Hilfsbereitschaft - warum sie selbstverständlich sein sollte und welche Gefahren sie birgt

Der angebliche Werteverfall unserer Gesellschaft ist ein Thema, welches häufig in den Medien behandelt wird. So wird beispielsweise angeklagt, dass eine soziale Kälte vorherrschen würde und keine Hilfsbereitschaft mehr existiere. Dabei wird dieser in vielen Bereichen eine große Bedeutung zugeschrieben. Lesen Sie, wodurch Hilfsbereitschaft sich auszeichnet, und warum sie auch heute noch selbstverständlich sein sollte.

Britta Josten
Von Britta Josten

Hilfsbereitschat - wodurch zeichnet sie sich aus?

Unter der Hilfsbereitschaft versteht man die Bereitwilligkeit, einem anderen Menschen zu helfen. Dabei kann es sich um unterschiedliche Situationen handeln.

Jemand kann hilfsbereit sein, wenn man denjenigen um Hilfe bittet, doch auch ohne die vorherige Bitte und ohne eine Gegenleistung zu erwarten, ist diese Einstellung bzw. Verhaltensweise üblich. Solch eine Eigenschaft tritt in den meisten Fällen auf selbstlose Menschen zu, die das Wohl anderer als besonders wichtig erachten, in vielen Fällen sogar wichtiger, als das eigene.

Hilfsbereitschaft bewirkt, dass man in der Aufmerksamkeit der Mitmenschen wächst und sich von der negativ behaftenden Ich-Bezogenheit entfernt. Grundsätzlich sollte Hilfsbereitschaft selbstverständlich sein, weil unsere Gesellschaft sonst überhaupt nicht funktionieren würde.

Hilfsbereitschaft kann als eine innere Einstellung angesehen werden. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass man das Mitgefühl zu anderen verspürt und diesen behilflich sein möchte.

Gegenseitige Hilfe ist jener Faktor, der dafür sorgt, dass wir uns als Teil eines Ganzen fühlen. Würden wir keinerlei Hilfe durch unsere Umgebung erhalten, wären wir schließlich kaum bereit, uns dieser Umgebung angehörig zu fühlen.

Dabei erfordert Hilfsbereitschaft jedoch stets, dass man etwas opfert, sei es Energie, Zeit oder etwa auch Geld, je nach Situation. In manchen Fällen gilt es zu hinterfragen, ob es sich nicht eher um Selbstaufopferung handelt, die das gesunde Ausmaß der Hilfsbereitschaft übersteigt.

Die Bedeutung der Hilfsbereitschaft

In vielen Bereichen wird der Hilfsbereitschaft eine große Bedeutung zugeschrieben. Sie wird in diesem Zusammenhang als selbstverständlich angesehen.

Hilfsbereitschaft als starker moralischer Wert

Das Gewähren von Hilfe ist nicht nur in religiösen, sondern ebenso in zentralen moralischen Wertvorstellungen verankert. So ist es beispielsweise in Kirchen üblich, Spenden einzusammeln und für Hilfsbedürftige einzusetzen. Dies wäre eine vorsorgende Form der Hilfe, welche nichtsdestotrotz nur einen Teilbereich der Hilfsbereitschaft ausmacht.

Soforthilfe und nachsorgende Hilfe

Darüber hinaus gibt es noch die Soforthilfe und die nachsorgende Hilfe. Im Alltag spielt vor allem die Soforthilfe eine wichtige Rolle. Bei dieser stellt sich beispielsweise die Frage, ob einer blinden Person über die Straße geholfen werden oder einer älteren Dame die schwere Einkaufstasche zum Auto getragen werden soll.

Ein moralischer Grundsatz wäre dabei jener, nach welchem man andere Menschen stets so behandeln soll, wie man selbst gerne behandelt werden würde. Doch obwohl Hilfsbereitschaft eigentlich selbstverständlich sein sollte, gibt es dennoch egoistische Menschen, welche in ihrem Handeln von einer solchen Selbstverständlichkeit weit entfernt sind. In einem solchen Fall kann jedoch selbst wissenschaftlich belegt werden, dass Hilfsbereitschaft im Endeffekt auch einem selbst nutzt.

Ansammlung von Sozialkapital

Nach dem Sozialwissenschaftler Pierre Bourdieu gibt es Sozialkapital, welches oftmals direkt in ökonomisches Kapital - also Geld - umgewandelt werden kann. Hilfsbereites Verhalten sorgt dabei häufig für eine Ansammlung von sozialem Kapital. Dieses kann dann später genutzt werden, um eigene Probleme zu lösen und Geld zu sparen.

Hilft man also beispielsweise dem Nachbarn beim Reintragen einer neuen Couch, kann es sein, dass man später von dieser Hilfsbereitschaft profitiert. Sollte der Nachbar zum Beispiel ein Computerfachmann sein, kann dessen Hilfe unentgeltlich in Anspruch genommen werden, um ein Problem mit dem PC zu lösen.

Dies wäre eine direkte Umwandlung von sozialem Kapital - der guten Beziehung mit dem Nachbarn - in ökonomisches Kapital - der Einsparung der Reparaturkosten im Fachgeschäft.

Doch genauso kann Hilfsbereitschaft auch gewisse Risiken bergen...

Mögliche Gefahren und entsprechende Schutzmaßnahmen

Wer sich durch ein besonderes Maß an Hilfsbereitschaft auszeichnet, stellt die Bedürfnisse anderer Menschen über die eigenen. Man hört jemandem zu, der Hilfe benötigt, berät ihn und hilft mit bestimmten Handlungen.

Doch hier sollte man auch stets wachsam sein, denn eine solche Einstellung zieht häufig auch Menschen an, die im Gegenzug nur auf ihr eigenes Wohl achten und die Hilfsbereitschaft der anderen ausnutzen. So werden beispielsweise besonders unangenehme Aufgaben, die man selbst nicht erledigen möchte, abgegeben.

Eine weitere Gefahr liegt darin, dass man sich selbst überfordern kann, wenn man sich stets auf seine Mitmenschen konzentriert und seine eigenen Grenzen überschreitet. Es kann stressig werden; im schlimmsten Fall, wenn man sich regelmäßig übernimmt, droht ein Burnout.

Auch wenn solche Gefahren zu den Ausnahmen gehören, sollte man sich diesen bewusst sein und wissen, wie man sich entsprechend schützen kann. So gilt es, stets aufmerksam zu bleiben - wenn zum Beispiel immer wieder dieselbe Person auf einen zukommt, könnte diese versuchen, die Hilfsbereitschaft auszunutzen.

Ein weiterer Tipp: man sollte zunächst auf sich selbst achten und sich ganz ehrlich die Frage beantworten, ob man die zu bewältigende Aufgabe überhaupt schafft, ohne dafür so zu viel Zeit, Energie etc. zu opfern, dass man gestresst aus der Situation herausgeht. Und schließlich ist es ratsam, anderen Menschen nicht nur zu helfen, indem man gewisse Aufgaben übernimmt, sondern auch, indem man ihnen zeigt, wie sie diese selbst erledigen können.