Schlaflos auf der Straße: Obdachlose haben zu wenig Nachtruhe

Die schwierige Situation nachts belastet die Gesundheit von männlichen und weiblichen Obdachlosen

Von Cornelia Scherpe
4. Januar 2017

Wer ein Leben ohne festen Wohnsitz bestreitet, sieht sich im Alltag mit vielen Problemen konfrontiert. Mangelernährung, fehlende Körperhygiene und der Missbrauch von Substanzen schaden dem Körper langfristig. Bisher wenig beachtet wurde die Tatsache, dass Obdachlose darüber hinaus zu wenig schlafen.

Durch ihre Situation auf der Straße finden sie seltener eine angemessene Bleibe für die Nacht und verlieren damit viele Stunden Nachtruhe. Das wiederum wirkt sich stark auf die ohnehin oft angekratzte Gesundheit aus. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie aus Frankreich.

Schlafmangel mit Folgen

Die Forscher begaben sich für ihr Projekt auf die Straße und führten eine Umfrage durch. Viele Obdachlosen gaben ihnen gern Auskunft über ihren Alltag und die Probleme beim Schlafen. Insgesamt konnte man 3.465 Männer und Frauen ohne festen Wohnsitz interviewen und aus ihren Angaben eine durchschnittliche Schlafzeit berechnen.

  • Sie lag bei sechs Stunden und 31 Minuten.
  • Im Vergleich dazu: Franzosen mit Wohnsitz schlafen pro Nacht im Schnitt sieben Stunden und neun Minuten.

Der Unterschied erscheint im ersten Moment gering, doch der menschliche Organismus benötigt die sieben Stunden und sollte selten darunter liegen. Bereits regelmäßig eine halbe Stunde weniger kann Folgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Depressionen mit sich bringen. Acht Prozent der befragten Obdachlosen kamen sogar auf unter vier Stunden Nachtruhe und waren damit stark gefährdet. In der Kontrollgruppe lagen nur drei Prozent der Befragten bei unter vier Stunden.

Bessere Schlafbedingungen gefordert

Die schwierige Situation nachts belastete vor allem Frauen. Weibliche Obdachlose waren in der Unter-Vier-Stunden-Schlaf-Gruppe doppelt so häufig vertreten. Bei beiden Geschlechtern wirkte sich der schlechte Schlaf auf die Alltagsaktivitäten aus.

  • 33 Prozent litten an Tagesmüdigkeit.
  • In der Gegengruppe waren es nur 15 Prozent.

Die Forscher regen an, in Obdachlosenunterkünften für mehr Platz und bessere Schlafbedingungen zu sorgen. Ausreichend Lärmschutz, wenig Licht und ein Schutzgefühl sind wichtig. Die Ausgabe von Schlaftabletten hingegen löst keine Probleme.