Uhrentest - Funktionsweise, Auswertung und Zuverlässigkeit

Der Uhrentest dient zur Diagnostik einer Demenz. Der Patient muss dabei eine Uhr und Uhrzeit auf ein Blatt Papier zeichnen, was dem Betroffenen je nach Schwere der Demenzerkrankung sehr schwer fällt. Der Test lässt sich sehr einfach und schnell durchführen. Lesen Sie hier, wie der Uhrentest genau abläuft und anhand welcher Kriterien sich eine Demenz und deren Schweregrad erkennen lassen.

Von Jens Hirseland

Was ist der Uhrentest?

Der Uhrentest wird auch als Uhren-Zeichen-Test nach Shulman oder Clock Drawing Test bezeichnet. Er zählt zu den verschiedenen Testverfahren, die zur Diagnose von Demenzformen wie Morbus Alzheimer oder die vaskuläre Demenz zum Einsatz gelangen.

Der Uhrentest lässt sich problemlos durchführen und nimmt nur einige Minuten in Anspruch. Allerdings ist der Test allein nicht für eine sichere und zweifelsfreie Diagnose einer Demenzerkrankung geeignet. Aus diesem Grund findet in der Regel eine Kombination mit anderen Testmethoden wie DemTect oder MMST (Mini-Mental-Status-Test) statt.

Zu empfehlen ist der Uhrentest für Personen zwischen 65 und 85 Jahren.

Ziel und Zweck des Uhrentests

Mit zunehmendem Alter häufen sich die Vergesslichkeiten und die geistige Leistungsfähigkeit lässt nach. Nicht wenige Betroffene stellen sich dann die Frage, ob sie möglicherweise an Demenz erkrankt sind. Gerade bei dieser Erkrankung ist eine frühe Diagnose von großer Bedeutung. So lassen sich im frühen Stadium durchaus Therapieerfolge erzielen, wodurch das Voranschreiten der Krankheit aufgehalten werden kann.

Für solch eine frühzeitige Diagnose von Demenz stehen spezielle psychometrische Tests zur Verfügung, zu denen auch der Uhrentest zählt. Mit diesem werden die Gedächtnisleistung und räumliche Wahrnehmung der Testperson kontrolliert. Durch das Vorgehen ergeben sich Rückschlüsse auf dementielle Veränderungen.

In Deutschland kommt normalerweise der 1993 entwickelte Uhrentest nach Shulman zur Anwendung.

Durchführung des Testverfahrens

Die Durchführung des Uhrentests nach Shulman ist sehr einfach und nimmt lediglich wenige Minuten in Anspruch. Die Testperson erhält ein Blatt Papier, in dem sich ein vorgezeichneter Kreis befindet. Außerdem wird dem Patienten angezeigt, wo sich oben und unten befindet. In diesem Kreis, der eine Uhr darstellt, zeichnet die Testperson die fehlenden Ziffern zwischen 1 und 12 ein, wie sie auf einer normalen Uhr angeordnet sind. Anschließend soll der Patient eine bestimmte Uhrzeit, wie zum Beispiel 10 nach 11, eintragen.

Durch den Uhrentest werden

  • die Ausführungsplanung,
  • das Instruktionsverständnis,
  • das visuelle Gedächtnis und
  • die visokonstruktive Ausführung

überprüft. Bei der visokonstruktiven Ausführung handelt es sich um die Fähigkeit, komplexe Muster wie ein Uhrenzifferblatt, das eine bestimmte Zeitangabe beinhalten soll, zu erstellen.

Bei der Bewertung des Uhrentests ist auch darauf zu achten, dass sich die Ziffern gut lesen lassen und die Abstände zwischen ihnen in etwa gleich ausfallen.

Uhrentest nach Sunderland

Gelegentlich werden auch andere Uhrentestverfahren vorgenommen wie der Uhrentest nach Sunderland, der 1989 entstand. Bei dieser Methode zeichnet die Testperson den Kreis, der die Uhr darstellt, selbst ein.

Auswertung des Uhrentests

Je weiter eine Demenz fortgeschritten ist, umso schwerer fällt der Testperson die Gestaltung des Uhrentests. So lässt sich die gezeichnete Uhr immer schwieriger erkennen, weil Uhrzeiger und Ziffern falsch eingezeichnet werden. In manchen Fällen fehlen sie sogar vollkommen oder es werden Namen oder Wörter in den Uhrenkreis eingetragen.

