Muss man seinen Eltern für alles dankbar sein?

Wenn ich mich an meine Eltern erinnere, stelle ich mir oft eine Frage: Muß man seinen Eltern eigentlich für alles dankbar sein? Meine Eltern waren der Meinung, wenn man als Kind regelmäßig warmes Essen und auch saubere Kleidung bekam und ein warmer Bett hatte, dann war das ein Grund zu Dankbarkeit. Na klar, viele Kinder haben das nicht, aber ist das bereits eine besondere Leistung von Eltern für ihre Kinder? Ich meine irgendwo nicht, denn das sind doch Grundvoraussetzungen, wenn man Kinder in die Welt setzt. Dazu muß ich noch sagen, daß Kleidung und gewisse Schulsachen (z. B. ein Kasten mit schönen Buntstiften), zu den Geburtstags-und Weihnachtsgeschenken zählten! Auch hatte meine Eltern keinerlei Verständnis dafür, daß ich mich schämte, mit einem uralten, stümperhaft lackierten Fahrrade in die Schule zu fahren. Dieses Fahrrad landete ständige vom Fahrradständer irgendwo auf dem Schulhof im Gebüsch, wofür mir natürlich die Schuld gegeben wurde, weil sich es ja nicht achten würde, was mir meine Eltern gutes mir diesem Fahrrad tun! Auch wurden meine Talente nie gefördert, meine Gesangs- und Klavierstunden habe ich selbst bezahlt, als ich in die Lehre kam. Und dann hat mein Vater noch damit angegeben, daß ich nichts von meinem Lehrgeld abgeben mußte, wovon auch, schließlich mußte ich davon dann auch noch Monatskarte und KLeidung kaufen, neben den Ausgabe für den Unterricht, was sollte ich da wohl noch viel abgeben? Aber ich war ja undankbar, obwohl das Klavier, das er mir kaufte, einen riesen Riss hatte und nicht mehr stimmbar war! Aber überall erzählen, er hätte mir ein ganz tueres Instrument spendiert. Ja, so war das bei mir zuhause und Entschuldigung für diesen Roman, aber, muß man dafür nun tatsächlich dankbar sein, oder bin ich so ein schlechter Mensch? Was meinen andere dazu, das würde mich mal interessieren?

Antworten (9)
Ach ja die Erinnerungen!

Nun denn, die Züchtigungen wurden überlebt und der zürnende Rohrstockschwinger musste auch seine letzte Ruhestätte verlassen. Schwamm drüber und die gelegentlich hochsteigende Wut für sportliche Aktivitäten verwenden.
Mich ärgert am meisten, daß ich diese Bestrafungen so einfach hingenommen habe. Meine um ein Jahr ältere Schwester hatte den Mut aufgebracht, gegen die Tyrannei etwas zu tun.
Nach einer wie üblich heftigen Bestrafungsaktion seitens unser "lieben" Mutter, lief sie einfach davon. Ja, so watscheneinfach war das und doch so wirkungsvoll.
Überall betretene Gesichter, endlose Telefongespräche, Suchaktionen und Besuche von unbekannten Personen. Gerüchte tauchten auf, daß die "Entflohene" bei entfernten Verwandten Unterschlupf gefunden habe und nie wieder nach Hause wolle.
Jedenfalls waren wir unter der Verwandtschaft ein delikates Gesprächsthema, bei dem wir Kinder die "Goschen" zu halten haben. Ein Schweigegebot also, aber insgeheim spürten wir, daß unsere Schwester die dunkle Macht besiegt hatte.
Wie dem auch seih, nach einigen Wochen zog das geflüchtete Kind, wieder in unserm trautes Heim und siehe da, die finsteren Zeiten der Züchtigungen waren vorbei. Der Schock muss doch einiges bewirkt haben bei unseren Erziehungsberechtigten.
Aus verständlichen Gründen ist dieses Thema mit einem großen tabu belegt. Sie sind im Greisenalter und wer aus der Familie will schon den Richter spielen oder Dankesworte aussprechen.
LG Thomasius

@Thomasius

Ach ja Thomasius, höchstwahrscheinlich hast Du ja recht! Nur manchmal packt mich so die Wut, wenn ich mich an bestimmte Sachen erinnere. Damit Du es besser verstehst muß ich dir zu Ergänzung noch sagen, daß vor ein paar Tagen erst das Grab von meinem Vater aufgelöst worden ist! Da kamen natürlich einige Erinnerungen in mir hoch, die lieber hätte ganz unten bleibe sollen. Aber leider kann man das nicht immer verdrängen!

