Wattwanderungen - Merkmale, Vorbereitungstipps und lohnende Ziele

Die Gezeiten ziehen die Menschen schon seit jeher in ihren Bann. Ebbe und Flut stehen für den ewigen Kreislauf des Lebens, haben aber auch schon so manchem Wanderer das Leben gekostet. Wer immer schon einmal eine Wattwanderung machen wollte, der sollte sich seinen Wunsch nur in Form einer geführten Tour erfüllen. Wer das Wattenmeer nicht kennt, begibt sich durch die Wanderung auf dem Meeresgrund in große Gefahr. Lesen Sie über die Merkmale einer Wattwanderungen und holen Sie sich Tipps zur Vorbereitung und für lohnende Ziele.

Christian Steinfort
Von Christian Steinfort

Wattwanderungen - Generelle Merkmale

Dass Ebbe und Flut durch den Mond verursacht werden, ist den meisten Menschen bekannt. Über das Wattenmeer selbst wissen jedoch die wenigsten etwas und kaum jemand hat schon einmal selbst einen Fuß in den lebenden Schlick gesetzt.

Tatsächlich kostet es auch etwas Überwindung, das Watt zu betreten, wenn man weiß, was hier alles kreucht und fleucht. Wer sich jedoch wirklich traut, an einer Wattwanderung teilzunehmen, der wird mit allerhand neuen Erkenntnissen und einem einmaligen Erlebnis belohnt.

Das Wandern im Watt erfolgt in der Regel auf Wattwanderwegen, die sich zwischen Inseln befinden oder zu solchen hinführen. Hier finden sich teils auch Markierungen mithilfe von Buschpricken sowie Rettungsbaken, um im Falle der überraschenden Flut Schutz finden zu können.

Beim Watt, dem Grund des Meeres, welcher nur bei niedrigem Wasserstand freiliegt, kann man zwischen

  • Sandwatt
  • Schlickwatt und
  • Mischwatt

unterscheiden. Für eine Wanderung sind Misch- und Sandwatt am besten geeignet, da das Einsinken hierbei in Grenzen gehalten wird. Das Schlickwatt hingegen kann so weich sein, dass man bis zu den Knien - oder gar den Hüften - einsinkt.

In der Regel tendiert man beim Sandwatt zum Barfußlaufen, während man im Schlickwatt häufig aufgrund der Muscheln auch auf geschlossene Schuhe zurückgreift. Neben der überraschenden Flut, die unerfahrene Spaziergänger treffen kann, gilt der Seenebel als mögliche Gefahrenquelle - er kann sich negativ auf die Orientierung auswirken.

Beim Wandern im Wattenmeer sollte man stets bedenken, dass dieses unter Naturschutz steht. Somit muss man sich auch an gewisse Regeln halten, etwa, dass bestimmte Bereiche nicht betreten werden dürfen.

Natürlich mit Wattführer

Wattwanderungen werden aus gutem Grund von ausgebildeten Führern veranstaltet. Die Gezeiten sind eine grobe Naturgewalt, die der Mensch bis heute nicht unter Kontrolle hat.

Man denke dabei nur an die Hunderte von Häusern, die fast jährlich durch eine Sturmflut zerstört werden. Es empfiehlt sich also nicht, diese Laune der Natur auch noch herauszufordern.

Erfahrene Wattführer gehen kein Risiko ein und brechen eine Wanderung sofort ab, wenn die Flut sich ankündigt. Außerdem kennen sie auch das wechselhafte Wetter über dem Wattenmeer, das man ebenfalls nicht unterschätzen sollte. Solch ein Wanderführer bietet jedoch nicht nur Schutz, er weiß auch viel zu erzählen, was den ganzen Ausflug umso spannender macht.

Eine faszinierende Welt aus Schlamm

Als unbedarfter Tourist sieht man das Wattenmeer häufig als einen riesigen Haufen an Schlamm, den es zu durchwaten gibt. Kenner sehen jedoch die zahlreichen kleinen Löcher und Spuren, die durch die Tiere verursacht werden, die im Watt leben.

