Mandelentfernung (Tonsillektomie) - Indikation und neue Methoden: Paukendrainage, Coblation und Co.

Eine Tonsillektomie ist ein chirurgischer Eingriff, bei welchem die Gaumenmandeln, bei häufig rezidivierenden Entzündungen, vollständig entfernt werden.

Von Kim Müller

Eine Mandelentfernung ist der häufigste Routineeingriff und bei geplanten Operationen eine der am häufigsten durchgeführten.

Tonsillen (Mandeln)

Die Gaumenmandeln sind lymphatische Organe, die sich in der Mundhöhle und im Rachen befinden und in ihrer Gesamtheit einen lymphatischen Rachenring bilden. Die Mandeln liegen zwischen den beiden Gaumenbogen und somit am hinteren Ende des Gaumens, direkt unter dem Epithel der Schleimhaut und bestehen aus bindegewebig abgegrenzten Ansammlungen von Lymphknötchen, besitzen allerdings keine afferenten Lymphgefäße.

Indikation für eine Tonsillektomie

Erforderlich wird eine Mandelentfernung bei

Eine weitere Indikation für eine Tonsillektomie ist der Verdacht auf eine bösartige Erkrankung der Mandeln. Da die Gaumenmandeln, gerade im Kindesalter, eine wichtige Abwehrfunktion des Immunsystems übernehmen, ist die Indikation für eine Operation heutzutage wesentlich strenger.

In früheren Jahren gehörte das komplette Entfernen der Mandeln bei Kindern schon fast zur Routine. Heutzutage werden sie jedoch nur noch entfernt, wenn es absolut notwendig ist.

So ist mittlerweile bekannt, dass die Mandeln ein Bestandteil des Immunsystems bilden und vor allem für Kinder wichtig sind. Aus diesem Grund erfolgt eine Tonsillektomie vor dem 6. Lebensjahr nur sehr selten.

Tonsillitis

Eine Tonsillitis ist eine schmerzhafte und ansteckende Entzündung der Gaumenmandeln, welche mit

einhergeht.

Grafik einer Mandelentzündung
Grafik einer Mandelentzündung

Durchführung einer Tonsillektomie

Die Gaumenmandeln werden in Deutschland üblicherweise unter Vollnarkose und stationär entfernt, wobei der Eingriff nur rund 20 bis 30 Minuten dauert, da er ein Routineeingriff ist. Der Eingriff ist zusätzlich mit einem Krankenhausaufenthalt bis zu acht Tagen verbunden.

Die Mandeln werden mit chirurgischen Instrumenten aus ihrer Umgebung herausgelöst und während der Operation auftretende Blutungen mit einer bipolaren Elektropinzette gestillt. Um die Blutung einzudämmen, ist auch ein Abbinden der Gefäße mit Schlingen möglich.

Alternativ können auch Umstechungen erfolgen. Mittlerweile kommen auch vermehrt Laser zur Anwendung. Dabei koaguliert man die Blutgefäße unmittelbar nach ihrer Eröffnung mit heißem Laserlicht.

Nach dem Eingriff zeigen sich zwischen dem vorderen und dem hinteren Gaumenbogen circa 2 cm große Wundflächen, die nicht vernäht werden können, wodurch es zu leichten Nachblutungen kommen kann. Die narbige Abheilung setzt etwa ab dem vierten bis sechsten Tag nach der Operation ein.

Mögliche Komplikation

Eine Nachblutung nach der Operation ist die häufigste Komplikation einer Tonsillektomie. Bei einer Nachblutung ist eine sorgfältige Überwachung, gerade bei Kindern, und eventuell eine erneute Krankenhausaufnahme erforderlich, da bei stärkeren Blutungen eine operative Blutstillung erfolgen muss. Die Wahrscheinlichkeit einer Nachblutung liegt zwischen einem bis sechs Prozent und tritt meistens zwischen dem ersten und zweiten Tag oder zwischen dem fünften und sechsten Tag nach der Operation auf.

Nachsorge

Noch nach der Entlassung sollte ein bis zwei Wochen auf blutdrucksteigernde Aktivitäten verzichtet werden, da sie das Risiko einer Nachblutung erhöhen. Des Weiteren sollte in den ersten zwei Wochen nach der Operation auf alle Arten von scharfen, sauren, heißen und harten Speisen verzichtet werden, durch die starke Schmerzen entstehen können.

Fruchtsäfte dürfen in dieser Zeit nicht konsumiert werden. Weiterhin sollten kohlensäurehaltige Getränke und ein Hinunterlaufen von Zahncreme in den Rachen vermieden werden.

Stattdessen sind kalte Getränke zu empfehlen. Selbst nach dem Krankenhausaufenthalt wird es zu Wundschmerzen kommen, die in der Regel von den Erwachsenen als mittel bis sehr stark empfunden werden. Normalerweise halten sie etwa zwei Wochen an.

  • Schmerzmittel sollten keine gerinnungshemmende Wirkung besitzen.
  • Trotz der Schmerzen ist es wichtig und unbedingt notwendig, regelmäßig Speisen einzunehmen, damit die Verkrustungen abschürfen und die Heilung schneller einsetzt.
  • Nach der Operation wird empfohlen, bis zu einer Woche nicht zu duschen und auch danach noch darauf zu achten, dass das Wasser nicht zu warm eingestellt ist,

da durch die erhöhte Körperdurchblutung eventuelle Nachblutungen entstehen können.

Neben der Standardmethode wird heute zunehmend auf schonendere Verfahren gesetzt, die eine schnellere Heilung versprechen...

