Jimmy Corrigan: " The Great American Graphic Novel" nun endlich auch auf Deutsch

Von Frank Sprengel
3. Juni 2013

Bei dem Wort "Comic" denken zumindest hierzulande die meisten Leute noch immer an knallbunt illustrierte Geschichten von entfernt an die Mythologie der Antike erinnernden Superhelden, die letztendlich nicht mehr als eine seichte Unterhaltung für Kinder und Jugendliche sind.

In Wahrheit können Comics aber weit mehr sein, was nicht zuletzt die in Amerika schon längst Kultstatus genießende und als Meilenstein des Genres geltende Graphic Novel "Jimmy Corrigan - der klügste Junge der Welt" von Chris Ware auf imposante Weise beweist. Zwar muten weder der namensgebende Protagonist noch dessen Geschichte auf Anhieb sonderlich bahnbrechend an. Tatsächlich scheint das pummelige Muttersöhnchen Jimmy Corrigan mit lichtem Haar und Knautschgesicht so gewöhnlich zu sein, dass sich sogar der Begriff Antiheld verbietet.

Auf den ersten Blick wirken auch die minimalistisch oder geradezu steril anmutenden Illustrationen des Comicbuchs, das von 1995 bis 2000 zunächst als Comicserie in einer Zeitung veröffentlicht wurde, mit ihren blassen Farben und ihrer akribischen Linienführung wenig imposant. Gleiches gilt für die Formgebung und Anordnung der Bildfenster respektive Panels.

Bei näherer Betrachtung fällt jedoch schnell auf, warum Chris Ware als der Architekt unter den Comickünstlern bezeichnet wird. Zudem überrascht die vermeintlich banale Geschichte mit verwirrend genialen Wendungen und mit einem derart innovativen Erzählstil, dass die Bezeichnung Meilenstein nicht nur in Hinsicht auf Comics, sondern auf die Literatur im Allgemeinen berechtigt ist.

Aber auch in puncto Charakterstudie und ebenso detailliertem wie kritischem Gesellschaftsportrait steht "Jimmy Corrigan - der klügste Junge der Welt" den großen Werken der Weltliteratur in nichts nach. Erfreulicherweise kann man das auch über die deutschsprachige Fassung des Berliner Verlags "Reprodukt" sagen.