Ein guter Führer weiß zu vielen dieser kleinen Spuren eine kleine Geschichte und klärt seine Gäste auch über die Biologie der jeweiligen Lebewesen auf. So bekommt man Einblick in eine Welt, zu der man sonst niemals Zugang bekommen hätte.

Lernen vom Watt

Wattwanderungen dienen aber nicht nur der Unterhaltung der Teilnehmer. Sie sollen in gewissem Maße auch ein Stück Aufklärungsarbeit leisten.

Zum Beispiel sind viele Krebsarten mittlerweile vom Aussterben bedroht, da die Massenausfischung keine Gnade kennt. Als Verbraucher kennt man Krebse, Garnelen und andere Schalentiere häufig nur eingelegt aus dem Kühlregal im Supermarkt.

Hat man jedoch selbst einmal ein lebendes Exemplar dieser Art auf der Hand (mit Handschuh natürlich), so wird einem erst bewusst, dass auch diese Tiere ein Recht auf Existenz haben. Dieser Gedanke hat schon so manchen Wattwanderer dazu veranlasst, seinen Fisch das nächste Mal aus dem Biomarkt zu holen und sich so gegen die sinnlose Überfischung zu wehren, unter der eben unter anderem auch Schalentiere zu leiden haben.

Die richtige Ausrüstung für Wattwanderer

Ortskundige Führer kennen sich mit den Gezeiten aus und haben deren Rhythmus beinahe schon im Blut. Sie wissen, wann es höchste Zeit zum Umkehren ist und welche Stellen man lieber meiden sollte.

In Sachen Ausrüstung ist jedoch jeder Teilnehmer für sich selbst verantwortlich - eine Tatsache, die man keinesfalls unterschätzen sollte. Denn wer im Watt mit dem falschen Gepäck unterwegs ist, wird ziemlich schnell in die Bredouille geraten.

Paar mittleren Alters steht in Regenjacken am windigen Meer und lacht
Paar mittleren Alters steht in Regenjacken am windigen Meer und lacht

Gummistiefel, und gut ist?

Zum einen ist es ein Ammenmärchen, dass man zum Wandern im Watt unbedingt ein Paar hohe Gummistiefel braucht. Eher das Gegenteil ist der Fall: mit Gummistiefeln macht man sich das Leben nur unnötig schwer.

Durch ihre glatte Oberfläche saugen sie sich im Schlick fest, so dass dem Träger manchmal nichts anderes übrig bleibt, als seine Stiefel an Ort und Stelle stecken zu lassen. Außerdem laufen die Stiefel sofort mit Wasser voll, wenn man einen Priel durchqueren muss, was bei einer Wattwanderung ziemlich häufig vorkommt.

Auch Wander- oder Trekkingschuhe sind nicht optimal, da sie viel zu schwer sind und sich vom Schlick schnell abziehen lassen. Am empfehlenswertesten sind daher hoch geschnürte Stoffschuhe. Durch den hohen Schaft halten sie bombenfest am Fuß, sind jedoch gleichzeitig leicht und lassen sich einfach in der Waschmaschine reinigen.

Die perfekte Hose

Jeans sind zwar als die robustesten Hosen überhaupt bekannt; im Watt versagen sie jedoch kläglich. Einmal nass, werden sie nicht wieder so schnell trocken und hängen dann schwer an ihrem Träger herunter.

Am besten greift man für die Wattwanderung zu kurzen Baumwollhosen. So kann man den Schlick einfach von den Unterschenkeln abwaschen und die Hosen trocknen enorm schnell, wenn der Priel doch einmal tiefer war als gedacht.

Regenjacke ist Pflicht

Auch wenn es warm ist, sollte man immer eine dünne Regenjacke im Rucksack dabei haben. Über dem Wattenmeer kann das Wetter schnell umschlagen, so dass man für alle Eventualitäten gerüstet sein muss. In den Rucksack gehört außerdem ein Satz frischer Klamotten in Plastikfolie verpackt, falls man vorhat, durch das Watt zu einer Insel zu wandern und dort an Land zu gehen.

