Mandelentfernung bei Kindern führt zu höherem Risiko für Infekte

Durch die Entfernung der Gaumen- und Rachenmandeln geht ein wichtiger Schutzwall verloren

Von Cornelia Scherpe
4. Juli 2018

Vor allem bei Kindern bis circa zehn Jahre sind die Gaumenmandeln sehr aktiv und wehren sich mit teils starken Reaktionen auf Infektionen. Das führt dazu, dass die Jungen und Mädchen bis zum Ende der Grundschulzeit immer wieder mit einer Mandelentzündung zu kämpfen haben. Viele Eltern entscheiden sich dann in Absprache mit dem Kinderarzt zu einer sogenannten Tonsillektomie. Dabei werden die Gaumenmandeln operativ entfernt. Nicht selten verbinden Chirurgen dies mit der Adenotomie, also einer gleichzeitigen Entfernung der Rachenmandeln. Sie sitzen oberhalb der Gaumenmandeln und reagieren in jungen Jahren ebenfalls stark auf Erreger.

Mandeln schützen das Gehirn

Obwohl diese Operationen zu den häufigsten Eingriffen in früher Kindheit gehören und als Routineeingriff mit wenigen Komplikationen einher gehen, sind sie auch umstritten. Kritiker, darunter auch viele Ärzte, betonen die Wichtigkeit der Mandeln für einen gesunden Organismus. Immerhin bilden sie eine Art letzten Schutzwall vor dem Gehirn, und besser sei eine Mandelentzündung als eine Hirnhautentzündung. Zumal die Mandeln bei älteren Kindern und später bei Erwachsenen insgesamt inaktiver werden und Mandelentzündungen daher seltener. Wer sich also gegen eine OP entscheidet, profitiert im Alter.

Nach Mandelentfernung steigt das Risiko für Infekte, Asthma und COPD

Viele Studien zu diesem Thema gibt es bisher nicht, da Langzeituntersuchungen aufwendig sind. Eine Auswertung der Jahrgänge 1979 bis 1999 in Dänemark bringt nun aktuelle Ergebnisse. Dank der nationalen Identifikationsnummer der Menschen vor Ort kann auch ihr gesundheitlicher Verlauf für Studien ausgewertet werden. Die Forscher stellten 11.830 Teilnehmer mit Tonsillektomie, 17.460 mit Adenotomie und 31.377 mit einer Entfernung sowohl der Rachen- als auch Gaumenmandeln (Adenotonsillektomie) 1,65 Millionen Probanden ohne OP gegenüber.

Es zeigte sich, dass bei allen OP-Gruppen das Risiko auf obere Atemwegsinfekte beträchtlich stieg. Es kam zudem eher zu Asthma und sogar gehäuft zur chronisch obstruktiven Lungenerkrankung.

Eine Verzerrung der Daten ist zwar denkbar, dennoch sollten Eltern insgesamt eher überlegen, ob sie wirklich die Mandeln ihres Kindes entfernen lassen wollen. Bei nur gelegentlichen Entzündungen könnte dieses Risiko hinter dem späteren Nutzen zurückfallen.