Der Staat versagt beim Kinderschutz - "Deutschland misshandelt seine Kinder"

Von Melanie Ruch
31. Januar 2014

Es ist ein Thema über das niemand gerne spricht, vielleicht weil es einfach unvorstellbar und traurig ist: die Misshandlung von Kindern durch ihre eigenen Eltern. Zwei Rechtsmediziner aus Berlin, die regelmäßig Kinderleichen begutachten und feststellen müssen, dass die Kinder wahrscheinlich ihr ganzes Leben lang unter ihren Eltern leiden mussten, wollen aber nicht mehr länger wegsehen und haben daher ein Buch geschrieben, mit dem sie aufklären und das Gesehene verarbeiten wollen.

In "Deutschland misshandelt seine Kinder" schreiben die beiden Mediziner von den grausamen Bildern, die sie jeden Tag sehen müssen. Kinderleichen mit Blutergüssen, Bissspuren, schweren Verbrennungen und Narben, aber auch verhungerte und verdurstete Kinder. Ihnen zufolge sterben jede Woche durchschnittlich drei Kinder in Deutschland durch die Misshandlungen ihrer Eltern. Die Dunkelziffer ist aber wahrscheinlich noch viel höher.

Fehlende Beweise und Versagen der Verantwortlichen

Die größte Gefahr für Kinder seien nicht die fremden Menschen, auch wenn dies allen Kindern eingetrichtert werde, sondern die eigenen Eltern oder die Lebensgefährten der Eltern, so die Rechtsmediziner. Das Schlimme ist, dass der Staat in solchen Fällen beim Kinderschutz oft versagt.

Zunächst trauen sich die meisten Personen im Umfeld der betroffenen Kinder, wie Lehrer, Erzieher oder Ärzte, oft nicht ihren Verdacht zu äußern. Doch selbst wenn es zu polizeilichen Ermittlungen kommt, fehlen meist die eindeutigen Beweise für eine Verurteilung oder werden schlichtweg nicht wahrgenommen, ein Problem, dass die Mediziner in ihrem Buch ebenfalls ansprechen.

Auch Jugendamt und Jugendhilfe versagen oft und schicken Kinder zurück zu den Eltern

Fast alle Familien, in denen in den letzten Jahren Kinder an den Folgen von Misshandlungen innerhalb der Familie gestorben sind, seien von Jugendämtern oder der Jugendhilfe betreut worden, so die Buchautoren. So auch die Familie der kleinen Yagmur aus Hamburg, die im vergangenen Dezember an einem Leberriss starb, den die Schläge ihres Vaters verursacht hatten. Ärzte hatten schon bei vorigen Verletzungen des Mädchens Warnungen ausgesprochen, doch das Mädchen kam immer wieder zu ihren leiblichen Eltern zurück.

Den Autoren zufolge, liegt das vor allem am mangelnden Geld, denn die Unterbringung der Kinder bei Pflegefamilien koste weitaus mehr als die Betreuung der Kinder bei den leiblichen Eltern, kritisieren die Buchautoren.