Stilmöbel - Merkmale, Klassiker und Besonderheiten

Stilmöbel als Kennzeichen bürgerlicher Wohnkultur sind leicht zu erkennen, da sie sich an den Merkmalen einer bestimmten Epoche, wie zum Beispiel des Barock, orientieren. In diesem Fall dominieren schwere Hölzer, reich verziert, und geschwungene Formen. Solche Elemente dienen vor allem der Zierde und erst in zweiter Linie der Funktion. Informieren Sie sich über die Merkmale von Stilmöbeln und lesen Sie über entsprechende Klassiker.

Christian Steinfort
Von Christian Steinfort

Stilmöbel - eine Definition

Bei einem Stilmöbelstück handelt es sich um ein Möbelstück, optisch einem Stil aus früherer Zeit entspricht; es wird aus eben diesem Grund hergestellt: man möchte einen zum Herstellungszeitpunkt früheren Stil imitieren. So handelt es sich also nicht um Originalmöbel, sondern um eine Nachbildung, die man zu einem deutlich günstigeren Preis erhält.

Mit Stilmöbeln lässt sich ein Raum sehr speziell und dennoch traditionell einrichten. Er erhält eine ganz besondere Ausstrahlung; dabei lässt sich beispielsweise ein ganzes Zimmer in diesem Stil gestalten, oder aber man sorgt mit einem Einzelstück für einen Hingucker.

Entscheidend ist eine detailgetreue Nachbildung. Auf diese Weise kann man seine eigene vier Wände abseits der Massenproduktion einrichten und sorgt dabei für eine edle Wirkung.

Für echte Antiquitäten fehlt häufig das nötige Kleingeld. Kann man sich ein Stilmöbelstück leisten, denn auch diese sind natürlich deutlich hochpreisiger als die typischen Katalogvertreter, erhält man dennoch ein sehr hochwertiges und langlebiges Möbelstück. Gleichzeitig hat man bei dessen Gebrauch aber möglicherweise ein besseres Gefühl - bei einem antiken, hochpreisigen Stück ist die Sorge oftmals größer, dass es irgendwelche Schäden davontragen könnte.

Stilmöbel werden zum Benutzen im Leben hergestellt. Sie sind in der Regel pflegeleichter und deutlich robuster als ihre originalen Vorbilder.

Brauner Ledersessel an weißer Wand und auf weißem Boden
Brauner Ledersessel an weißer Wand und auf weißem Boden

Merkmale

Im Gegensatz zur industriellen Massenware sind Stilmöbel hochwertig verarbeitet und bestechen durch ihre historischen Formen. Möbliert man sie sparsam als freistehende Einzelstücke, eignen sie sich in einer modernen Wohnung perfekt als Hingucker.

Immerhin sind die oftmals auch Buche oder Eiche gefertigten Stücke nicht nur ziemlich wuchtig, sondern auch durch ihre häufig dunkle Farbgebung sehr raumgreifend, sodass sie ein Zimmer bei einer weniger großzügigen Möblierung optisch schnell erdrücken würden. Lässt man ihnen angemessenen Raum, tauchen sie die Wohnung durch ihre warmen Farbtöne in ein behagliches Ambiente.

Stilmöbel orientieren sich an einer barocken Optik, stammen aber nicht aus der Barockzeit, sondern sind lediglich dem altdeutschen Erscheinungsbild von Möbeln aus der Zeit des Hoch- und Spätmittelalters und eben vor allem des Barock nachempfunden. Sehr beliebt waren Stilmöbel in der so genannten "guten Stube" - dem bürgerlichen deutschen Wohnzimmer.

Aber auch andere Länder mit gehobener Wohnkultur, beispielsweise Italien, Frankreich und England, haben ihre eigenen Stilmöbel - man denke hier nur an die berühmten englischen Chippendale-Möbel.

Stilmöbel umfassen

finden sich unter ihnen.

Ein typisches Element sind die reich verzierten Schranktüren, beispielsweise mit Intarsienmustern. Die Türen der Vitrinen haben häufig Butzenglasscheiben, die in Holzrahmen gefasst sind. Eine wichtige Rolle unter den Stilmöbeln nehmen auch Stühle ein, die zumeist durch ihre aufwändig gedrechselten Beine und generell eine geschwungene Form bestechen.

