Negativ-Auszeichnungen - Geschichte und Kategorien

Nicht jede Preisverleihung hat einen positiven Hintergrund. So gibt es mit den Negativ-Auszeichnungen, wie zum Beispiel der "Goldenen Himbeere" oder dem "Ig-Nobelpreis", auch einige wenig schmeichelhafte Ehrungen. Teils werden solche Negativpreise zu Unterhaltungszwecken vergeben, teils machen sie aber auch auf negative Entwicklungen oder Missstände aufmerksam. Informieren Sie sich über Geschichte und Kategorien verschiedener Negativ-Auszeichnungen.

Von Jens Hirseland

Normalerweise werden bei Preisverleihungen Preise für besondere Leistungen oder Verdienste vergeben. Zu den wohl bekanntesten internationalen Preisen zählt der Oscar, mit dem man die besten Filme und Filmschaffenden des Jahres kürt.

Doch nicht jede Preisverleihung ist positiv gemeint. So gibt es auch Negativpreise, die als Antiauszeichnung zu verstehen sind.

Sinn von Negativpreisverleihungen ist zumeist, die Öffentlichkeit auf negative Entwicklungen oder Missstände aufmerksam zu machen. Manchmal werden sie aber auch nur zu Unterhaltungszwecken veranstaltet.

Bekannte Negativpreise

Im Laufe der Jahre wurden immer mehr Negativpreise in verschiedenen Themenbereichen und Branchen verliehen. Besonders bekannt sind die Goldene Himbeere, die quasi das Gegenstück zum Oscar bildet, sowie der Ig-Nobelpreis, der für unnütze oder unsinnige Erfindungen vergeben wird.

Goldene Himbeere

Bei der Goldenen Himbeere handelt es sich um einen amerikanischen Negativ-Filmpreis, der als Gegen-Oscar für die schlechtesten Filme des Jahres vergeben wird. In den USA bezeichnet man die Goldene Himbeere als Golden Raspberry Award oder Razzie Award.

Geschichte der Goldenen Himbeere

Vergeben wurde der Razzie Award zum ersten Mal am 31. März 1981, nur einen Tag vor der traditionellen Oscarverleihung. Ähnlich wie beim Oscar vergab eine Jury die Goldenen Himbeeren für unterschiedliche Filmkategorien.

  • Zum schlechtesten Film des Jahres kürte man "Supersound und flotte Sprüche".
  • Als schlechteste Schauspieler galten Brooke Shields (Die blaue Lagune), Neil Diamond (Der Jazz-Sänger) und Amy Irving (On the Road Again).
  • Sogar vor namhaften Schauspielern wie Laurence Olivier (Der Jazz-Sänger) schreckten die Preisverleiher nicht zurück.

Ins Leben gerufen wurde der Razzie-Award von dem Cineasten John J. B. Wilson, in dessen Wohnzimmer die erste Preisverleihung stattfand. Wilson gründete auch die G.R.A.F. (Golden Raspberry Award Foundation), die im Laufe der Jahre 750 Filmkritiker, Filmschaffende und Journalisten aus mehreren Ländern um sich scharrte.

Auch aus Deutschland nehmen jedes Jahr 50 Personen an der Abstimmung teil. Bis 2013 fanden 33 Himbeeren-Verleihungen statt.

Der Preis

Bei der Goldenen Himbeere handelt es sich um eine Kunststoffhimbeere, die man auf eine Super-8-Filmrolle aus Aluminium klebt. Außerdem überzieht man den Preis mit Gold. Der geschätzte Wert des Materials beträgt etwa 5 Dollar.

Kategorien

Genau wie der Oscar wird auch die Goldene Himbeere in verschiedenen Kategorien vergeben. Dies sind

  • Schlechtester Film
  • Schlechteste Schauspielerin
  • Schlechtester Schauspieler
  • Schlechteste Regie
  • Schlechtestes Drehbuch
  • Schlechteste Nebendarstellerin
  • Schlechtester Nebendarsteller
  • Schlechtestes Leinwandpaar sowie
  • Die Schlechteste Neuverfilmung oder Fortsetzung.

Darüber hinaus gibt es noch einige Kategorien, die nur unregelmäßig oder nicht mehr berücksichtigt werden. Dazu gehören

  • die Schlechteste Filmmusik
  • der Schlechteste Song
  • der Schlechteste Newcomer und
  • die Schlechtesten Spezialeffekte.

