Wie vererbe ich richtig - Antworten auf die häufigsten Fragen

So klären Sie das Erbe bereits vor Ihrem Tod und vermeiden einen späteren Erbschaftsstreit

Von Dörte Rösler
25. September 2015

Gedanken an die eigene Endlichkeit sind unangenehm. Viele Menschen schrecken deshalb davor zurück, ihre letzten Dinge zu regeln. Dabei lässt sich der Nachlass nur nach persönlichen Wünschen aufteilen, wenn man rechtzeitig vorsorgt. Aber was ist bei einem Testament zu beachten, und wie erreiche ich, dass mein Wille sich tatsächlich durchsetzt?

Testament - ja oder nein?

Die Hemmschwelle für einen Besuch beim Notar ist hoch. Wer noch einigermaßen gesund ist, schiebt den Termin gerne auf - so, als ließe sich damit auch das unausweichliche Ende des Lebens aufschieben. Doch irgendwann ist es zu spät, und oft endet das Erbe dann im Streit. Oder das Vermögen wird so aufgeteilt, wie man es niemals wollte. Nahezu alle Menschen, die ein Testament erstellt haben, sind deshalb erleichtert, wenn das Thema endlich erledigt ist.

Sollen die Erben im Testament gleichmäßig bedacht werden, empfiehlt es sich, vorab offen zu reden.

  • Wer würde das Elternhaus gern übernehmen,
  • welche Gegenstände liegen den einzelnen Kindern besonders am Herzen?

Solche Gespräche können belastend sein, sie klären aber die Situation. Wenn Eltern und Kinder sich gemeinsam an einen Tisch setzen, reduziert das außerdem das Risiko von späterem Streit.

Wer seine Kinder oder andere Familienmitglieder unterschiedlich bedenken möchte, kann den Nachlass auch im Stillen regeln. Niemand muss sich schon zu Lebzeiten einem Erbstreit mit den Kindern aussetzen. Sinnvoll ist es allerdings, wenn man seine Entscheidungen im Testament erklärt. Auch ein beigelegter Brief kann Konflikte zwischen den Erben verhindern. Je zerstrittener eine Familie ist, desto wertvoller wird der Rat eines Notars.

Wie frei kann ich entscheiden?

Wer Vermögen hat, kann darüber frei verfügen. Das gilt zu Lebzeiten und auch nach dem Tode. Im Gegensatz zu anderen Ländern kennt Deutschland allerdings ein sogenanntes Pflichtteilrecht. Es soll verhindern, dass pflichtteilberechtigte Erben (in aller Regel Kinder, Ehepartner) am Ende leer ausgehen.

Um Streit zu verhindern, sollten Sie deshalb darauf achten, dass diese Personen ihr Pflichtteil bekommen. Sonst müssen die anderen Erben für einen finanziellen Ausgleich sorgen. Ob ein Anspruch ergänzende Zahlungen besteht, ist Thema von vielen und teuren Gerichtsverfahren.

Die Höhe des Pflichtteils beträgt 50 Prozent des gesetzlichen Erbteils. Sind einzelne Erben auf ihr Pflichtteil reduziert oder fordern ein Restpflichtteil, können sie allerdings keine konkreten Gegenstände aus dem Nachlass verlangen. Es besteht lediglich Anspruch auf Geldzahlung.

Zur Entscheidungsfreiheit gehört auch das Recht, einzelne Erben mit Auflagen zu versehen. Beispiel:

  • Sohn Peter soll das Elternhaus erben und sich dafür um meinen Hund kümmern.
  • Oder die Tochter erhält als Dank für Pflege der Eltern das Wertpapierdepot und den Familienschmuck.

Auch ein lebenslanges Wohnrecht in einer vererbten Immobilie lässt sich anordnen.

Welchen Vorteil haben Vermächtnisse?

Juristisch unterscheidet man bei einem Testament zwischen einer Teilungsanordnung und Vermächtnissen. Erstere weist den Erben einzelne Gegenstände zu, die sie sich auf ihr Erbteil anrechnen lassen müssen. Bekommt ein Erbe wertmäßig mehr als ihm rechtlich zusteht, muss er einen Anteil abgeben. Vermächtnisse gelten dagegen nicht als Teil der Erbmasse, folglich müssen die Bedachten keinen Ausgleich zahlen.

