Smartphone statt Langeweile - wir verlernen das Warten

Auch wer nur kurz warten muss, greift heute schnell zum Smartphone

Von Dörte Rösler
12. Mai 2015

Am Bus, beim Arzt, an der Supermarktkasse - immerzu müssen wir warten. Wie öde! Man mag sich kaum ausmalen, wie viel wertvolle Zeit die Generationen vor uns verschwendet haben, weil sie kein Smartphone hatten.

Wenn uns die Langeweile packt,

  • checken wir schnell die Mails,
  • lösen ein Sudoku oder
  • klicken auf ein You-Tube-Video.

Das Nichtstun haben wir verlernt. Wenn das kontemplative Warten vollends ausstirbt, verliert aber auch unser Denken und Sehen an Qualität.

Die ungeduldige Generation

Tatsächlich scheint die Langeweile nicht weg zu sein, wir sind sogar schneller gelangweilt. Wer mit Handy und Computerspielen aufgewachsen ist, kann es kaum ertragen, wenn die Reize nicht im Sekundentakt wechseln.

Schon kleine Wartezeiten lösen Gedanken der Ungeduld aus. Nahezu reflexhaft greifen wir zum Handy.

Das hat etwas mit einem Mangel an Selbstdisziplin zu tun, mehr aber noch mit einem Verlust an Lebensqualität. Was der bloße Blick

  • in die Landschaft,
  • auf Häuser oder
  • vorübergehende Passanten

erfassen könnte, erscheint uns banal. Wir verlieren die Fähigkeit, die Welt einfach auf uns wirken zu lassen und genau hinzuschauen.

Raum für neue Gedanken

Psychologen fürchten außerdem, dass mit dem Ende der Langeweile auch die Ideen knapper werden. Denn gerade in müßigen Momenten, wenn Gedanken und Blicke frei schweifen können, kommen die guten Einfälle.

Dass Nichtstun immer zu kreativen Schüben führt, ist natürlich nicht garantiert, aber Langeweile öffnet den Raum für neue Gedanken. Statt auf die Wetter-App könnte man einfach mal in den Himmel schauen.

Mono-Tasking üben

Wer zur Ungeduld neigt, empfindet Warten als Stress. Jetzt muss was passieren! Mit dem Griff zum Smartphone lässt sich das Unbehagen lindern, aber nur für kurze Zeit. Auf Dauer macht man sich abhängig.

Besser ist es, sich die unbewussten Empfindungen und Gedanken bewusst zu machen. Ist das Warten wirklich so schlimm?

Oft sind es nur ein paar Minuten Zeit - die wir auch als Gelegenheit sehen können, um mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen, die blühenden Kastanien zu bewundern und uns in Gelassenheit zu üben.