Zusätzlich wurden einige Razzie Awards für Sonderkategorien aus speziellem Anlass vergeben, wie zum Beispiel

  • Schlechtestes Prequel oder Fortsetzung
  • Schlechteste Neuverfilmung oder billigster Abklatsch
  • Schlechtester Filmtrend des Jahres
  • Nervigste Zielscheibe der Klatschpresse
  • Rücksichtsloseste Missachtung von Menschenleben und
  • Meistfurzender Teenie-Film.
Die goldene Himbeere ist der Negativ-Filmpreis - das Gegenstück zum Oscar
Die goldene Himbeere ist der Negativ-Filmpreis - das Gegenstück zum Oscar

Preisträger

Zu den Preisträgern der Goldenen Himbeere zählen auch einige bekannte Filme und beliebte Schauspieler.

Als schlechteste Filme des Jahres galten zum Beispiel

  • "Rambo II - Der Auftrag" (1986)
  • "Star Trek V - Am Rande des Universums" (1990)
  • "Hudson Hawk - Der Meisterdieb" (1992)
  • "Wie ein Licht in dunkler Nacht" (1993)
  • "Ein unmoralisches Angebot" (1994)
  • "Showgirls" (1996)
  • "Postman" (1998)
  • "Wild Wild West" (2000)
  • "Battlefield Earth - Kampf um die Erde" (2001)
  • "Catwoman" (2005)
  • "Basic Instinct 2" (2007), und
  • "Transformers - Die Rache" (2010).

Die Goldene Himbeere für den schlechtesten Schauspieler ging u.a. an

  • Laurence Olivier
  • Christopher Atkins
  • Sylvester Stallone
  • Prince
  • Bill Cosby
  • William Shatner
  • Kevin Costner
  • Burt Reynolds
  • Bruce Willis
  • Adam Sandler
  • John Travolta
  • Ben Affleck
  • George W. Bush
  • Eddie Murphy
  • Mike Myers und
  • Ashton Kutcher.

Als schlechteste Schauspielerinnen wurden

  • Brooke Shields
  • Pia Zadora
  • Bo Derek
  • Linda Blair
  • Madonna
  • Liza Minnelli
  • Heather Locklear
  • Melanie Griffith
  • Sharon Stone
  • Demi Moore
  • die Spice Girls
  • Mariah Carey
  • Jennifer Lopez
  • Halle Berry
  • Lindsay Lohan
  • Paris Hilton und
  • Sandra Bullock

gekürt. Nur wenige Akteure, die mit dem zweifelhaften Preis ausgezeichnet wurden, nahmen ihn auch tatsächlich entgegen. Dazu gehörten zum Beispiel Sandra Bullock, Halle Berry, Robert Conrad und der Regisseur Paul Verhoeven.

Mit insgesamt 10 Goldenen Himbeeren ist der Film "Jack und Jill" bislang Rekordhalter. Damit wurde dem Streifen der wenig schmeichelhafte Ruhm zuteil, den Negativpreis in sämtlichen Kategorien erhalten zu haben.

Ig-Nobelpreis

Die Abkürzung "Ig" steht für das englisch-französische Wortspiel "Ignoble", das soviel wie "schmachvoll", "schändlich" oder "unwürdig" bedeutet.

Gemeint ist damit der so genannte Ig-Nobelpreis, bei dem es sich um eine satirische Auszeichnung und eine Art Anti-Nobelpreis handelt. Verliehen wird er für wissenschaftliche Leistungen, über die die Menschen erst lachen und dann nachdenken.

Geschichte und Preisträger

Verliehen wird der Ig-Nobelpreis seit 1991. Die erste Preisvergabe erfolgte im MIT (Massachusetts Institute of Technology) im US-amerikanischen Cambridge im Bundesstaat Massachusetts. Mittlerweile findet die Preisverleihung jedoch an der Harvard-Universität statt.

  • Zu den ersten Preisträgern gehörte der ungarisch-amerikanische Physiker Edward Teller (1908-2003), der auch als "Vater der Wasserstoffbombe" galt. Der Negativpreis wurde an ihn vergeben, weil er nach Ansicht der Jury "die Bedeutung von Frieden nachhaltig verändert hatte".

