Gefährliche Einsamkeit: Auf Dauer schrumpft der Hippocampus

Fehlende Gesellschaft und Eindrücke unterfordern das Gehirn

Von Cornelia Scherpe
22. Januar 2020

Der Mensch ist von Natur aus ein geselliges Wesen und anhaltende Isolation schadet uns aus diesem Grund. Wer wenig bis gar keine Kontakte zu Mitmenschen hat, wird durch die Einsamkeit häufig krank. Depressionen und starke Ängste werden infolge dessen häufig von Psychologen beobachtet. Nun haben deutsche Hirnforscher sogar zeigen können, dass durch Isolation das Gehirn schrumpft. Genauer gesagt, wird der Hippocampus kleiner.

Forscher nutzen die Einsamkeit in der Antarktis

Die Forscher untersuchten Menschen, die in der Antarktis stationiert waren. Dort haben die Mitarbeiter nur Kontakt zu den wenigen Kollegen, die mit ihnen vor Ort arbeiten. Am größten ist die Einsamkeit während der Polarnacht, in der nur eine Minimalbesetzung arbeitet und bei -50 Grad Celsius die Station auch nicht verlassen kann. Dieser einsame Arbeitsplatz wirkt sich offenbar stark auf das Gehirn aus.

Wissenschaftler der Charité haben in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung neun Menschen untersucht, die 14 Monate in der Antarktis arbeiteten. Vor Beginn der Stationierung wurde mittels Magnetre­so­nanztomografen das Gehirn untersucht und dieser Prozess im Anschluss an die 14 Monate wiederholt. Das Ergebnis war eindeutig: ein Schrumpfungsprozess.

Der Hippocampus schrumpft

Im Durchschnitt nahm der Hippocampus um ein Volumen von 7,2 Prozent ab. Die Hirnregion ist wichtig, um neue Eindrücke zu speichern. Offenbar bewirkt die Einsamkeit einen anhaltenden Mangel an neuen sozialen Eindrücken. Diese Unterforderung führt dazu, dass sich der Hippocampus verkleinert.

Am stärksten schrumpfte der Eingangsbereich des Hippocampus. Hier liegen neben Gedächtnisinhalten auch Informationen zum räumlichen Denken. Da die Menschen in der Antarktis ihre Station kaum verließen, waren sie nur in vertrauter Umgebung und mussten vermutlich selten das räumliche Denkvermögen stark beanspruchen.

Da das Gehirn ein Muskel ist, der trainiert wird, bauen sich auch Regionen, die wenig genutzt werden, mit der Zeit ab. Bereits Tierstudien hatten gezeigt, dass bei sozialer Isolierung gesellige Tiere wie Ratten weniger Nervenzellen im Hippocampus neu bilden.