Elektronische Musik - Geschichte, Merkmale und bekannte Musiker

Unter elektronischer Musik versteht man Musik, die mithilfe von elektronischen Klangerzeugern entsteht. Synthesizer, Sampler und Drum Computer sind typisch für diesen Musikstil. Aus der elektronischen Tanzmusik gingen zahlreiche Musikstile wie House oder Techno hervor. Lernen Sie etwas über die Geschichte und Merkmale der elektronischen Musik.

Von Jens Hirseland

Spricht man von elektronischer Musik, ist damit zumeist elektronische Tanzmusik gemeint. Sie bildet die Grundlage für zahlreiche unterschiedliche Musikrichtungen.

Merkmale

Im Gegensatz zur traditionellen Musik kommen bei der elektronischen Musik elektronische Instrumente zum Einsatz. Dazu zählen vor allem

  • Synthesizer
  • Sampler und
  • Drum Computer,

mit denen sich Rhythmen und Beats auf elektronische Weise erzeugen lassen. Elektronische Musik ist jedoch nicht gleich elektronische Musik. So entwickelten sich im Laufe der Zeit unterschiedliche Musikstile wie Dance Musik, House, Industrial, Electro und Techno. Mitunter sind es nur kleine Details, durch sich die Stile voneinander unterscheiden.

Entwicklung der elektronischen Tanzmusik

Zu den Vorreitern der elektronischen Tanzmusik gehört die deutsche Gruppe Kraftwerk, die zu Beginn der 70er Jahre noch mit konventionellen Instrumenten arbeitete und ab 1973 nur noch elektronische Musik komponierte. Kraftwerk wirkte stilbildend und diente als Vorbild für die Entwicklung von zahlreichen neuen Musikstilen wie

  • Electro-Funk
  • Detroit-Techno und
  • Electro-Pop.

Letzterer fand vor allem in Europa großen Zuspruch. Im Laufe der Zeit kam es auch zur Vermischung mit anderen Musikstilen wie zum Beispiel Hip-Hop und Rock.

Im Folgenden gehen wir etwas genauer auf die unterschiedlichen Musikstile ein.

Dance

Mit Dance oder Dance Musik ist ein Subgenre der elektronischen Tanzmusik gemeint. Irrtümlicherweise wird der Begriff "Dance" auch als Synonym für elektronische Tanzmusik gebraucht, was jedoch nicht korrekt ist.

Entwickelt hat sich die Dance Musik in den 70er Jahren aus der Disco-Musik. So wird Dance Musik auch heute noch vor allem in Discotheken und Clubs gespielt.

Merkmale der Dance Musik

Typisch für die Dance Musik ist, dass ihre Klänge elektronisch erzeugt werden. Im Gegensatz zum rein instrumentalen Techno kann beim Dance aber auch Gesang in klassischer Liedform verwendet werden. Die Gesangsstimmen sind zwar nicht synthetisch, aber oft modelliert.

Toneffekte

Ebenso ist der Einsatz von speziellen Toneffekten möglich. Mitunter kommen auch Instrumente, die keinen elektronischen Ursprung haben, zum Einsatz, wobei man ihre Klangeigenschaften ebenfalls mit zusätzlichen Effekten verändert.

Zu den am häufigsten verwendeten Toneffekten gehören

  • Reverbs
  • Phaser und
  • Flanger.

Zum Anpassen des Gesangs greift man gelegentlich auf Pitch-Effekte zurück, um auf diese Weise kleinere Unsauberkeiten auszugleichen.

Obwohl die Dance Musik Ähnlichkeit mit der Popmusik hat, unterscheidet sie sich von ihr jedoch durch ein wesentlich schnelleres Tempo. Ein typisches Merkmal von Dance-Songs ist der 4/4-Takt.

Dance Musik klar einzuordnen, ist nicht ganz einfach. So gibt es zahlreiche Abwandlungen wie

  • Dance-Pop
  • Eurodance
  • Euro Disco
  • Trance und
  • Italo-Disco,

was häufig zu Überschneidungen führt.

Dance wird vorallem in Clubs und Discos gespielt
Dance wird vorallem in Clubs und Discos gespielt

Chill-out

Unter Chill-out-Musik versteht man Musik, die in den "Chill-Zones" von Discos und Techno-Clubs gespielt wird. Dabei handelt es sich um Räume, in der die Tänzer zwischendurch "chillen" können.