  • Ein weiterer Preisträger war der Physiker Robert Matthews. Dieser wies nach, dass Toastbrotscheiben, die mit Butter bestrichen wurden, stets auf die Butterseite fielen.

  • Mit dem russischen Physiker Andre Geim erhielt sogar ein Wissenschaftler den Ig-Nobelpreis, der später mit dem richtigen Nobelpreis ausgezeichnet wurde.

  • Der französische Mediziner Jacques Benveniste (1935-2004) bekam den zweifelhaften Preis 1991 und 1998 sogar gleich zweimal.

Zu den festen Ritualen der Ig-Nobelpreisverleihung gehört der so genannte Besenmeister. Dieser hat die Aufgabe, die Bühne von zahlreichen Papierfliegern zu säubern, die man auf die Preisträger wirft. Das Amt des Besenmeisters übernimmt in der Regel der amerikanische Physiker Roy Jay Glauber, der 2005 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde.

Kategorien

Hauptkategorie des Ig-Nobelpreises ist die Wissenschaft. Darüber hinaus erfolgt auch die Verleihung eines Ig-Friedensnobelpreises.

Vergabe

Um für den Ig-Nobelpreis nominiert zu werden, sind einige Grundvoraussetzungen nötig.

  • So darf sich eine Entdeckung nicht wiederholen lassen und sollte auch nicht wiederholt werden.
  • Außerdem muss es sich um ein neuartiges Forschungsthema handeln. Das heißt, dass zuvor keine ähnliche Arbeit abgeliefert worden ist.

Für die Vergabe der Preise zuständig ist eine Jury, die man als "Ig Nobel Board of Governors" bezeichnet. Zusammengesetzt wird diese Jury aus

  • Nobelpreisträgern
  • Ig-Nobelpreisträgern
  • Inhabern von öffentlichen Ämtern
  • Autoren aus dem Wissenschaftsbereich
  • Sportlern sowie
  • weiteren bekannten oder unbekannten Personen.

Eine beliebte Tradition ist, am letzten Tag einen Passanten zur Entscheidung einzuladen, der zufällig angetroffen wird. Die Vergabe der Ig-Nobelpreise findet normalerweise im Herbst statt, kurz bevor die Bekanntgabe erfolgt, wer die echten Nobelpreise erhält.

Abgehalten wird die Vergabezeremonie im Sanders-Theater an der Harvard-Universät von Cambridge. Da der Preis mittlerweile nicht mehr als Schande gilt, nehmen ihn die meisten Preisträger sogar gerne entgegen.

Weitere Negativpreise

Weitere internationale Negativpreise sind

  • der Big Brother Award (BBA), der sich mit Verletzungen der Privatsphäre und des Datenschutzes befasst
  • der Bad Sex in Fiction Award (Sexszenen in Romanen)
  • der Golden Turkey Award (schlechte Leistungen und Errungenschaften in der Filmkunst)
  • der Bulwer-Lytton Fiction Contest für Einleitungssätze in schlechten Romane
  • die Bremse des Jahres der Zeitschrift "Chips" für Behinderungen des digitalen Fortschritts sowie
  • der makabre Darwin-Award für Menschen, die sich aus Versehen selbst unfruchtbar machen oder sogar umbringen.

Auch in Deutschland werden einige Negativpreise verliehen, wie zum Beispiel

  • der Dinosaurier des Jahres vom NABU (Naturschutzbund Deutschland)
  • der CCCeBit vom Chaos Computer Club
  • der Betonkopf für nicht barrierefreie Bauwerke
  • der Goldene Windbeutel von Foodwatch (Werbelügen)
  • die Verschlossene Auster (Auskunftsverweigerer in Wirtschaft und Politik)
  • der Gartenzwerg der Woche von der TV-Sendung "extra 3"
  • die Saure Gurke für frauenfeindliche TV-Ausstrahlungen
  • die Verschlossene Auster von Netzwerk Recherche e.V. sowie
  • der Sprachpanscher des Jahres vom Verein Deutsche Sprache.

Gemeinsam haben all diese Preise, dass sie für die Preisträger wenig schmeichelhaft sind und daher nur selten von ihnen entgegengenommen werden.