoren. Bei Erbkrankheiten liegt also nach bisherigen Wissensstand ein Fehler innerhalb eines TAD vor.

Die neuste Erkenntnis zeigt jedoch, dass auch Veränderungen in einem fremden TAD auf ein Gen wirken können. So entstehen Erbkrankheiten, die ein Gen betreffen, jedoch gar nicht dem dazu gehörigen TAD zugrunde liegen.

Erkenntnisse für die Therapieentwicklung

Die Wissenschaftler konnten dies gleich bei drei Erbkrankheiten nachweisen. Jede dieser Krankheiten betrifft die Knochen der Füße und der Hände und führt dort zu Fehlbildungen. Es zeigt sich, dass die falsche Aktivität eines Gens von einem weit entfernten TAD getriggert wurde. Offenbar können die TADs mehrere Millionen Basen auseinander liegen und sich dennoch gegenseitig beeinflussen.

Für die Medizin ist dieses neue Verständnis über das menschliche Genom und Erbkrankheiten sehr wichtig. Je besser man die Grundlagen der Entstehung versteht, desto eher können Therapien entwickelt werden.