Der Begriff "Chillen" stammt aus dem Englischen und bedeutet eigentlich "abkühlen". Im US-amerikanischen Slang ist damit allerdings "rumhängen" oder "sich entspannen" gemeint.

In der Musikszene entstanden ist der Begriff Chill Out wohl durch die britische Musikgruppe KLF. Diese brachte 1990 ein Sound-Collage-Album mit dem Titel "Chill Out" heraus. Allgemein versteht man unter Chill-out auch das Ausklingenlassen von Veranstaltungen.

Merkmale

Bei der Chill-out-Musik, die in Diskotheken und Techno-Clubs gespielt wird, handelt es sich in der Regel um ruhige und atmosphärische Musik wie

  • Minimal Techno
  • Chill-out Trance
  • Ambient-Musik
  • Lounge-Musik oder
  • Dub-Musik.

Zu den bekanntesten Vertretern der Chill-out-Musik gehören

  • Moby
  • The Orb
  • Gotan Project und
  • Ian Pooley.

In Deutschland gibt es sogar Chill Out Charts in verschiedenen Kategorien wie Album, Single und Compilation.

Chill-out zum Ausklingenlassen der langen Partynacht
Chill-out zum Ausklingenlassen der langen Partynacht

House

Zu den beliebtesten Stilrichtungen der elektronischen Musik zählt House.

Typische Merkmale von House sind

  • der 4/4-Takt-Rhythmus, der zumeist von einem Drumcomputer erzeugt wird
  • ein Tempo von bis zu 130 Beats in der Minute
  • Bassdrums
  • Hi-Hats und
  • Snareschläge.

So bietet House einen stark basslastigen Klang.

Da House die Entstehung des Techno entscheidend beeinflusste, weisen beiden Stile große Ähnlichkeiten auf. Allerdings gilt Techno als noch temporeicher und maschineller.

Seinen Namen erhielt House nach dem Musikclub Warehouse. Dort wurde diese Musikart zum ersten Mal aufgelegt.

Geschichte

Seine Wurzeln hat House in der Discomusik der 70er Jahre. Als Geburtsort der Musikrichtung gilt der Club Warehouse in Chicago, in dem House von dem DJ Franckie Knuckles aufgelegt wurde. Knuckles vermischte Instrumentalpassagen, die sich auf den Rhythmus konzentrierten, miteinander und ließ den Rest der ursprünglichen Stücke einfach weg.

Zu den Pionieren des Chicago House zählten neben Franckie Knuckles auch

  • Chip E.
  • Jesse Saunders und
  • Marshall Jefferson.

Aber auch in New York entwickelte sich eine House-Szene, die bis in die Gegenwart von Bedeutung ist. In den frühen 90er Jahren diente House als Sammelbegriff für diverse rhythmisch-elektronische Musikstile.

So wurde zunächst auch die Technomusik House zugeordnet. Im Laufe der Zeit bildeten sich unterschiedliche House-Stile wie zum Beispiel

  • Afro House
  • Tech House
  • French House
  • Ghetto Tech
  • Ibiza House
  • Latin House oder
  • Funky House.
Mit elektronischer Musik lässt sich vorallem gut Party machen
Mit elektronischer Musik lässt sich vorallem gut Party machen

Industrial

Eine weitere elektronische Musikrichtung ist Industrial. Sie ging in den 70er Jahren aus der Avantgarde-Musik hervor. Die Bezeichnung "Industrial" ist auf die englische Plattenfirma Industrial Records zurückzuführen. Gründer und Leiter dieses Labels waren Mitglieder der britischen Avantgarde-Musikgruppe Throbbing Gristle, die in der frühen Zeit des Industrial eine wichtige Rolle spielte.

Merkmale

Zu den wichtigsten Eigenschaften des Industrial gehörte die Provokation. Dazu griffen die Musiker auf schockierende audiovisuelle Eindrücke zurück. So wurden harte Gewalt-, Kriegs-, Sex- und Todesdarstellungen mit aggressiven Klängen kombiniert. Zum Beispiel vermischte Throbbing Gristle in dem Stück "Slug Bait - ICA" die Gräueltaten von rhodesischen Guerillakämpfern mit dem Mord an der Schauspielerin Sharon Tate und unterlegte beide Ereignisse mit einem ruhigen elektronischen Hintergrund.

