Europäer sind die Erben von Reiternomaden aus Zentralasien

Forscher haben die DNA von 101 menschlichen Überresten aus der Bronzezeit in Mitteleuropa untersucht

Von Ingo Krüger
11. Juni 2015

Zu großen Veränderungen in der Geschichte der Menschheit kam es vor etwa 5000 bis 3000 Jahren, als in Europa und Zentralasien neue Keramiken, neue Bestattungsriten und Wirtschaftsweisen auftraten. Die Gründe dafür werden von Wissenschaftlern heftig diskutiert.

Nun haben Forscher von der Universität Göteborg die DNA von 101 menschlichen Überresten aus der Bronzezeit in Mitteleuropa (etwa 2200 bis 800 v. Chr.) analysiert. Dabei entdeckten sie, dass es damals zu massiven Einwanderungen durch die Jamnaja kam. Dieses Volk von Reiternomaden stammt aus Zentralasien und dem Kaukasus. Es hat erhebliche genetische Spuren in bronzezeitlichen Europäern hinterlassen.

Gesundheitlicher und kultureller Wandel

Die Jamnaja waren es deshalb vermutlich auch, die für den kulturellen Wandel und die Entstehung der mitteleuropäischen Schnurbandkeramik-Kultur verantwortlich waren. Sogar die Laktose-Toleranz der meisten Mitteleuropäer ist wohl dem Reitervolk zu verdanken.

Dank eines in unserem Darm hergestellten Enzyms, der Laktase, sind die meisten Europäer in der Lage, Milchzucker problemlos zu verdauen. Das für die Laktase zuständige Gen verbreitete sich in der europäischen Bevölkerung erst nach der Einwanderung der Jamnaja aus dem Osten aus.

Europäische Wurzeln der Sintashta-Kultur

Auch auf die rätselhafte Sintashta-Kultur im Ural übten die Jamnaja großen Einfluss aus. Sie gründeten vor etwa 4000 Jahren große Städte, fertigten ungewöhnlich kunstvolle Waffen und Schmuckstücke an und werden außerdem als die versiertesten Pferdezüchter ihrer Zeit angesehen.

Bislang hielt die Wissenschaft die Sintashta als aus Zentralasien oder Ostasien stammend. Nun bewies die Gen-Analyse, dass sie stattdessen aus einer Vorgängerkultur am Ural stammten, die genetisch europäische Wurzeln besaß - die Jamnaja.