Zur Auswertung des Uhrentests nach Shulman steht eine Skala von 1 bis 6 zur Verfügung. Daraus ergibt sich folgende Schweregradeinteilung:

  1. Perfekt, keine Anzeichen für Demenz erkennbar
    Als perfekt gilt der Uhrentest, wenn die Testperson die Ziffern richtig einzeichnet und die Uhrzeit mit den Zeigern korrekt angibt.
  2. Leichte visuell-räumliche Fehler
    Bei Grad 2 liegen leichte visuell-räumliche Fehler vor. Dabei befinden sich einige Ziffern außerhalb des Uhrkreises, die Abstände zwischen den einzelnen Ziffern fallen nicht korrekt aus und manche Ziffern stehen auf dem Kopf, weil das Blatt Papier gedreht wird. Einige Testpersonen verwenden zur besseren Orientierung Hilfslinien.
  3. Richtige Darstellung der Uhr, aber falsche Angabe der Uhrzeit
    Bei Grad 3 gibt die Testperson die Uhrzeit als Text an oder zeichnet nur einen Uhrzeiger ein. Mitunter wird auch überhaupt keine Uhrzeit eingetragen.
  4. Mittelgradige visuell-räumliche Orientierungsprobleme
    Im Falle von Grad 4 vergisst die Testperson einige Ziffern oder es liegen unregelmäßige Abstände zwischen den Uhrziffern vor. Manche Patienten zeichnen mehr als 12 Ziffern ein oder malen Kreise. Außerdem lassen sich die eingetragenen Ziffern wegen ihrer Undeutlichkeit nur schwer erkennen.
  5. Schwere visuell-räumliche Orientierungsprobleme
    Von Grad 5 ist die Rede, wenn die Probleme von Grad 4 noch stärker ausgeprägt sind, sodass schwere visuell-räumliche Orientierungsprobleme vorliegen.
  6. Darstellung der Uhr fehlt
    Bei Stufe 6 unternimmt der Patient nicht einmal den Versuch, eine Uhr aufzuzeichnen oder die Zeichnung weist keinerlei Ähnlichkeit mit einer Uhr auf. Mitunter werden nur der eigene Name oder einige Wörter eingetragen.

Testresultat

Ergibt das Resultat des Uhrentests mindestens Grad 3, sollte unbedingt weitere ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden, um weiterführende Untersuchungen vorzunehmen. Das ist auch dann ratsam, wenn trotz eines niedrigeren Testergebnisses Unsicherheit besteht.

Beim Uhrentest nach Sunderland besteht die Skala aus 10 Punkten, die von 10 "korrekter Darstellung" bis hin zu 1 "keine Uhr erkennbar" reicht.

Was beim Uhrentest beachtet werden muss

Auch wenn der Uhrentest überaus simpel ist, gibt es einige Kriterien zu beachten. So können zum Beispiel Verfälschungen durch eine ausgeprägte Sehschwäche auftreten.

Nicht sinnvoll ist der Test außerdem, wenn der Patient unter der Parkinson-Krankheit leidet und deswegen stark zittert, was auch für Rechtshänder gilt, die einen Schlaganfall erlitten haben und aufgrund einer Lähmung auf die linke Hand zurückgreifen müssen. Ohne diese motorischen Einschränkungen lässt sich der Uhrentest jedoch problemlos einsetzen.

Vorteile des Uhrentests

Der Uhrentest hat den Vorteil, dass er nur wenige Minuten dauert und sich unabhängig von Sprache oder Kultur durchführen lässt. Im Vergleich zum Mini-Mental-Status-Test (MMST) fällt er deutlich weniger aufwendig aus, da eine Uhr leicht zu zeichnen ist.

Passend zum Thema

  • Wolfgang Maier, Jörg B. Schulz, Sascha Weggen, Sascha Weggen Alzheimer & Demenzen verstehen: Diagnose, Behandlung, Alltag, Betreuung, TRIAS, 2011, ISBN 383046441X
  • Elisabeth Lange Demenz - gelassen betreuen und pflegen: Das stärkende Hilfebuch für Betroffene und Angehörige, GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH, 2017, ISBN 9783833861079
  • Claus-Werner Wallesch, Hans Förstl Demenzen, Thieme Verlagsgruppe, 2017, ISBN 3132417076
  • Ulrich Kastner, Rita Löbach Handbuch Demenz, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2018, ISBN 3437280031
  • Marika Wöhrle Demenz verstehen: Anzeichen einer Demenz erkennen und Demenz vorbeugen, 2018, ISBN 1980357471
  • Proske Markus Demenz Knigge: Praktische Tipps für den Umgang mit Demenzerkrankten, Nachschlagewerk für Pflege Personal und pflegende Angehörige, mit Glossar mit medizinischen Begriffserläuterungen, corporate minds, 2018, ISBN 3981973003
  • Monika Ramona Milian Die semantische Hypothese beim Uhrentest: bei Patienten mit Alzheimer Demenz und Mild Cognitive Impairment - Aspekte und Ursachen des "Minutenzeigerphänomens", Suedwestdeutscher Verlag fuer Hochschulschriften, 2010, ISBN 3838115996
  • Henning Freund Geriatrisches Assessment und Testverfahren: Grundbegriffe - Anleitungen - Behandlungspfade, W. Kohlhammer GmbH, 2017, ISBN 3170326295

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