Blinddarmentzündung: Statt Operation auf Antibiotika und Bettruhe vertrauen?

Zwei aktuelle Studien untersuchen, ob man mittels Ruhe und Antibiotika auf eine OP verzichten kann

Von Cornelia Scherpe
11. August 2015

In der Medizinwelt gilt seit über 100 Jahren die Regel, dass bei einer Blinddarmentzündung der Patient sofort ins Krankenhaus kommt und dort in einer Operation das betroffene Gewebe entfernt wird. Doch in jüngster Zeit wird immer häufiger infrage gestellt, ob diese Not-Operationen wirklich erforderlich sind. Gleich zwei aktuelle Studien haben untersucht, ob man auch gänzlich auf den chirurgischen Eingriff verzichten könnte.

Wenn sich der Wurmfortsatz entzündet

Bei der umgangssprachlichen "Blinddarmentzündung" handelt es sich zunächst nicht um eine Entzündung des gesamten Blinddarms, denn betroffen ist nur der "Wurmfortsatz"; ein kleines wurmförmiges Anhängsels des Blinddarms. Entfernt wird bei der OP daher auch nur dieser Fortsatz und nicht der gesamte Blinddarm.

Studie zu alternativen Behandlungen

In einer Studie aus dem Jahr 2012 verzichteten die Teilnehmer auf eine solche OP und nahmen stattdessen Antibiotika. In 63 Prozent der Fälle heilte die Entzündung innerhalb kurzer Zeit ab und die Patienten waren komplett genesen. Bei den übrigen musste später dennoch eingegriffen werden.

Insgesamt sank durch die erfolgreiche Antibiotikabehandlung aber die Gefahr für Komplikationen. Verglichen mit einer Gruppe, bei denen sofort operiert wurde, ging das Gesamtrisiko um 31 Prozent zurück. Bei den OPs treten außerdem öfter Probleme wie Wundinfektionen auf, die bei alleiniger Therapie mit Antibiotika überhaupt nicht zum Problem werden.

Abwarten ohne schwere Komplikationen

In einer zweiten Studie, die als Meta-Analyse ältere Daten zusammenhängend auswertete, lag die Erfolgsrate von Antibiotika und ausreichend Bettruhe sogar bei 73 Prozent. Hier hatten 530 Freiwillige teilgenommen, deren Blinddarmentzündung mittels CT eindeutig bestätigt war.

Von 256 Patienten in der Antibiotika-Gruppe wurden 186 wieder gesund, die übrigen 70 Patienten mussten später operiert werden. Schwere Komplikationen brachte das Abwarten aber nicht mit sich.

Antibiotika und Bettruhe nicht immer ausreichend

Die Forscher betonen, dass Antibiotika und Bettruhe nur dann eine Alternative zur Operation sind, wenn die Entzündung unkompliziert ist. Es gibt weiterhin Fälle, in denen sofort gehandelt werden muss. Bei Durchbrüchen beispielsweise besteht Lebensgefahr.