Junges Elternpaar mit kleinem Sohn mit Strickkleidung am Strand
Junges Elternpaar mit kleinem Sohn mit Strickkleidung am Strand

Wattwandern in Deutschland - tolle Strecken, Orte und Routen

Das Wattenmeer ermöglichst es dem geneigten Wanderer, auf dem Grund des Meeresbodens zu spazieren, ohne dabei eine Sauerstoffflasche tragen zu müssen. Wenn die Flut einsetzt, ist es jedoch höchste Zeit, an Land zurückzukehren.

Grundsätzlich sollte man ohne ausgebildeten Führer nie zu tief ins Watt eindringen, man bringt damit nicht nur sich selbst, sondern auch das Ökosystem Watt damit in Gefahr. Erkunden des Wattenmeers in der Nähe des Strandes ist aber davon zwar nicht betroffen, richtig Spaß an der Sache bekommt jedoch erst bei einer richtigen Wanderung.

Generelle Hinweise zum Wattwandern

Routen und Ziele gibt es zuhauf, nicht selten hat man daher die Qual der Wahl, welche Strecke man sich nun vornimmt. Besonders passionierte Wanderer neigen jedoch dazu, sich Routen auszusuchen, die was die Kilometer angeht genauso lang sind wie ihre üblichen Wanderwege.

Sie vergessen dabei, dass Wandern im Watt etwas ganz anderes ist als auf dem Festland. Selbst an verhältnismäßig trockenen Stellen sinkt man sehr tief mit den Schuhen ein, jeder Schritt bedeutet im Watt eine große Anstrengung.

Noch kräftezehrender wird es, wenn man bis zu den Knien in einem Priel versinkt, dann ist echte Muskelarbeit gefragt. Man sollte sich daher nicht zu viel vornehmen und erst einmal sehen, wie man mit dem ungewohnten Element zurechtkommt.

Wer mit Kindern unterwegs ist, sollte noch einmal eine Extraportion Vorsicht walten lassen. Die Kleinen haben es noch viel schwerer als die Erwachsenen bei der Fortbewegung im Watt, außerdem werden sie bei Nässe und Kälte schnell quengelig. Eine kürzere Route trägt dazu bei, den Familiensegen in der Horizontalen zu halten.

Drei bis vier Stunden sollte man für eine richtige Wanderung auf jeden Fall einplanen. Schließlich möchte man auch ein attraktives Ziel haben und nicht etwa nur sinnlos durch das Watt spazieren.

Leuchtturm in List auf der Insel Sylt bei Sonnenaufgang
Leuchtturm in List auf der Insel Sylt bei Sonnenaufgang

Beliebte Ziele fürs Wattwandern

Ein besonders schönes Ausflugsziel ist zum Beispiel die Insel Spiekeroog. Die Wanderung dauert vom Festland aus etwa vier Stunden, man legt währenddessen etwa neun Kilometer zurück.

Belohnt wird man für diese Strapazen mit einer unglaublich idyllischen Atmosphäre und dem Blick auf saftige, gesunde Wiesen, wie man sie auf dem Festland nur noch selten findet. Hat man es erst einmal bis nach Spiekeroog geschafft, so lohnen sich ein paar Zusatzkilometer in eines der naheliegenden Dörfchen.

Weitere lohnende Ziele sind zum Beispiel Baltrum und Norderney. Hier wird man auf Wunsch auch traditionell verpflegt, eine Wattwanderung ist schließlich ein kräftezehrendes Erlebnis.

Allerdings sollte man hierbei nicht vergessen, frische Kleidung in einer verschlossenen Plastiktüte mitzubringen. Kein Wirt ist erpicht darauf, das Watt direkt in seiner Gaststube zu haben.

Zu den weiteren bekannten Wattwanderwegen zählen

  • ein acht Kilometer langer Weg zwischen Amrum und Föhr
  • einige Wege zwischen Dagebüll und Oland sowie Langeneß
  • von Duhnen und Sahlenburg zur Insel Neuwerk
  • von Neuwerk nach Scharhörn
  • ein Weg zum Arngaster Leuchtturm
  • zu den Ostfriesischen Inseln Minsener Oog, Norderney und Baltrum
  • Wege zu Rottumeroog, Simonszand, Engelsmanplaat und Ameland
  • ein sieben Kilometer langer Weg von Genêts zum Mont-Saint-Michel