Eine Blinddarmentzündung bleibt manchmal selbst in der Notaufnahme unerkannt

Eine nicht rechtzeitig erkannte Appendizitis ist aufgrund vieler unterschiedlicher Symptome gar nicht so selten

Von Cornelia Scherpe
1. Juli 2020

Der Volksmund spricht von einer Blinddarmentzündung, wenn der Wurmfortsatz am Blinddarm entzündet ist. In der Medizinwelt nennt man die Infektion eine Appendizitis. Diese führt zu starken Schmerzen im Unterbauch und zu weiteren Symptomen wie einem harten Bauch beim Abtasten, Schonatmung und beim "Blinddarm-Durchbruch" in die Bauchhöhle auch zu Schock und Kollaps.

Tatsächlich begeben sich viele Betroffene allein aufgrund enormer Schmerzen in die Notfallambulanz. Doch längst nicht in jedem Fall erkennen die Mitarbeiter der Rettungsstelle die Blinddarmentzündung. Dies zeigt eine aktuelle Studie aus den USA.

Die Forscher werteten die Akten einer Krankenversicherung aus und fassten die Ergebnisse zu unerkannten Appendizitis-Fällen zusammen. Demnach waren beim ersten Besuch in einer Notfallambulanz die Entzündungen bei sechs Prozent der Erwachsenen und 4,4 Prozent der Kinder übersehen worden. Ältere Studien haben sich bereits mit der Thematik beschäftigt und zeigten ähnliche Werte. Damals blieb die Diagnose in der Notfallaufnahme bei 5,9 bis 23,5 Prozent der Erwachsenen und 3,8 bis 15 Prozent der Kinder aus.

Symptome treten von Patient zu Patient sehr unterschiedlich auf

Doch woran liegt es, dass sich die Zahlen trotz immer modernerer Medizinwelt nicht bessern? Tatsächlich ist es nicht immer eindeutig, ob eine Blinddarmentzündung vorliegt. Die klassischen Symptome einer Appendizitis müssen längst nicht bei jedem auftreten. Manche klagen über Durchfall, andere bekommen eine Verstopfung. Übelkeit und Erbrechen sowie Fieber sind möglich, betreffen aber ebenfalls nicht jeden Patienten. Die Schmerzen sind zudem nicht von Anfang an im Unterbauch, sondern beginnen im Oberbauch. Wann sie abwärts wandern, ist erneut von Patient zu Patient unterschiedlich.

Am häufigsten erhalten Appendizitis-Patienten daher die Fehldiagnose Obstipation. Das ist eine schwere Verstopfung. Entsprechend fanden die Forscher in ihrer Studie viele Fälle, in denen nur eine Röntgenaufnahme gemacht und den Betroffenen ein Abführmittel für Zuhause gegeben wurde. Auch Urinuntersuchungen wurden häufig angeordnet, offenbar zur Abklärung einer Harnwegsinfektion. Relativ selten wurde ein CT angefertigt, doch dieses könnte am ehesten eine Appendizitis ersichtlich machen.