Zwangsbehandlungen für psychisch Kranke werden erschwert

Zwangsbehandlungen dürfen nur das letzte Mittel sein und unter bestimmten Voraussetzungen angewendet werden

Von Marion Selzer
24. Oktober 2011

Zwangsbehandlungen für psychisch erkrankte Straftäter dürfen nur in außerordentlichen Fällen und unter strengen Bedingungen angeordnet werden, so hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nun entschieden. Dadurch erklärte es ein baden-württembergische Gesetz für Unterbringung für rechtswidrig und verfassungswidrig, weil es gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit verstoße.

Betroffener klagt gegen unwillentliche Einnahme eines Neuroleptikums

Im vorliegenden Fall ging es um einen seit 2005 im Maßregelvollzug der Psychiatrie in Nordbaden eingewiesenen Mann, der auch gegen seinen Willen mit einem Neuroleptikum behandelt werden sollte. Dagegen ging der Betroffene gerichtlich vor, da er durch dieses Mittel starke Nebenwirkungen wie

bekäme. Zudem sei dieses Mittel als Medikament für Psychosen gedacht, wohingegen er nachweislich unter einer Störung seiner Persönlichkeit und nicht einer Psychose litt.

Mann verliert zunächst vor Landgericht und Oberlandesgericht, siegt dann aber vor Verfassungsgericht

Zunächst hatte der Mann mit seiner Klage wenig Erfolg. Denn sowohl das Landgericht Heidelberg als auch das Oberlandesgericht in Karlsruhe verwarfen seine Rechtsmittel. Der Grund: Das Unterbringungsgesetz ordnet an, dass der Untergebrachte auch Maßnahmen zu dulden habe, die er nicht wolle, so lange sie zweckdienlich seien.

Nur bei erheblicher Gefahr für Leib oder Gesundheit müsse eine Einwilligung eingenommen werden. Das Verfassungsgericht sah in diesem Gesetz einen Verstoß gegen die Grundrechte und berief sich dabei auf einen Entscheid, der im April erfolgte und bereits ein rheinland-pfälzisches Gesetz für nichtig erklärte.

Die Richter aus Karlsruhe betonen auch in dieser Entscheidung, dass Zwangsbehandlungen nur als ultima ratio, also als letztes Mittel unternommen werden dürften. Und auch das nur, wenn sie Erfolg versprechen und keine unverhältnismäßige Belastung für den Betroffenen darstellten. Zunächst müsse man sich jedoch um die Zustimmung des Betroffenen bemühen und ihn auf seine Rechtsmittel verweisen.