Meta-Studie besagt: Alkoholiker-Selbsthilfegruppe hilft besser als eine Psychotherapie

Parallel zur Entgiftung ist der gemeinsame Weg aus der Sucht am erfolgversprechendsten

Von Cornelia Scherpe
22. Mai 2020

Bei einer diagnostizierten Alkoholkrankheit haben Patienten die Möglichkeit, eine Entgiftung mit ärztlicher Betreuung zu wählen und im Anschluss eine Psychotherapie zu beginnen. Wie wirksam die Sitzungen mit dem Psychologen sind, hängt nicht zuletzt vom individuellen Ansatz des Therapeuten ab. Viele trockene Alkoholiker entscheiden sich jedoch alternativ oder zusätzlich, ein Mitglied bei einer Selbsthilfegruppe zu werden. Die Anonymen Alkoholiker sind die bekannteste Selbsthilfeorganisation. Eine aktuelle Studie hat nun gezeigt, dass diese Entscheidung oft zu besseren Ergebnissen als eine reine Psychotherapie führt.

An der Stanford Universität in Palo Alto verglichen Forscher insgesamt 27 ältere Studien miteinander. So konnten die Daten von 10.565 Patienten ausgewertet werden, die am sogenannten 12-Schritt-Programm der Alcoholics Anonymous teilgenommen hatten. Dieses Programm richtet sich vor allem an religiöse Menschen und stellt göttlichen Beistand in den Mittelpunkt. Diesen Glaubensansatz darf man unterschiedlich bewerten, er hilft jedoch offenbar den Alkoholikern. Nach einem Jahr waren 42 Prozent "trocken". Eine Vergleichsgruppe, die eine Psychotherapie gewählt hatte, kam nur auf 35 Prozent.

Selbsthilfegruppen vor allem langfristig erfolgreich

Vermutlich ist es vor allem der gemeinsame Kampf gegen die Sucht, der langfristig bei der Alkoholvermeidung hilft. Obwohl das 12-Schritt-Programm der Selbsthilfegruppe auf ein Jahr ausgelegt ist, bleiben viele Teilnehmer darüber hinaus in ihrer Gruppe. Die Menschen lernen sich dabei sehr persönlich kennen und motivieren sich gegenseitig stark. Während in den ersten zwölf Monaten einige Rückfälle dokumentiert waren, stieg die Zahl der Abstinenztage nach zwei und drei Jahren. Innerhalb dieser Jahresspanne ging hingegen der Effekt der Psychotherapie sogar zurück. Dies dürfte daran liegen, dass sich mit einem Therapeuten eine rein professionelle Zusammenarbeit entwickelt, die auf wenige Monate beschränkt ist. Enden die Sitzungen, stehen trockene Alkoholiker wieder allein im Kampf da, so denn sie sich keiner Selbsthilfegruppe anschließen.