Auch Récamieren, Chaiselounges und dergleichen sind als Stilmöbel sehr beliebt. Seltener finden sich auch opulente Betten unter den Stilmöbeln.

Typische Beispiele

Stilmöbel galten in den 60er und 70er Jahren als beliebte Geschmacksrichtung und wurden abwertend auch als Eiche-Rustikal bezeichnet. Typisch für diesen Stil ist massives Holz, besonders Eiche und Buche. Die Farbe der Möbel reicht von dunklen bis zu mittleren Brauntönen.

Typisch für wiederum andere Epochen sind Stühle mit

  • reich verzierten, formvollendet gedrechselten Beinen
  • Rückenlehnen mit Zieraussparungen und
  • Armlehnen, deren Enden beispielsweise Löwentatzen zieren.

Sie können, müssen aber nicht gepolstert bzw. mit Stoff bezogen sein.

Schrankwände und Vitrinen sind mit so genannten Butzenglasscheiben versehen, die von reich verzierten Holzrahmen gehalten werden.

Auch Schranktüren, Schübe etc. sind weisen Verzierungen auf. So beispielsweise gehört ein Schrankaufsatz bei so manch einem Stilmöbel zwingend dazu.

Ein ganz typisches Stilmöbel ist die Récamière. Dieses kombinierte Sitz- und Liegemöbel, das keine Rückenlehne, dafür aber geschwungene Armlehnen hat und aus der Chaiselongue hervorgegangen ist, durfte in keinem Salon oder Boudoir fehlen.

Auch die Einrichtungen von typischen Herrenzimmern mit

kann gänzlich aus Stilmöbeln bestritten werden, ebenso eine Esszimmereinrichtung mit Tisch, Stühlen und Vitrinenschränken. Seltener finden sich auch Schlafzimmereinrichtungen unter den Stilmöbeln.

Weitere Beispiele:

  • Jugendstil (auch Art Nouveau und New Style): verschnörkelte Verzierungen, kurvige Linien, florale Elemente
  • Gründerstil: gerade Linien, kantige Formen, ausladende Möbelstücke, üppige Verzierungen
  • Kolonialstil: oftmals Teak, viele Verzierungen, gemütlich, luxuriös
  • Biedermeierstil: helle Hölzer, viele Kleinmöbel

Entwicklung

Vor allem aber ist das bürgerliche Wohnzimmer die Domäne der Stilmöbel: Möbel im altdeutschen Stil, später auch als Gelsenkirchener Barock bekannt.

Die Originalmöbel wurden etwa zwischen 1850 und 1910 als handwerkliche Einzelstücke hergestellt. Ihr Erscheinungsbild lehnte sich an Möbel des Spät- und Hochmittelalters, vor allem aber des Barock an.

Seit den 1930er Jahren wurden industrielle Kopien dieser Stilmöbel serienmäßig gefertigt und hielten Einzug in die gutbürgerlichen Wohnzimmer, während gehobene Kreise eher auf modernes Mobiliar im Bauhaus- oder Werkbund-Stil setzten. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfreuten sich Stilmöbel vor allem im Kleinbürgertum einiger Beliebtheit, vermutlich, weil sie Geborgenheit und die Erinnerung an die "guten alten Zeiten" zu vermitteln verstehen.

Auch heute haben Stilmöbel ihre Liebhaber, die vor allem ihre massive Qualität und schiere Unverwüstlichkeit schätzen. Wem hingegen nur die Optik der Stilmöbel gefällt, der wird in den geläufigen Möbelhäusern fündig, die den Stilmöbeln nachempfundene Stücke führen.

Mögliche Individualisierung

Moderne Stilmöbelmanufakturen haben sich auch auf die individuelle Erfüllung von Kundenwünschen spezialisiert, sodass auch besondere Raumgrößen oder Wohnungsarten berücksichtigt werden können. Die Entscheidung für den Kauf von Stilmöbeln ist immer auch eine Investition fürs Leben: Bei guter Pflege halten sie mehrere Jahrzehnte. Wer weniger auf die Qualität, sondern nur auf die Optik Wert legt, findet heutzutage aber auch Stilmöbel bzw. Stilmöbeln nachempfundene Möbel aus Massenproduktion, die von den gängigen Möbelhausketten angeboten werden.