Die menschliche Gabe des Selbstbetrugs: Warum so viele Menschen an ihre Beziehungen festhalten

Von Nicole Freialdenhoven
3. Juli 2013

Der Mensch besitzt die seltene Gabe, sich einen unmöglichen Zustand schön zu reden. Dies gilt zum Beispiel für die Berufswahl: Wer seinen Beruf innig hasst, muss sich entweder eingestehen, dass er seinerzeit eine völlig falsche Wahl betroffen hat, oder sich den Berufsalltag schönreden. Die meisten neigen dabei eher zu Letzterem. Das gleiche gilt auch für die Partnerwahl: Wer das Gefühl hat, in seiner Partnerschaft festzustecken, redet sie sich lieber schön, anstatt den Mut zur Trennung aufzubringen.

Dies ergaben psychologische Experimente der US-Universität Stanford, die nun veröffentlicht wurden. Demnach legen die meisten Menschen Wert auf "Stabilität", was sich jedoch keineswegs mit "Glücklich sein" gleichsetzen lässt. Dies gilt nicht nur für Partner, die sich ihre Beziehung schönreden, sondern auch für Singles, die sich ihren Status nicht minder schön reden.

Als Folge davon gehen sich Paare und Singles ab einem bestimmten Alter häufig aus dem Weg, stellten die Psychologen fest: So gelingt es ihnen leichter, ihren Selbstbetrug aufrecht zu erhalten, statt als Single feststellen zu müssen, dass manche Paare tatsächlich glücklich miteinander sind oder als unglücklicher Beziehungspartner feststellen zu müssen, dass Singles tatsächlich alleine ein glückliches, erfülltes Leben führen können.