Zuhören beeinflusst die Erinnerung - wann Reden goldener ist als Schweigen

Psychologen der Uni Regensburg sind der Frage nachgegangen, was durch Gespräche mit Erinnerungen geschieht

Von Dörte Rösler
20. Juli 2015

Schweigen ist für die Erinnerung nicht immer Gold. Wer über gemeinsame Erfahrungen spricht, erinnert sich anschließend besser daran. Zuhören kann die eigenen Erinnerungen schwächen.

Wenn die erzählten Geschehnisse lange zurück liegen, kehrt sich der Effekt jedoch um: Das Gespräch frischt die verblassten Erinnerung des Zuhörers auf.

Wer anfängt, bestimmt die Erinnerung

Wer mit einem Freund gemeinsam etwas Spannendes oder Schönes erlebt hat, tauscht sich darüber später gern aus. Aber was geschieht mit den Erinnerungen, wenn die Freunde die Ereignisse noch einmal Revue passieren lassen?

Dieser Frage sind Psychologen von der Universität Regensburg nachgegangen. In drei verschiedenen Experimenten mit jeweils 128 Teilnehmern erforschten sie, wie Reden oder Schweigen die Erinnerung verändern.

Dass Zuhören die Erinnerungsleistung reduzieren kann, war bereits aus älteren Studien bekannt. Wer mit dem Gespräch beginnt, aktiviert auch die Erinnerungen bei seinem Gegenüber. Im Gehirn konkurrieren nun die selektiven Erinnerungen des Freundes mit den eigenen und lassen abweichende Passagen verblassen.

Die Zeit entscheidet

Wenn der zeitliche Abstand zur erinnerten Erfahrung gering ist, werden die eigenen Gedächtnisinhalte beim Zuhörer vom Gesagten einfach überschrieben. Bei einem langen Zeitintervall zwischen Ereignis und Gespräch kehrt sich dieser Effekt aber ins Gegenteil.

Wer mit dem Gespräch beginnt, aktiviert beim Zuhörer verschiedene Erinnerungsprozesse: er kann nur noch bruchstückhaft vorhandene Erinnerungen auffrischen und wieder zu einem Gesamtbild zusammensetzen. So erinnert der Zuhörer sich auch an Details, die er schon fast vergessen hatte. Das Motto "Schweigen ist Gold" trifft auf die Erinnerung also nur teilweise zu.