Sorry für die Göre!

Na gut, kratzen wir nicht weiter in alten Wunden rum, sonst kommst du noch auf die Idee, deine Eltern mit der Vergangenheit zu konfrontieren.
Leider weiß ich nur zu gut, wie es in der Seele brodelt kann, wenn man von einem Elternteil immer wieder gezüchtigt worden ist.
Aber sollen wir wirklich in unserem Alter noch einen Psychologen aufsuchen der wieder alles aufwühlt??
Eher nein, lassen wir die verstaubten Truhen geschlossen.
LG Thomasius

@Thomasius

Ich möchte Dir vorschlaten, den Ausdruck "Göre" doch vielleicht durch Kind, junger Mensch oder Jugendlicher zu ersetzen, denn so, wie Du es schreibst, klingt es von vornherein irgendwie negativ. Außerdem, so denke ich, sollte man einem jungen Menschen doch die Möglichkeit geben, irgendwie im Leben seine Erfahrungen zu sammeln, um später im eigenen Leben auch bestehen zu können. Das manche Erfahrung in einer Tennagerschwangerschaft endet, ist natürlich leider auch richtig, kann aber auch mit mangelnder Aufklärung und Naivität zu tun haben. Und es geht ja nicht allein um Erfahrungen auf sexuellem Gebiet sondern um ganz alltägliche Dinge, vor denen meine Eltern mich zu beschützen glauben mußten!

Hallo @ Santiano!

Mit der Übertreibung magst du schon richtig liegen, aber nur so kann der Erziehungsunterschied von damals und heute plastisch dargestellt werden.
Die brutalen Erziehungsmethoden von damals möchte ich bestimmt nicht wiedereingeführt sehen, aber trotzdem bin ich für ein konsequenteres Vorgehen heutzutage.
Diese "Brennpunktschulen" sind zwar nicht repräsentativ, aber sie sind da und sie machen mir einfach Angst. Nicht zu Unrecht verzichten viele Eltern auf diese " Bildungseinrichtung" und suchen für die Kinder eine friedvolleres Ambiente.
Der Vorwurf, daß deine Eltern dich verhätschelt haben und du dadurch vieles versäumt hast, mag aus der Sicht eines Kindes verständlich sein, aber die Verantwortung für das Gedeihen der Göre, hatten schlussendlich nur die Erzeuger. Sie haben ihre Erziehungspflichten nach besten Wissen und Gewissen erfüllt und daher solltest du mit der Kritik etwas sparsam sein.
Es hätte auch anders kommen können.
Gesetzt den Fall, dein Forscherdrang hätte zu einer Schwangerschaft geführt. Im Gegensatz zu heute, hätte das für die ganze Familie eine mittlere Katastrophe bedeutet.
Aber es ist alles gut gegangen, schulterklopf' und Danke sagen.
Thomasius

Lieber Thomasius, ich glaube, daß Du da ein wenig übertreibst. Sicher liegt es an Deiner Generation, die strenge Erziehung zu verteidigen. Ich habe im nachhinein einfach das Gefühl, vieles versäumt zu haben, weil mich meine Eltern wirklich extrem verhätschelt haben! Auf der anderen Seite ist es ja nicht so, daß heute alle Jugendlichen total aus der Art schlagen, und Raufbolde und Verweigerer hat es doch auch sicherlich schon zu Deiner Zeit gegeben, oder??? Natürlich hatten damals auch die Lehrer das Recht, ihre Schüler mit Schlägen zu züchtigen, was einige doch vielleicht auch zu sehr ausgenutzt haben könnten! Natürlich kommt es leider auch vor, daß Schüler ihrern Lehrern auf der Nase rumtanzen. Aber das ist ja zum Glück auch in heutigen Zeiten noch nicht die Regel, und wenn Du Dich mal umsiehst, ist die Jugend viel besser, als oft behauptet wird. Denk mal an die vielen Freiwilligen bei der Flüchtlingsbetreuung, da sind sehr viele junge Leute dabei. Also nicht alles vereinheitlichen, bitte!

