Kieferzysten - Ursachen, Symptome und Behandlung

Bei Kieferzysten handelt es sich um Hohlräume, die sich im Oberkiefer oder Unterkiefer befinden. Sie bilden sich zumeist durch Entzündungen oder Entwicklungsstörungen.

Von Jens Hirseland

Als Kieferzyste bezeichnet man einen Hohlraum innerhalb des Kieferknochens oder des umgebenen Weichteilgewebes. Besonders betroffen von Kieferzysten sind Männer im mittleren Alter.

Merkmale von Kieferzysten

Zysten bilden Hohlräume, die an dieser Stelle eigentlich gar nicht vorkommen sollten. Vom benachbarten Gewebe wird dieser Hohlraum durch

  • eine Kapsel
  • eine Weichteilhülle oder
  • eine Zystenwand

getrennt. Ein typisches Merkmal von Kieferzysten ist, dass sie mit Flüssigkeit gefüllt sind. Diese kann auch zähflüssig oder breiartig sein. Verantwortlich für die Entstehung des Zysteninhalts sind meist Zellen aus der Zystenwand.

Da die Herstellung der Flüssigkeit unvermindert anhält, führt dies im Laufe der Zeit zu Druck auf das angrenzende Gewebe. In der Regel sind Kieferzysten gutartig.

Ihr Wachstum schreitet nur langsam voran. Da sie jedoch das benachbarte Gewebe allmählich verdrängen, kann dies Beschwerden zur Folge haben.

In den meisten Fällen zeigen sich Kieferzysten im Oberkiefer. Bei Männern kommen sie häufiger vor als bei Frauen.

Zahnärzte unterscheiden zwischen echten Kieferzysten und Pseudozysten. Während echte Zysten über eine Epithelzellenschicht an der Zystenwand verfügen, ist dies bei Pseudozysten hingegen nicht der Fall.

Abgegrenzt werden sie höchstens durch eine Bindegewebskapsel. Epithelzellen kommen übrigens auch an anderen Körperoberflächen vor. Dazu gehören vor allem

Ursachen und Einteilung

Für die Entstehung einer Kieferzyste kommen verschiedene Ursachen infrage. Nicht selten besteht bei den betroffenen Personen bereits eine genetische Veranlagung zur Zystenbildung.

  • Oftmals hat eine Kieferzyste ihren Ursprung im Zahngewebe; Zahnmediziner sprechen dann von einer odontogenen Zyste.
  • Entsteht die Zyste jedoch nicht aus dem Zahngewebe, sondern aus dem benachbarten Gewebe, bezeichnet man dies als nicht-odontogene Zyste.

Odontogene Kieferzyste

Eine odontogene Kieferzyste bildet sich aus dem Zahngewebe. Häufigste Ursache für die Entstehung einer odontogenen Zyste sind Entzündungen an der Zahnwurzelspitze.

Zysten dieser Art werden radikuläre Zysten genannt. Mit einem Anteil von rund 80 Prozent sind sie die am häufigsten vorkommende Kieferzystenform. Zu einer chronischen Entzündung an der Wurzelspitze kommt es zumeist durch Wurzelbehandlungen oder einen abgestorbenen Zahn.

Die Entzündung führt zur Reizung der Wurzelhaut, was wiederum die Bildung einer Zyste zur Folge hat. Wird der betroffene Zahn gezogen und bleibt die Zyste trotzdem weiterhin bestehen, spricht man von einer Residualzyste.

Follikuläre Zyste

Eine andere odontogene Zystenform ist die follikuläre Zyste. Sie stellt eine Fehlentwicklung dar und bildet sich bereits beim ungeborenen Kind im Mutterleib.

Später umhüllt sie den Zahn schon vor dessen Durchbruch. Es ist aber auch möglich, dass der betroffene Zahn sich nicht vollständig ausbildet.

Eine Subform der follikulären Zyste stellt die Durchbruchszyste oder Eruptionszyste dar, die während des Zahndurchbruchs auftritt. Da eine Durchbruchszyste auf dem Zahn liegt, ist es möglich, dass sich die Schleimhaut, die sich darüber befindet, sichtbar vorwölbt.

Laterale Parodontalzyste

Von einer lateralen Parodontalzyste ist die Rede, wenn die Zyste seitlich im Zahnhalteapparat vorkommt. Auch sie hat ihren Ursprung in der Wurzelhaut.

