Hits im Kopf: Wie entstehen Ohrwürmer und warum denkt man ungewollt an sie?

Forscher vergleichen ohwurmverdächtige Hits mit "normalen" Songs hinsichtlich ihres musikalischen Aufbaus

Von Cornelia Scherpe
16. November 2016

Fast jeder kennt das Phänomen: Ein Lied kommt im Radio und verfolgt einen quasi für den Rest des Tages. Dabei summt man nicht nur Lieblingssongs vor sich hin, sondern hat plötzlich eine Melodie und/oder Textstelle im Kopf, obwohl man den Song nicht einmal mag. Wie kommt das?

Dem Ohrwurm-Charakter auf der Spur

Psychologen beschäftigen sich mit dem Phänomen der "Ohrwürmer" schon länger. Egal ob "Barbie Girl" von Aqua oder "Smoke on the Water" von Deep Purple - manche Hits bleiben ewig in den Köpfen. Dabei hat das weniger mit einem Kultstatus der älteren Songs zu tun, denn auch neuere Lieder schaffen es immer wieder, zu teils ungewollten Ohrwürmern zu werden.

Um den Grund dafür ein für alle Male zu klären, haben Forscher aus Großbritannien zunächst eine Umfrage unter 3.000 Menschen gemacht. Diese sollten angeben, welche Lieder für sie ein Ohrwurm sind. Die genannten Stücke wurden gesammelt und hinsichtlich ihres musikalischen Aufbaus mit anderen Songs, die keinen Ohrwurm-Charakter haben, verglichen.

Kinderlied- und Zeigarnik-Effekt

Am auffälligsten war eine Gemeinsamkeit, die bei den Hits auftrat, bei anderen Songs aber nicht: die Melodien hatten den Aufbau von Kinderliedern:

  • Dabei ist die Grundmelodie vergleichsweise simpel
  • mit eingängigen Tonwiederholungen und
  • an einprägsamen Stellen kommen wechselnde Tonhöhen.

Offenbar erinnert dieser Aufbau die Menschen unbewusst an Lieder ihrer frühen Kindheitstage, öffnet dauerhaft die Tür ins Gedächtnis und ein Ohrwurm ist geboren. Auf die Texte der Songs kommt es dabei gar nicht an, was auch erklärt, warum Menschen selbst dann ein Lied nicht aus dem Kopf bekommen, wenn sie es textlich gar nicht mögen oder sogar die Sprache gar nicht verstehen.

Darüber hinaus gibt es noch einen weiteren Grund, warum manche Lieder über Tage hinweg ins Bewusstsein zurückdrängen: den Zeigarnik-Effekt. Das Gehirn neigt dazu, unterbrochene Gedanken wieder aufzunehmen, während abgeschlossene Gedankenstränge als erledigt abgelegt werden. Denken wir an einen Song, wird er selten komplett im Kopf gehört. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass er nach wenigen Momenten, Stunden oder auch Tagen wieder zurückkommt.