Das Schultergelenk - Das beweglichste Gelenk des menschlichen Körpers

Als Schultergelenk bezeichnet man ein bewegliches Kugelgelenk. Es liegt zwischen dem Oberarm und dem Schulterblatt.

Von Jens Hirseland

Das Schultergelenk (Articulatio humeri), das auch als Glenohumeralgelenk bezeichnet wird, ist ein Kugelgelenk und gilt als beweglichstes Gelenk des menschlichen Körpers, da es in erster Linie von der Muskulatur gesichert und nur wenig von knöchernen Strukturen beschränkt wird.

Anatomie

Zusammengesetzt wird es aus dem Schulterblatt (Scapula) und dem Oberarmknochenkopf (Caput humeri). Der Kopf des Oberarmknochens (Humerus) hat die Form einer Kugel.

Außerdem verfügt er über eine Verbindung mit der Gelenkfläche des Schulterblatts (Cavitas glenoidalis). Da diese Gelenkfläche relativ klein ist, kann sie den Oberarmkopf nur teilweise umschließen.

Vergrößert wird die Kontaktfläche zwischen Oberarmkopf und Gelenkfläche durch die faserknorpelige Pfannenlippe (Labrum glenoidale). Die Pfannenlippe ist ca. drei bis vier Millimeter breit und an der Gelenkfläche befestigt.

Gelenkkapsel

Ein Teil des Schultergelenks ist die Gelenkkapsel, die verhältnismäßig schlaff und weitläufig ist. Darüber hinaus verfügt sie über eine Reservezone (Recessus axillaris), die rund einen Zentimeter lang ist, wodurch ein großer Bewegungsspielraum gewährleistet wird. Durch das Aussenden eines Ausläufers zur Ursprungssehne des Musculus biceps brachii, ist die Gelenkkapsel in der Lage eine Kapselsehnenscheide zu bilden.

Grafische Darstellung der Schulter mit Schulterblatt
Grafische Darstellung der Schulter mit Schulterblatt

Schleimbeutel

Für die Funktion des Schultergelenks sind auch eine Vielzahl von Schleimbeuteln (Bursae) sehr wichtig. Dazu gehören:

  • die Bursa subtendina musculi subscapularis, die unterhalb der Sehne des Musculus subscapularis liegt
  • die Bursa subcoracoidea, die sich unterhalb des Rabenschnabelfortsatzes (Processus coracoideus) befindet
  • die Bursa subdeltoidea
  • die Bursa subacromialis

Die beiden letzteren Schleimbeutel bezeichnet man auch als subakromiales Nebengelenk. Sie gewährleisten die Verschiebbarkeit des Oberarmknochenrollhügels (Tuberculum majus humeri) unter die Schulterhöhe bei Abspreizbewegungen des Arms.

Bänder

Der Bandhalteapparat des Schultergelenks besteht lediglich aus vier Bändern. Dabei handelt es sich um:

  1. das Ligamentum coracoidale
  2. das Ligamentum coracohumerale
  3. das Ligamentum coracoacrominale
  4. die Ligamenta glenohumeralia

Eine Führung der Bänder besteht nicht.

Muskeln und Nebengelenke

Zuständig für die Absicherung und die Führung des Schultergelenks sind manschettenartig umschließende Muskeln, die man als Rotatorenmanschette bezeichnet. Von dieser Rotatorenmanschette wird die Hauptsicherung des Gelenks übernommen.

Anatomie der Schulter grafisch dargestellt
Anatomie der Schulter grafisch dargestellt

Funktion

Da es sich bei dem Schultergelenk um ein Kugelgelenk handelt, sind Armbewegungen in alle drei Achsen im Bereich des Möglichen. Überaus wichtig für die Beweglichkeit des Gelenks sind die Nebengelenke des Schultergürtels wie das Schultereckgelenk (Articulatio acromioclavicularis) und das Sternoklavikulargelenk (Articulatio sternoclavicularis). Mitunter sind auch das Schlüsselbein sowie das Schulterblatt davon betroffen.