Der Unterschied zu einer radikulären Zyste besteht darin, dass Parodontalzysten neben gesunden Zähnen entstehen. Nicht selten findet man sie im Durchbruchsbereich von Weisheitszähnen.

Gingivazyste

Bei einer Gingivazyste handelt es sich um eine Zyste im Zahnfleisch. Diese Form tritt eher selten auf und zeigt sich vor allem im Unterkiefer an den vorderen Backenzähnen oder den Eckzähnen.

Verursacht wird eine Gingivazyste durch winzige Absprengungen an der Zahnleiste. Sie kann bereits bei Kindern auftreten und lässt sich als kleiner Buckel am Zahnfleisch erkennen oder ertasten.

Keratozyste

Eine Keratozyste bildet sich aus den Zahnanlagen schon vor der Entwicklung des eigentlichen Zahns. Im Kieferknochen ist dann anstelle eines Zahns eine Kieferzyste vorhanden.

Mitunter wird eine Keratozyste durch das Gorlin-Goltz-Syndrom verursacht. Dabei handelt es sich um eine seltene Erkrankung, die mit Hautbasaliomen und Fehlbildungen des Gehirns einher geht.

Glanduläre odontogene Zyste

Eine sehr selten vorkommende Form stellt die glanduläre odontogene Zyste (GOZ) dar. Sie bildet sich aus den zahntragenden Kieferteilen.

Problematisch ist, dass glanduläre odontogene Kieferzysten nach ihrer Entfernung häufig erneut auftreten. Ohne eine Behandlung besteht das Risiko von Knochenschädigungen.

Nicht-odontogene Zysten

Unter dem Begriff nicht-odontogene Zysten fasst man sämtliche Kieferzysten zusammen, die sich nicht aus dem Zahngewebe bilden. Dazu gehören vor allem nasolabiale Zysten, die neben der Nase im Gaumen entstehen, und nasopalantine Zysten, die sich in der Gaumenmitte aus Geweberesten bilden.

Pseudozysten

Zu den Pseudozysten gezählt werden Kieferzysten, die keine Bindegewebskapsel haben. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die einfache Knochenzyste, die sich vor allem im Unterkiefer zeigt und zu einer Überempfindlichkeit der Zähne führen kann, sowie die aneurysmatische Knochenzyste.

Letztere hat ein schnelles Wachstum und ruft Schmerzen hervor. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Zähne kippen. Wodurch die Pseudozysten verursacht werden, ließ sich bislang noch nicht klären.

Symptome

Typisch für Kieferzysten ist, dass sie meist keine Symptome verursachen. Aus diesem Grund entdeckt man sie in den meisten Fällen erst bei zahnärztlichen Röntgenuntersuchungen. Nur selten kommt es zu Beschwerden wie

  • Schmerzen
  • Taubheitsgefühlen oder
  • Druckgefühlen

am betroffenen Zahn. Erreicht die Kieferzyste im späten Stadium einen großen Umfang, sind Vorwölbungen innerhalb des Kieferknochens möglich. Wird dann mit einem Finger auf die betroffene Stelle gedrückt, lässt sich ein knisterndes Geräusch wahrnehmen, was man als Pergamentknistern bezeichnet. Es entsteht durch das Aufquellen des Kieferknochens.

Kieferzysten können starke Schmerzen auslösen
Kieferzysten können starke Schmerzen auslösen

Folgen

Ohne eine Behandlung besteht die Gefahr von Knochenverformungen und sogar Entstellungen des Gesichts. Weiterhin können im fortgeschrittenen Stadium angrenzende Strukturen wie Gewebe oder Nerven in Mitleidenschaft gezogen werden.

Bemerkbar macht sich dies durch Sensibilitätsausfälle und Lähmungserscheinungen. Des Weiteren ist es möglich, dass Infektionen und Abszesse entstehen.

Im Extremfall kann es sogar zu einer Gehirnhautentzündung oder einer Blutvergiftung (Sepsis) kommen. Auch eine Fraktur des Kieferknochens ist denkbar, da dieser zunehmend an Substanz verliert.

Diagnose

Fast immer wird eine Kieferzyste durch eine Röntgenuntersuchung beim Zahnarzt festgestellt. Als am besten geeignet gilt eine Panoramaschichtaufnahme, da diese den ganzen Kiefer bildlich darstellt.