Geschichte

Die ersten Industrial-Projekte wurden ab 1974 ins Leben gerufen. Zu den Pionieren gehörten Boyd Rice und die englische Gruppe Cabaret Voltaire. Letztere machte 1975 mit Bildern von Kriegsschäden und politischen Ausschreitungen auf sich aufmerksam. Das erste bedeutende Album von Throbbing Gristle erschien 1977 unter dem Titel "The Second Annual Report".

Gleichzeitig organisierte die Band in London eine Ausstellung, auf der u.a. pornographisches Material und gebrauchte Tampons zu sehen waren, was in England zu einem handfesten Skandal führte, von dem auch das britische Parlament nicht unberührt blieb. Der Skandal verhalf Throbbing Gristle zu Popularität, was wiederum zur Gründung von weiteren Industrial-Bands führte.

Zudem diente London nun als Zentrum der Bewegung. Aber auch in Deutschland und Belgien wurden Industrial-Bands ins Leben gerufen, die eigene Stilarten entwickelten.

Zu den bedeutendsten Vertretern des Industrial gehörten die australische Band SPK sowie der amerikanische Musik- und Perfomancekünstler Monte Cazazza. Vor allem SPK schreckte vor keiner Provokation zurück, wie zum Beispiel dem Einsatz von Flammenwerfern oder dem Verspeisen von rohem Schafshirn vor Live-Publikum.

Subkulturen und Post-Industrial-Ära

In der Mitte der 80er Jahre hatte die Industrial-Bewegung ihren Zenit überschritten, sodass sich die meisten Gruppen entweder auflösten oder ganz andere Wege beschritten. Aus dem Industrial gingen jedoch neue Subkulturen hervor. Dazu gehörten

  • Dark Ambient
  • Martial Industrial
  • Power Electronics
  • Death Industrial und
  • Ritual.

Bedeutende Vertreter der Post-Industrial-Ära waren

  • Laibach
  • Lustmord
  • Einstürzende Neubauten
  • Whitehouse und
  • Psychic TV.

Electro

Electro wird mitunter auch Electro Funk oder Electro Boogie genannt. Im Unterschied zu anderen Richtungen der elektronischen Tanzmusik entsteht der Rhythmus beim Electro nicht durch eine gerade Bass Drum (Basstrommel), sondern durch eine programmierte Snaredrum (Schnarrtrommel). Durch das Zusammenwirken mit einer ungeraden programmierten Basstrommel kommt es zu einem synkopierten Funk, der das typische Merkmal von Electro ist.

In den USA ordnet man Electro der Hip-Hop-Szene zu. Gleichzeitig bildete Electro aber auch die Grundlage für Techno.

Geschichte

Von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung von Electro war die deutsche Band Kraftwerk. Diese orientierte sich in den 70er Jahren am Funk und mischte elektronische Sounds mit synkopierten Tanzrhythmen.

Zu den stilbildenden Songs zählen "Trans-Europa-Express" aus dem Jahr 1977 und "Nummern" von 1981. In den Vereinigten Staaten griff Electro ab 1982 auch auf andere Funk- oder Discotechniken zurück.

Zu den wichtigsten Pionieren des amerikanischen Electro gehört Afrika Bambaataa. Obwohl es sich bei dessen erstem Hit eigentlich nur um eine Zusammenstellung der Kraftwerk-Songs handelte, entwickelte sich Electro zu einer eigenen Musikrichtung, die später auch entscheidenden Einfluss auf die Breakdance- und Hip-Hop-Szene ausübte.

So kam es in den 80er Jahren immer wieder zu Vermischungen zwischen Electro und Hip-Hop unter Einbeziehung von Rap, was man als Bass Music bezeichnete. Auch auf den Detroit Techno hatte Electro großen Einfluss.

Electro in Europa

In Europa ließ man Electro in den 90er Jahren verstärkt in die elektronische Tanzmusik einfließen. Wichtige Vertreter dieser Strömung, die auch Neo Electro genannt wurde, waren

  • DMX-Krew
  • Anthony Rother und
  • I-f.

Im weiteren Verlauf bildete sich aus dieser Renaissance die Richtung des Electroclashs. In Europa gilt Electro heute als Bestandteil des Techno.

