Wann klingt Musik schlecht? Der individuelle Geschmack ist abhängig von der Prägung

Die soziale Prägung entscheidet darüber, ob eine Melodie als harmonisch wahrgenommen wird, oder man nur Dissonanzen hört

Von Cornelia Scherpe
18. Juli 2016

Für viele Menschen ist Musik ein Teil des Lebens, denn sie drückt Gefühle aus, hilft beim Entspannen und verbindet mit Freunden. Welche Musikrichtung dabei am besten gefällt, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Dennoch gibt es durch die Genre gewisse Ähnlichkeiten. Wir wollen Stimmen und Instrumente hören, die gewisse Harmonien erzeugen.

Der Gedanke, dass Dissonanzen von allen ähnlich abschreckend empfunden werden, wird von vielen geteilt. Doch eine britische Studie konnte das nicht betätigen. Interessanterweise war vielmehr das Gegenteil der Fall.

Harmonie oder Dissonanzen?

Die Forscher arbeiteten mit dem Tsimane-Volk zusammen, das im bolivianischen Regenwald zuhause ist. Diese Menschen waren Zeit ihres Lebens nicht mit westlicher Musik irgendeiner Art in Berührung gekommen. Sie kannten also weder Klassik noch Rock, Metal oder Jazz etc.

  1. Insgesamt 64 der Regenwaldbewohner nahmen an einem Experiment teil und bekamen über Kopfhörer verschiedene Musik vorgespielt. Sie sollten den Forschern sagen, was für sie angenehm und was unangenehm klingt. Den Studienteilnehmern gefielen viele harmonische Tonfolgen, aber ebenso viele Akkorde oder Stimmen, die in unseren Zivilisationen allgemein als Dissonanzen empfunden werden.

  2. Man verglich dies mit einer Kontrollgruppe aus US-Amerikanern, von denen 24 sogar Musiker waren. Diese Gruppe bevorzugte die harmonischen Klänge.

  3. Die Forscher suchten daraufhin noch eine dritte Gruppe aus bolivianischen Stadtbewohnern. Diese 50 Personen hatten bisher wenig Kontakt zu westlicher Musik, aber zumindest einige Lieder kannten sie. Es zeigte sich, dass in dieser Gruppe vermehrt Dissonanzen als unangenehm bewertet wurden. Die Wahrnehmung war also bereits schrittweise verändert worden.

Die soziale Prägung

Interessant war, dass sich alle drei Gruppen komplett einig waren, wenn sie natürliche Geräusche wie Lachen oder Seufzen bewerten sollten. Tatsächlich entscheidet demnach die soziale Prägung darüber, ob eine Melodie als harmonisch wahrgenommen wird, oder man nur Dissonanzen hört.