Des Weiteren lässt sich erkennen, ob es sich um eine radikuläre oder eine follikuläre Zyste handelt. Für den Fall, dass eine Entzündung der Zyste vorliegt, lassen sich oft keine scharfen Grenzen mehr erkennen. Zur Anwendung kommen dann weitere Untersuchungsverfahren wie

Das Röntgen als häufigste Diagnosemethode
Das Röntgen als häufigste Diagnosemethode

um die Ausdehnung der Kieferzyste zu ermitteln. Nicht selten entnimmt man auch eine Gewebeprobe, die im Anschluss unter einem Mikroskop untersucht wird.

Auf diese Weise lassen sich der Zelltyp und der Ursprungsort der Zyste feststellen. Wichtig ist, eine Kieferzyste differentialdiagnostisch von einem Tumor oder einer Knochenentzündung (Osteomyelitis) abzugrenzen.

Therapie

Zahnmediziner empfehlen, eine Kieferzyste prinzipiell behandeln zu lassen, auch wenn sie keine Beschwerden verursacht. Die Behandlung erfolgt meist durch einen Kieferchirurgen. Diesem stehen zwei Therapiemethoden zur Verfügung: die Zystektomie und die Zystomie.

Zystektomie

Als Zystektomie bezeichnet man die operative Entfernung einer Zyste. Eine Zystektomie erfolgt zumeist bei kleineren Zysten, die maximal zwei Zentimeter groß sind.

Vor dem Eingriff erhält der Patient eine örtliche Betäubung. Danach wird das Zahnfleisch vom Kieferchirurgen eingeschnitten und zur Seite geklappt.

Nächster Schritt ist die Eröffnung des Kieferknochens, aus dem dann die Zyste komplett ausgeräumt wird. Falls erforderlich, zieht man auch den betroffenen Zahn, sofern er nicht mehr erhaltungswürdig ist.

Bei größeren Defekten besteht die Option, den Hohlraum mit Knochenersatzmaterial aufzufüllen. Damit es nicht zu einer Infektion kommt, gibt der Kieferchirurg ein antibiotisches Puder in den Hohlraum. Zu beachten ist, dass der benachbarte Knochen über genügend Stabilität verfügt, damit er nicht bricht.

Zystomie

Eine Alternative zur Zystektomie ist die Zystomie. Diese erfolgt vor allem bei größeren Zysten und wenn die Lage des Hohlraums eine Zystektomie unmöglich macht oder eine Entzündung vorliegt.

Im Unterschied zur Zystektomie wird bei diesem Verfahren die Zyste nicht entfernt, sondern lediglich eingeschnitten. Auf diese Weise entsteht eine künstliche Abflussmöglichkeit für die Flüssigkeit, die sich in dem Hohlraum befindet. Durch das Ablaufen der Flüssigkeit kommt es in der Zyste zur Verminderung des Drucks.

Dies hat zur Folge, dass die Zyste sich nicht weiter ausbreitet. Im Laufe der Zeit bildet sich der Hohlraum sogar wieder zurück, sodass die Zyste abheilen kann.

Da es sich bei einer Zystomie um einen relativ kleinen Eingriff handelt, fallen mögliche Nachwirkungen wie Schmerzen und Schwellungen deutlich geringer aus als bei einer Zystektomie. Allerdings muss der Patient längere Zeit ein Antibiotikum erhalten, um einer Infektion durch Bakterien entgegenzuwirken.

Prognose

Fast immer sind Kieferzysten gutartiger Natur. Daher fällt die Prognose auch meist positiv aus. Da Zysten normalerweise nur sehr langsam wachsen, stellen sie im kleinen Zustand keine Gefahr für die Zähne dar.

Bei größeren Zysten besteht jedoch das Risiko, dass sie im Laufe der Zeit den Kieferknochen schädigen. In solchen Fällen ist das Entfernen des betroffenen Knochenteils sowie eventuell von einigen Zähnen nötig.

In der Regel verläuft die Entfernung einer Zyste unproblematisch. So treten selbst nach größeren Eingriffen keine Beschwerden mehr auf. Bleiben jedoch kleine Gewebereste in der Knochenhöhle zurück, kann es später an der gleichen Stelle erneut zur Bildung einer Kieferzyste kommen, was eine weitere Behandlung erforderlich macht.