Behindertenwerkstätten - Einbeziehen statt ausgrenzen

Unter einer Behindertenwerkstatt bzw. Werkstatt für behinderte Menschen versteht man eine Einrichtung, durch die Behinderten eine Teilhabe am Arbeitsleben ermöglicht wird. Dort erhalten Menschen, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem herkömmlichen Arbeitsmarkt beschäftigt sind, eine berufliche Bildung und Beschäftigung. Die Angestellten werden dabei durch Fachkräfte betreut. Lesen Sie über die Merkmale und Vorzüge von Behindertenwerkstätten.

Von Jens Hirseland

Ziel und Zweck einer Behindertenwerkstatt

In der heutigen Zeit werden Behindertenwerkstätten als Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) bezeichnet. Seit dem Jahr 2001 ist dieser Name gesetzlich verbindlich. Da man der Meinung war, dass der Begriff "Behindertenwerkstatt" die Behinderung zu sehr in den Vordergrund stellt, nahm man eine Änderung vor.

Zweck einer Werkstatt für behinderte Menschen ist es, Personen, die aufgrund einer schweren Behinderung keine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben können, zu einer angemessenen beruflichen Bildung, einer geeigneten Tätigkeit oder einem Arbeitsplatz zu verhelfen. Organisiert werden diese Einrichtungen hierzulande in der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen.

Aufgaben und Angebote

Definiert werden die Aufgaben einer Behindertenwerkstatt durch das Sozialgesetzbuch 9 sowie die WVO (Werkstättenverordnung). Darin heißt es, dass Menschen, die unter einer Behinderung leiden, ins Arbeitsleben eingegliedert werden sollen. Zu den weiteren Aufgaben gehören

  • der Erhalt
  • die Entwicklung oder
  • die Wiedergewinnung der Leistungs- und Erwerbsfähigkeit.

Darüber hinaus soll auch die Persönlichkeit der Teilnehmer weiterentwickelt werden. Außerdem wird durch spezielle Maßnahmen der Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gefördert.

Das Angebot an Ausbildungs- und Berufsbildungsplätzen sollte in einer Behindertenwerkstatt möglichst breit sein. Wichtig sind auch qualifiziertes Personal sowie ein begleitender Dienst.

Geführt wird eine Werkstatt für behinderte Menschen nach wirtschaftlichen Prinzipien. Das heißt, dass den dort Tätigen ein Entgelt für ihre Leistungen gezahlt werden muss. Außerdem müssen die Behindertenwerkstätte private oder gewerbliche Kunden zufrieden stellen, die Dienstleistungen oder Waren beziehen. Eine Werkstatt für behinderte Menschen ist also ein gut geeigneter Ort für Personen mit Behinderungen, die von der Erwerbswirtschaft abgelehnt werden, denn dort werden sie integriert und nicht ausgegrenzt.

Fachpersonal und begleitende Dienste

In einer Behindertenwerkstatt erfolgt die Betreuung der Behinderten durch Fachkräfte. Darüber hinaus stehen begleitende Dienste zur Verfügung, die bei den Förderungsmaßnahmen oder bei Konflikten behilflich sind. Dabei handelt es sich vor allem um

Manche Werkstätten bieten auch begleitende Dienste wie

an. Um eine möglichst optimale Förderung zu erreichen, teilen zahlreiche Behindertenwerkstätte ihre Bereiche nach den körperlichen, geistigen oder seelischen Eigenarten der Teilnehmer auf.

Die Kostenübernahme für die Werkstättenplätze erfolgt durch

  • die überörtlichen Sozialhilfeträger
  • die Deutsche Rentenversicherung
  • die Bundesagentur für Arbeit oder
  • die Berufsgenossenschaften.

Struktur und Organisation

Bis man in einer Behindertenwerkstatt arbeiten kann, müssen mehrere Stufen eines Maßnahmeverlaufs durchlaufen werden. Zunächst einmal wäre dies das Eingangsverfahren (EV), bei dem sich der Teilnehmer die Werkstatt das erste mal ansehen kann. Ziel ist es, herauszufinden, ob es sich bei der Einrichtung um die passende Form handelt.

Des Weiteren werden die Kompetenzen des Interessenten aufgenommen, um mögliche Arbeitsbereiche in Betracht zu ziehen bzw. andere auszuschließen. Zudem kümmert man sich um die Ziele des Bildungs- und Förderprozesses. Insgesamt kann dieses Verfahren drei Monate lang andauern. Der zuständige Rehabilitationsträger übernimmt die Finanzierung.

Es folgt der BBB, der Berufsbildungsbereich mit maximal zwei Jahren Laufzeit. Zunächst wird ein Grundkurs durchlaufen; danach folgt ein Bericht, dessen Besprechung im Fachausschuss durchgeführt wird. Ist man der Ansicht, die Leistungsfähigkeit könne weiterhin gefördert werden, kann sich um die Bewilligung des zweiten Jahres BBB gekümmert werden - dabei handelt es sich um den Aufbaukurs.

Ziele des BBBs sind

  • die Vermittlung von Fertigkeiten unterschiedlicher Schwierigkeitsstufen
  • die Stärkung des Selbstwertgefühls des Beschäftigten
  • die Förderung des Arbeits- und Sozialverhaltens
  • eine möglichst realistische Selbsteinschätzung der Fähigkeiten

In den entsprechenden Förderungen sind auch stets alle lebenspraktischen Fertigkeiten wie etwa Gesundheitspflege, Regeln, Kleidung, Verkehrserziehung usw. enthalten.

Nach Beendigung des BBB können die Beschäftigten bei entsprechendem Wunsch im Arbeitsbereich tätig werden; diese Arbeit ist unbefristet. Auch weiterhin werden sie gefördert.