Plötzlich Waisenkind: Wie geht es rechtlich weiter?

In Deutschland muss jeder Minderjährige einen gesetzlichen Vormund besitzen, der im Zweifelsfall amtlich ermittelt wird

Von Cornelia Scherpe
23. März 2016

Es ist immer tragisch, wenn ein Kind plötzlich seine Eltern verliert und damit zum Waisen wird. Leider tritt genau dies durch Unfälle und Krankheiten immer wieder auf. Trotz all der Trauer, müssen sich nahe Verwandte und Freunde die Frage stellen, wie es nun aus rechtlicher Sicht weitergeht. In Deutschland muss jeder Minderjährige einen gesetzlichen Vormund besitzen.

Testament und Sorgerechtsverfügung

Viele glauben auch heute noch, dass Taufpaten automatisch die Vormundschaft für das Waisenkind übernehmen, wenn beide Elternteile nicht mehr da sind. Dies ist jedoch ein Irrglaube. Nur wenn die Eltern vor dem Tod mittels Testament bestimmt haben, dass ihr Kind im Todesfall zum Taufpaten ziehen soll, gilt dies. Im Testament kann auch eine andere Person benannt werden. Gesetzlich spricht man von der Sorgerechtsverfügung.

Liegt diese nicht vor, schaltet sich das Jugendamt ein und prüft, wo das Kind am besten aufgehoben ist. Während dieses Verfahren läuft, kann das Kind bei nahen Verwandten unterkommen. Gibt es diese nicht, muss ein Heim aufgesucht werden. In beiden Fällen ist dies eine Übergangslösung, bis das schlussendliche Urteil gefällt wurde.

Faktoren für die Entscheidungsfindung

Für die Prüfung zieht das Jugendamt vier zentrale Faktoren heran:

  1. Wie alt ist das Kind?
  2. Wie sieht die persönliche Bindung zum möglichen Vormund aus?
  3. Wie ist die finanzielle Situation der möglichen Ersatzeltern? Und
  4. welcher Religion gehören sie an?

Das Waisenkind hat dabei ein klares Mitspracherecht und geäußerte Wünsche werden in die Überlegungen einbezogen. Sobald ein Waise 14 Jahre alt ist, wird ihm rechtlich die Reife unterstellt, einen vorgeschlagen Vormund auch komplett abzulehnen.

Wurde ein Vormund gefunden und das Waisenkind ist mindestens 16 Jahre alt, darf es unter Einwilligung des neuen Vormund auch in der alten Wohnung der Eltern allein wohnen. Der Vormund trägt dabei die Verantwortung, dass das Leben in geregelten Bahnen verläuft, also die Schule/Lehrstelle besucht wird und der Haushalt strukturiert ist.