Folgende Bewegungen sind durch das Schultergelenk möglich:

  • Transversal: ventrale Bewegung des Arms im Schultergelenk bis 90°, das Heben des Armes über die Horizontalebene hinaus bis 150-170° bei Mitarbeit des Schultergürtels, dorsale Bewegung des Arms im Schultergelenk bis 40°
  • Sagittal: Abspreizen des Arms (Abduktion) bis 90° im Schultergelenk, bis 180° mit Wirkung des Schultergürtels, Heranführen des Arms (Adduktion) bis 20 bis 40°
  • Vertikale Achse: Einwärtsdrehung (Innenrotation) bis 95° (mit anliegendem Arm) und bis 70° (bei um 90° abgespreiztem Oberarm), Auswärtsdrehung (Außenrotation) bis 40 bis 60° (mit anliegendem Arm) und bis 70° (bei um 90° abgespreiztem Oberarm)

Beschwerden und Verletzungen des Schultergelenks

Ihre hohe Beweglichkeit verdankt die Schulter dem Umstand, dass der Gelenkkopf nicht auf einer Pfanne festsitzt, wie das bei der Hüfte der Fall ist. Stattdessen halten sie

  • Bänder und Sehnen
  • Muskeln und
  • Weichteile

in ihrer Position. Da die für die Stabilität wichtige Rotatorenmanschette oftmals nur schwach trainiert ist, besteht ein erhöhtes Risiko für Verletzungen. So gehören Schulterverletzungen zu den drei häufigsten Sportverletzungen.

Zu den häufigsten Beeinträchtigungen gehören

Während bei niedergradigen Beeinträchtigungen meist eine konservative Therapie durch Ruhigstellung ausreicht, führt man bei höhergradigen Verletzungen operative Eingriffe durch.

Ursachen und Symptome

Vor allem Sportarten wie

beanspruchen das Schultergelenk stark. Doch auch einseitige Belastungen oder Bewegungsmangel stellen ein Risiko dar.

Typische Beschwerden sind Schmerzen beim Anheben der Arme oder wenn man auf der Schulter liegt. Sportler dagegen leiden meist unter Schmerzen bei bestimmten Bewegungsabläufen.

Zu den häufigsten Schulterbeschwerden und -verletzungen gehören:

Rotatorenmanschettenruptur

Bei der Rotatorenmanschette handelt es sich um eine Gruppe von vier Muskeln, die dafür sorgen, dass der Oberarmkopf in der flachen Gelenkpfanne des Schulterblattes bleibt. Kommt es zu einem Anriss oder einer vollständigen Ruptur der Rotatorenmanschette, macht sich dies durch Schmerzen beim Heben der Arme und Bewegungseinschränkungen bemerkbar.

Häufige Ursachen für einen Rotatorenmanschettenriss sind die schleichende Abnutzung der Sehnen oder ein Unfall mit großer Krafteinwirkung. In manchen Fällen können auch beide Faktoren zusammen auftreten.

Grafik der Rotatorenmanschette
Grafik der Rotatorenmanschette

Behandlung

Die Behandlung einer Rotatorenmanschettenruptur richtet sich nach dem Ausmaß der Schmerzen und den Einschränkungen im Alltag. Normalerweise erfolgt eine Kombination aus

Bringt die konservative Behandlung keinen Erfolg, muss

erfolgen.

Impingement-Syndrom

Unter einem Impingement-Syndrom (Engpass-Syndrom) versteht man eine Beeinträchtigung der Gelenkbeweglichkeit. Dabei treten Schmerzen bei seitlichen Armbewegungen auf. So sind die Betroffenen kaum noch in der Lage, den Arm über die Schulter zu heben.

Ausgelöst werden die Beschwerden durch eine Einengung der Sehnen, die den Oberarmkopf und die Schleimbeutel umgeben. Ursache dafür sind meist Entzündungen, Verletzungen oder degenerative Veränderungen der Rotatorenmanschette.

Behandlung

Bei akuten Beschwerden behandelt man ein Impingement-Syndrom mit

Sind die Ursachen strukturell, wie zum Beispiel bei Verknöcherungen des Schulterdachs oder entzündeten Schleimbeutelanteilen, ist eine Operation erforderlich.

