Lemminge sind nicht lebensmüde und springen scharenweise von Klippen in den Tod

Von Melanie Ruch
25. Juni 2013

Dank des Disney-Dokumentarfilms "Weiße Wildnis" aus dem Jahr 1958, in dem Lemminge dabei zu sehen sind, wie sie von einer riesigen Klippe in Scharen in den Arktischen Ozean springen und ertrinken, glauben viele Menschen, dass diese Wühlmausart tatsächlich Selbstmord begeht.

Fakt ist: Lemminge haben eine sehr kurze Lebenserwartung von maximal zwei Jahren und müssen sich daher rasch und möglichst oft fortpflanzen, um das Überleben ihrer Art zu sichern. In den Wintermonaten sind Lemming-Weibchen daher fast dauerhaft trächtig und bringen pro Wurf bis zu 13 Junge zur Welt. Bereits nach fünf Wochen sind die Jungen dann selbst geschlechtsreif und können ebenfalls für Nachwuchs sorgen. Forschungen haben belegt, dass die Population der Lemminge so innerhalb weniger Jahre um das tausendfache ansteigen kann.

Sie kann aber auch in ebenso kurzer Zeit wieder drastisch sinken. Da liegt die Vermutung nahe, dass sich die Wühlmäuse selbst umbringen, sobald der Lebensraum und das Nahrungsgebot schrumpfen. Dem ist aber nicht so.

Sobald eine Lemming-Population den Höchststand erreicht hat und die Nahrung knapp wird, beginnen regelrechte Revierkämpfe unter den Tieren. Die Verlierer ziehen dann in großen Gruppen weiter, um neue Lebensräume zu erschließen. Bei ihren Wanderungen, die teils mehrere Hundert Kilometer lang sein können, gehen die Lemminge instinktiv schnurstraks geradeaus, wahrscheinlich um zu vermeiden im Kreis zu laufen. Dabei treffen die Wühlmäuse natürlich auch auf gefährliche Hindernisse, wie Flüsse, die es zu überqueren gilt, die aber nicht überquert werden, wenn dies den sicheren Tod bedeuten würde.

Dennoch sterben zahlreiche Lemminge auf den Wanderungen, etwa in reißenden Flüssen oder als Beutetiere, was schließlich dazu führt, dass die Lemming-Population teilweise so rasch schrumpft.

Doch warum haben sich die Lemminge im Film dann von einer Klippe gestürzt? Ganz einfach: die Filmemacher haben nachgeholfen. Die Tiere wurden nicht etwa bei einer Wanderung gefilmt, sondern auf einer weißen Drehscheibe, von der sie dann schlicht und ergreifend hinuntergeschubst wurden.