Bauernhof statt Hygienewahn: Veränderte Darmfauna senkt Risiko auf Allergien

Ein früher Kontakt mit Keimen und Erregern schult das Immunsystem von Kindern intensiv und schützt so vor Allergien

Von Cornelia Scherpe
13. Juli 2015

Die Erfahrung zeigt vielen Eltern, dass es für ihre Kinder von Vorteil ist, wenn sie auch einmal im Dreck spielen dürfen. Wer in ländlichen Regionen aufwächst, auf dem Bauernhof sogar Kontakt zu Tieren hat, zeigt sich deutlich weniger anfällig für Allergien.

Dagegen haben Jungen und Mädchen in Städten und in Familien, die viel Wert auf umfassende Hygiene legen, eher Allergien. Das Immunsystem wirkt im Ganzen schwächer.

Die Medizinwelt geht davon aus, dass der frühe und regelmäßige Kontakt mit diversen Erregern die Abwehrkräfte früh und intensiv schult. Daher sind Kinder auf dem Bauernhof für spätere Infektionen gerüstet und reagieren auch nicht so stark auf Allergene. Doch warum das im Detail so ist, konnte lange nicht beantwortet werden.

Zentrale der Abwehrkräfte sitzt in der Darmfauna

Immer mehr zeigt sich, welche große Rolle die Darmfauna für das menschliche Immunsystem spielt. Im Magen-Darm-Trakt findet nicht nur die Verdauung statt, hier sitzt auch die Zentrale der Abwehrkräfte. Wie gut das Immunsystem funktioniert, ist offenbar auch von der genauen Zusammensetzung der dort lebenden Mikroorganismen abhängig.

Viele verschiedene Bakterienstämme leben im Darm und bilden dort eine eigenständige Fauna. Je nachdem, wie diese zusammengesetzt ist, ist laut einer aktuellen Studie das Risiko für Allergien größer oder kleiner. Und da die Lebensumstände im Kindesalter bestimmen, wie die Darmfauna aufgebaut ist, wirken Bauernhof versus Hygiene so unterschiedlich.

Früher Kontakt mit Bakterien macht Typ-3-Zellen stark genug

Kommt ein ungebetener Erreger in den Körper, wehrt das Immunsystem sich durch die sogenannten Typ-3-Zellen. Ist der Eindringling jedoch zu stark, wählen die Abwehrkräfte eine andere Strategie und schicken stattdessen die Typ-2-Zellen.

Diese sind zwar stärker, gelten aber auch als genau die Zellen, die eine Allergie fördern. Ist das kindliche Immunsystem bereits früh mit den Bakterien in Kontakt, sind in den meisten Fällen die Typ-3-Zellen für die Verteidigung stark genug und die Typ-2-Zellen nicht nötig. Letztere werden daher blockiert und so sinkt das Risiko für Allergien.