Schulterluxation

Die häufigste Verletzung des Schultergelenks ist die Schulterluxation, bei der der Oberarmknochenkopf aus der Schulterblattgelenkpfanne ausgerenkt wird. Schulterluxationen gehören zu den häufigsten Luxationen überhaupt. Das Auskugeln des Gelenks wird zumeist durch Unfälle oder Stürze auf die Schulter verursacht. Dabei kommt es zu Beschwerden wie:

  • Schmerzen
  • eine veränderte Form der Schulter
  • Bewegungsbeeinträchtigungen

Behandlung

Für die Behandlung wird das Schultergelenk von einem Arzt wieder eingerenkt, was man als Reposition bezeichnet. Danach erfolgt eine Ruhigstellung des Gelenks für ein bis drei Wochen mit einem speziellen Verband. In manchen Fällen kann allerdings auch ein operativer Eingriff erforderlich sein.

Schultersteife

Bei einer Schultersteife kommt es zu Bewegungseinschränkungen sowie Verklebeungen der Gleitschichten im Schultergelenk. Eine primäre Schultersteife entsteht häufig im Rahmen eines Entzündungsprozesses, der die Weichteile, welche die Schulter umgeben, betrifft.

Die sekundäre Schultersteife hat ihre Ursachen beispielsweise in

  • einem Unfall
  • einer längeren Ruhigstellung des Arms
  • einer Operation oder
  • Muskelveränderungen in der Schulter.

Es gibt mehrere Krankheitsstadien; in der Regel heilt die Schultersteife von selbst wieder ab. Unterstützend bieten sich Physiotherapie und die Gabe von Schmerzmitteln an.

Schultergelenksarthrose (Omarthrose)

Kommt es zum Gelenkverschleiß der Schulter, spricht man von einer Schultergelenksarthrose. In den meisten Fällen entsteht sie im höheren Alter aufgrund von Abnutzung. Zunächst kommt es zu Bewegungsschmerzen, die zunehmend mit Bewegungseinschränkungen einhergehen.

Schließlich treten die Schmerzen auch im Ruhezustand auf. Zur Behandlung ist mitunter eine Operation notwendig, bei der eine Prothese eingesetzt wird.

Bankart-Läsion

Bei einer Ausrenkung der Schulter nach vorn ist die so genannte Bankart-Läsion eine mögliche Folge. Dabei ist die Gelenklippe der Gelenkpfanne, die sich am Schulterblatt befindet, zum Teil oder gänzlich gerissen. Kommt es zusätzlich zu einem Bruch des knöchernen Gelenkpfannenrands, ist die Rede von einer knöchernen Bankart-Läsion.

Schleimbeutelentzündung

Ist der Schleimbeutel im Schultergelenk entzündet, spricht man von einer Bursitis subacromialis. Es wird die akute sowie die chronische Form unterschieden.

Eine übermäßige oder fehlerhafte Belastung des Schultergelenks gilt als häufigster Auslöser. Typisch sind starke Schmerzen. Auch Überwärmung sowie Rötungen gelten als mögliche Symptome.

Die Schonung des Gelenks gilt als wirksamste Behandlungsmethode. Zusätzlich kann das Kühlen der betroffenen Stelle wohltunend sein; mitunter werden auch Schmerzmittel verabreicht.

Kalkschulter

Bei einer Kalkschulter kommt es zu Ablagerung von Kalziumkristallen an den Sehnen des Schultergelenks. Abnutzungserscheinungen der Sehnen im Laufe des Alters gelten als mögliche Ursache.

Es kommt zu Schmerzen, die sich im Verlauf der Erkrankung verschlimmern. Mitunter sind auch Schleimbeutelentzündungen mögliche Folgen.

Die Behandlung erfolgt zunächst konservativ; das Gelenk wird ruhiggestellt. Sobald die Schmerzen nachgelassen haben, zählt auch die Physiotherapie zu den möglichen Behandlungsmaßnahmen; dadurch können die Schultersehnen entlastet werden.

Schulterinstabilität

Eine Schulterinstabilität kann sowohl angeboren sein, als auch erworben werden. Bei der angeborenen Form liegt meist eine Schwäche des gesamten Stützgewebes im Körper vor, welches zu viel Spiel des Oberarms in sämtliche Richtungen zur Folge hat.

Die erworbene Form ist meist unfallbedingt und entsteht zum Beispiel durch Verrenkung des Arms. Die Behandlung kann konservativer Natur sein (Physiotherapie ist hier eine bewährte Methode) oder im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs, bei dem man z.B. die Gelenkkapsel gestrafft wird.