Coblation

Ein neuartiges Verfahren, das als schonender gilt, stellt die Coblation dar. Der Begriff "Coblation" setzt sich aus den englischen Begriffen "Cool Ablation" bzw. "Controlled Ablation" zusammen. Gemeint ist damit eine kalte oder kontrollierte Abtragung des Gewebes.

Vorteile

Gegenüber dem Dissektionsverfahren hat die Coblation einige Vorteile.

  • So nimmt die Operation weniger Zeit in Anspruch und das Risiko für Blutungen fällt deutlich geringer aus.
  • Außerdem sind die Schmerzen nach der Operation nicht so stark wie bei der Dissektionstechnik.
  • Da Nachblutungen kaum zu befürchten sind, lässt sich der Aufenthalt im Krankenhaus um zwei Tage verkürzen, sodass der Patient am vierten Tag nach dem Eingriff das Krankenhaus wieder verlassen kann.

Beim Dissektionsverfahren ist dagegen in der Regel ein bis zu achttägiger Klinikaufenthalt erforderlich.

Durchführung

Für die Coblation kommt eine spezielle Einmalsonde zum Einsatz. Diese ist

  • Schneidsonde
  • Koagulationssonde
  • Saugsonde und
  • Spülsonde

zugleich. In einer Kochsalzlösung erzeugt man mithilfe von Wechselstrom zwischen den Elektroden ein Plasmafeld. Durch dieses kleine Feld wird das erkrankte Gewebe schonend abgetragen.

So liegen die Temperaturen innerhalb des Gewebes nur zwischen 40 und 70 Grad Celsius, während bei einem Laser Temperaturen zwischen 400-600 Grad Celsius zustande kommen. Da die Blutgefäße auf kaltem Wege gleich wieder verschlossen werden, besteht nur ein geringes Nachblutungsrisiko.

Die Coblation dient der molekularen Auflösung von Gewebe. Die Nebenprodukte, die dabei entstehen, können durch Ausspülen des Bereiches schnell und leicht entfernt werden.

Paukendrainage

Nicht selten wird eine Mandeloperation mit einer Paukendrainage kombiniert. Dabei handelt es sich um eine Mittelohrdrainage, die zur Belüftung des Mittelohrs dient. So kann es zur Ansammlung von Flüssigkeit im Mittelohr kommen, was Mediziner als Paukenerguss bezeichnen.

Werden die Mandeln entfernt, erfolgt dann zusätzlich eine Paukendrainage, bei der man die Flüssigkeit absaugt. In manchen Fällen setzt der Operateur auch ein spezielles Paukenröhrchen in das Trommelfell ein.

Dieses Röhrchen aus Teflon oder Silikon sorgt für die Belüftung des Mittelohrs und ermöglicht Kindern, normal zu hören. Ein solcher Eingriff gilt aber nur dann als sinnvoll, wenn ausgeprägte Adenoide (Wucherungen) oder Hörprobleme bestehen.

Tonsillotomie

Unter einer Tonsillotomie versteht man eine partielle operative Entfernung der Gaumenmandel. Dieses Verfahren wird vor allem bei Kindern zwischen 3 und 6 Jahren angewandt, die unter vergrößerten Mandeln leiden, die Atem- oder Schluckbeschwerden hervorrufen.

Durchführen lässt sich eine Tonsillotomie entweder per Radiofrequenz-Coblation oder mithilfe eines Lasers. Auch die Anwendung einer monopolaren Nadel, eines Ultraschallmessers oder einer Schere ist möglich.

Dieses Verfahren wird auch bei Erwachsenen, die zuvor unter wiederkehrenden Mandelentzündungen leiden, angewandt. Trotz, dass Mandelgewebe übrig bleibt, ist die Prognose gut und vergleichbar mit der der klassischen Mandelentfernung.

Verfahren

Im Rahmen der Tonsillotomie können unterschiedliche Verfahren angewandt werden. Bei der radiofrequenzinduzierten Thermotherapie setzt man auf Wechselstrom mit hoher Frequenz, welches an das Gewebe, das entfernt werden soll, weitergeleitet wird. Dieses wird auf etwa 70 Grad Celsius erhitzt und schrumpft.

Bei der Coblation kommen Einmalsonden zum Einsatz. Diese werden ins Gewebe appliziert; die daraus resultierende Energie nutzt man zur Teilentfernung der Mandeln.

Parallel spült man den Bereich mit Kochsalzlösung. Das Mandelgewebe wird bei diesem Verfahren auf etwa 50 Grad Celsius erwärmt.

Im Rahmen der Argon-Plasma-Koagulation appliziert man einen monopolaren Hochfrequenzstrom ins Tonsillengewebe. Es wird eine Temperatur von 100 Grad Celsius erreicht, jedoch ist der Einschnitt deutlich geringer als bei anderen Verfahren. Zudem fällt die Operationszeit kürzer aus.

Bei der Laseroperation kommt meist der CO2-Laser zum Einsatz. Mit diesem wird das erkrankte Gewebe abgetragen; größere Blutungen können vermieden werden.

Vorteile

  • Die Risiken bei einer Tonsillotomie gelten als weitaus geringer als bei einer vollständigen Mandelentfernung.
  • Außerdem kann der Eingriff in der Regel ambulant erfolgen.
  • Die Nachblutungsrate ist äußerst gering.
  • Ein weiterer Vorteil ist, dass die restliche Mandel der Immunabwehr erhalten bleibt.