Wenn der Enkelsohn 10.000 Euro und das Auto erhalten soll, handelt es sich also um ein Vermächtnis. Auch Erben können mit einem sogenannten Vorausvermächtnis besonders bedacht werden.

Da unklare Formulierungen hier oft zu Rechtsstreit führen, sollten Sie sich beraten lassen. Auch Pflichtteilsansprüche müssen bedacht werden. Falls Auto und Bankkonto das wesentliche Vermögen des Erblassers ausmachen, haben die pflichtteilberechtigte Erben eventuell Anspruch auf finanziellen Ausgleich.

Wie können sich Ehepartner absichern?

Ehepartner können sich mit einem "Berliner Testament" gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. So ist gesichert, dass der überlebende Partner finanziell abgesichert ist. Allerdings: Die Kinder können bereits nach dem Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil verlangen.

Wer den Ehepartner vor diesem Risiko schützen möchte, sollte Pflichtteilsstrafklausel in das Testament aufnehmen. Sie besagt, dass Kinder, die beim ersten Todesfall ihr Pflichtteil fordern, beim Versterben des letzten Elternteils auch nur Anspruch auf ihren Pflichtteil haben.

Im "Berliner Testament" können Paare außerdem festlegen, was der überlebende Ehepartner mit dem Nachlass machen darf. Soll er frei über das Vermögen verfügen dürfen? Oder wollen Sie sicherstellen, das am Ende die Kinder alles erben? Dann müssen Sie die Verfügungsfreiheit des Ehepartners einschränken und Ihre Kinder als Schlusserben einsetzen.

Was ist eine Testamentsvollstreckung?

Mit einem Testament lassen sich bereits viele Konflikte vermeiden. Bei

  • komplizierten Vermögensverhältnissen oder
  • wenn die Familie zerstritten ist,

sollte man zusätzlich eine Testamentsvollstreckung anordnen. Das verhindert, dass einzelne Erben Zugriff auf das Vermögen bekommen. Stattdessen verteilt der Testamentsvollstrecker den Nachlass exakt nach Ihren Anordnungen. Wenn das Erbe erst berechnet werden muss, empfiehlt es sich, einen Anwalt oder Notar als Testamentsvollstrecker zu benennen. Ist der Nachlass übersichtlich, können Sie auch einen zuverlässigen Freund mit dieser Aufgabe betrauen.

Wie kann ich jemanden enterben?

Komplett enterben können Sie in Deutschland fast niemanden. Der Pflichtteilanspruch erlischt erst, wenn der Erbe Sie

  • massiv bedroht,
  • getäuscht oder
  • angegriffen

hat. Das Erbrecht bietet aber andere Wege, um untreuen Partnern oder undankbaren Kindern den Zugriff auf das Vermögen zu erschweren. So können Sie etwa Ihren Ehepartner als Vorerben einsetzen und die Kinder als dessen Nacherben. Das Vermögen bleibt dann für die Kinder unangetastet, der Partner darf lediglich Zinsen, Mieteinnahmen und andere Erträge nutzen.

Kann man trotz Demenz ein Testament erstellen?

Viele Menschen warten mit der Regelung ihres Nachlasses, bis sie schwer erkranken. Solange Sie geistig klar sind, können Sie einen Testament errichten. Bei einer fortgeschrittenen Demenz ist die Testierfähigkeit aber eingeschränkt. Die meisten Anfechtungen von Testamenten basieren auf dieser Frage: waren Vater oder Mutter noch in der Lage, ihren Willen angemessen zu bilden und zu bekunden?

Wer Sorge hat, dass die Erben ein Testament später anzweifeln, sollte möglichst frühzeitig einen Notar aufsuchen. Dieser prüft, ob sein Mandant testierfähig ist. Falls nötig, holt er eine ärztliche Bescheinigung ein. So gehen Sie sicher, dass Ihr letzter Wille später nicht angefochten werden kann.