Regenerative Humanmedizin macht ersten Schritt auf ihrem langen Weg der Grundlagenforschung

Von Frank Sprengel
1. August 2013

Die regenerative Humanmedizin ist eine Fachrichtung mit dem ambitionierten Ziel, Körperteile, die durch eine Krankheit oder einen Unfall verloren gingen, einfach wieder nachwachsen zu lassen. Allerdings befindet sich dieser Teilbereich der Humanmedizin noch in den Kinderschuhen.

Dass die Bemühungen in dem noch relativ jungen Fachbereich vergebens sind, kann jedoch nach den neusten Erkenntnissen über die Regenerationsfähigkeit einer bestimmten Plattwurmart namens Schmidtea mediterranea und einer mit ihr eng verwandten Wurmart namens Dendrocoelum lacteum, zu denen drei Forschungsteams unabhängig voneinander gelangt sein sollen, nicht mehr gesagt werden. Dass besagter Plattwurm Schmidtea mediterranea in Bezug auf die regenerative Humanmedizin von übergeordneter Bedeutung ist, liegt schlichtweg an der Tatsache, dass er in mehrere Hundert Teile zerlegt werden kann und daraufhin aus jedem einzelnen Teilstück wieder ein kompletter Wurm wächst. Aus einem abgetrennten Schwanzstück seines engen Verwandten Dendrocoelum lacteum würden hingegen von Natur aus keine komplexen Körperteile, wie etwa ein Kopf einschließlich funktionsfähigen Gehirns sowie Mund und Augen nachwachsen.

In diesem Zusammenhang hätten die Forscher nun zunächst nachweisen können, dass das im Vergleich zum Plattwurm Schmidtea mediterranea eher rudimentäre Regenerationsvermögen des Dendrocoelum lacteums auf eine bestimmte Nachrichtenkette zurückzuführen sei. Zudem sei es mindestens einem der drei Forscherteams gelungen, dem Plattwurm durch eine gentechnische Manipulation des Moleküls ß-Catenin, das sich am Ende der ausschlaggebenden Kette befände, zu ermöglichen, dass dieser nun ebenfalls aus einem Teilstück seines Schwanzes einen neuen Kopf nachwachsen lassen könne.

Überraschend sei dabei vor allem der Fakt gewesen, dass diese gezielte Veränderung des Regenerationsvermögens viel simpler gewesen sein soll, als es die Forscher zunächst angenommen hätten. Bei anderen Tierspezies oder sogar beim Menschen Körperteile nachwachsen zu lassen, sei jedoch etwas ganz anderes, zumal Säugetiere im Allgemeinen zu den nicht-regenerativen Organismen gezählt werden müssen. Trotzdem gäben die neuen Erkenntnisse Anlass zum Optimismus, dass es irgendwann möglich sein könne, durch eine gezielte Manipulation bestimmter Signalwege wenigstens die Regeneration von menschlichem Gewebe zu begünstigen.

Auf jeden Fall seien die Forscher mit ihren Experimenten, durch die bewiesen scheint, dass durch einen Vergleich von regenerierenden mit nicht oder nur bedingt regenerierenden Organismen eine Identifizierung der für die Regeneration entscheidenden Knotenpunkte in der Genetik scheinbar möglich ist, einen entscheidenden Schritt auf ihrem langen Weg der Grundlagenforschung im Bereich der regenerativen Humanmedizin gegangen.