Techno

Eine der beliebtesten elektronischen Musikrichtungen ist Techno. Man verwendet diesen Begriff auch als Sammelbegriff für elektronische Musikrichtungen, zwischen denen eine Verwandtschaft besteht.

Merkmale

Bei Techno handelt es sich um rhythmusorientierte Tanzmusik, die synthetisch erzeugt wird. Zu ihren besonderen Merkmalen gehört vor allem der 4/4-Takt, wobei eine Basstrommel jedes Viertel besonders betont. Weitere Stilelemente sind der Einsatz von

  • Hit-Hats
  • Snare Drums oder
  • Handclaps.

Die Klangfarben der Technomusik sind zumeist im metallischen oder industriellen Bereich angesiedelt. Grundlage der Kompositionen bilden repetitive Arrangements. Das heißt, dass die Stücke auf dem Wiederholen von einzelnen kurzen Klangfragmenten basieren. Eine wichtige Rolle spielt zudem die Verwendung von

  • Toneffekten
  • Perkussionselementen und
  • Flächenklängen,

die in den Rhythmus eingefügt werden.

Geschichte

Die Technomusik wurde von mehreren elektronischen Musikrichtungen entscheidend beeinflusst. Dazu gehörten vor allem

  • Industrial
  • EBM
  • House
  • Acid House
  • New Beat und
  • Detroit Techno.

In den späten 80er Jahren verschmolzen New Beat, Detroit Techno, House, Disco und EBM zu Techno House. Später verkürzte man den Begriff Techno House ausschließlich auf Techno.

Erfolge in Deutschland

Die ersten Techno-Veröffentlichungen, die vom New Beat geprägt wurden, erschienen 1989 in Frankfurt/Main. Zu den Pionieren der neuen Stilart zählten

  • Klangwerk/LCD
  • Robotiko Rejekto
  • Master Program und
  • Konzept,

die den 'Sound of Frankfurt' prägten. Dass Techno vor allem in Deutschland rasch populär wurde, war auch Veranstaltungen wie der Loveparade zu verdanken. So dauerte es nicht lange, bis eine Technoszene entstand, die eigene Medienformate entwickelte und Magazine zum Thema Techno herausbrachte.

Die Technoszene profitierte auch von dem Interesse der Musikindustrie. Durch deren Einfluss entstanden massenkonforme Mischungen aus Techno, Popmusik und Hip House, die die Labels unter dem Begriff Dancefloor vermarkteten. Außerdem wurden immer mehr Pop-Songs herausgebracht, die ihren Rhythmus an die Technomusik anpassten.

Zu den erfolgreichsten Vertretern der neuen Musikrichtung zählten u.a.

  • Scooter
  • Dune
  • Culture Beat und
  • 2 Unlimited.

Sogar die volkstümliche Musik griff vermehrt auf harte elektronische Bass-Schläge zurück.

Internationaler Erfolg

In Deutschland kristallisierten sich in den 90er Jahren zahlreiche regional geprägte Sounds heraus. Neben Frankfurt am Main zählten auch Köln, Essen, Berlin und Hamburg zu den Techno-Hochburgen. Aber auch in anderen europäischen Ländern wie den Niederlanden, Österreich und den skandinavischen Ländern wurde die Technomusik populär. Außerdem entwickelten sich zahlreiche neue Stile wie Acid Techno oder Trance.

In den USA beschränkte sich Techno jedoch zumeist nur auf den Untergrund, sodass zahlreiche Techno-Produzenten nach Europa übersiedelten. Trotzdem entwickelte sich auch in den Vereinigten Staaten mit Minimal Techno ein neuer Technostil.

In der Mitte der 90er Jahre erhielt Techno auch auf anderen Kontinenten Zuspruch. Vor allem in Südamerika und Japan erfreute sich die elektronische Tanzmusik großer Beliebtheit.

Sinkendes Interesse in den 90er Jahren

Gegen Ende der 90er Jahre ließ der Techno-Boom allmählich nach, sodass es weniger Raves gab und sich die Partys aus großen Hallen wieder in die konventionellen Clubs verlagerten. Außerdem besann sich die Techno-Szene auf ihre Wurzeln und orientierte sich wieder mehr am EBM der 80er Jahre.

Zahlreiche Künstler verschwanden jedoch völlig aus dem Rampenlicht. Dennoch gehört Techno zusammen mit House auch heute noch zu den wichtigsten und erfolgreichsten Vertretern der elektronischen Musik.