Hallo @Santiano!

Trotz dieser strengen Erziehung sollte man den Eltern zu Gute halten, daß sie sich große Sorgen gemacht haben um die freiheitsliebende Göre. Sie haben die Jungs auf Abstand gehalten und viel Energie investiert für den Erhalt der Jungfernschaft. Für die damalige Zeit ein vorbildliches Verhalten.
Die einst strenge Erziehung hat sich leider sehr stark gewandelt. Heutzutage schlagen die Kinder ihre Eltern, SchülerInnen bespucken ihre Lehrerinnen und Schulgangs moppen ihre Opfer bis zum Selbstmord. Der herbeigeholte Schulpsychologe soll nach den Attacken, mit einigen Gesprächen die Erziehungsdefizite wieder ausbügeln. Die falsch verstandene Freizügigkeit hat aus manchen Kindern aggressive Monster werden lassen.
In einigen Jahrzehnten werden die Leute sich fragen, warum denn die Erziehung damals so abtriften konnte.
Thomasius

@Thomasius

Also ich empfinde es so, daß mir einige Dinge erst sehr spät aufgegangen sind! Und eine wilde Göre war ich absolut nicht, so habe ich brav zuhause gehockt, wenn meine Klassenkameraden erste Erfahrungen in der Disco machten, denn "rumtreiben" durfte ich mich ja nicht. Als ich zum ersten mal in eine Kneipe ging, ist mir meineMutter sogar hinterhergelaufen um zu gucken, was ich da so mache, es war mega peinlich! Es ist z. B. auch so, daß ich ziemlich spät meine ersten Freund hatte. Da haben mich Bekannte gesehen, als wir uns auf der Straße küßten, "Küßchen", wie man das so macht. nichtmal wildes Geknutsche. Da fing meine Mutter sofort mit Sprüchen an wie: Ich hätte auf meinen guten Ruf zu achten und ähnlich antiquiertes Gerede. Da ich wegen dieses Freundes einen Familienurlaub verweigert habe, hat mein Vater damals 100 DM zugesetzt. Das hat er mir noch jahrelang vorgehalten, und das ist keine Übertreibung. Ich wurde wirklich auf Schritt und Tritt beobachtet. Und dann wurde bei all dem noch von meinen lieben Eltern rum- erzählt, wie gut ich es doch hätte, was ich bis heute nicht finden kann. Also, denke bitte nicht, daß ich spinne.

Hmmmmm!

Die Zeiten ändern sich sehr schnell, daher kann der Rückblick auf die eigene Kindheit schon so manch' Sonderlichkeiten offenbaren. Jetzt darüber jammern, daß die Eltern damals einiges falsch gemacht haben könnten, finde ich nicht ganz fair.
Die Eltern kamen aus ihrer Haut nicht raus und hatten auch keine Möglichkeit, mittels Medien sich nach neueren Trends umzusehen. Das Leben war hart und nur die Harten kamen in den Garten.
Außerdem wissen wir ja nicht, ob eine starke Hand deiner Erziehung überhaupt geschadet hat. Auch die damaligen Mädels konnten in der Pubertätsfase, enorme "Unruhe" in die Familie reinbringen und vielleicht warst auch du eine ganz wilde Göre.
Wenn man die Eltern fragen würde, könnte man anhand dieser Erinnerungen, sich an die Wahrheit langsam herantasten.
Egal! Jedenfalls ist die allgemeine Brutalität anzuprangern, mit der damals die Kinder erzogen wurden. Alle machten sie mit und fühlten sich im Recht. Von der hohen Geistlichkeit abwärts bis zur genervten Mutter.
Dankbar würde ich eventuell sein, wenn ich was anständiges geerbt hätte. So bleiben nur die Erinnerungen an die ungerechte Kindheit mit vielen vielen Schlägen.
Thomasius

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