Von Cuxhaven zur Insel Neuwerk - mit der Kutsche durch Wind und Watt

Die erlebnisreichen Wattfahrten nach Neuwerk haben eine lange Tradition und begeistern die ganze Familie

Von Dörte Rösler
1. Oktober 2015

Ein Stadtspaziergang in Hamburg kann nass und kalt werden. Besonders, wenn es den Wanderer zum Außenposten der Hansestadt zieht: die Nordseeinsel Neuwerk, rund zehn Kilometer vor der Küste in der Elbmündung gelegen, diente den hanseatischen Kaufleuten schon im 13. Jahrhundert als Bastion zum Schutz vor Piraten.

Heute lockt das zum Bezirk Hamburg Mitte gehörige Eiland vor allem Urlauber und Zugvögel. Am bequemsten ist die Anreise mit einer Kutsche von Cuxhaven - quer über das Watt.

Hoch auf dem gelben Wagen

Die Wattfahrten nach Neuwerk haben eine lange Tradition. Einen festen Fahrplan gibt es aber - wie bei allen Wattausflügen - nicht. Kutscher und Pferde müssen sich nach den Gezeiten richten. Bei Beginn der Ebbe startet ein Treck aus gelben Wagen Richtung Horizont, gezogen von polnischen Kaltblütern, denen auch die tiefen Priele nichts ausmachen. Wenn der Wind das Wasser Richtung Küste treibt, steht es den Pferden gelegentlich bis zum Bauch.

Rund eine Stunde dauert die Fahrt über den beigebraunen Meeresgrund, vorbei an Silbermöwen, die auf den Sandbänken ihre Muscheln knacken. Damit die Kutscher nicht vom sichern Weg abkommen, ist die Strecke durch Pricken markiert - Bündel aus Reisig, die im Boden stecken.

Wer gut zu Fuß ist, kann die zehn Kilometer lange Strecke von Cuxhaven-Sahlenburg auch auf eigene Faust in Angriff nehmen. Rund zweieinhalb bis drei Stunden sind Wanderer unterwegs, immer auf den Spuren der Pferde. Wenn überraschend die Tide ansteigt, bieten mehrere Rettungsbaken sichere Zuflucht. In acht Metern Höhe müssen die Wanderer dann abwarten, bis ein Schiff sie abholt oder die nächste Ebbe einsetzt.

Neuwerk - Lug ins Land

Von der Küste lässt sich die Insel Neuwerk kaum erahnen. Je näher Wanderer oder Kutsch-Gäste kommen, desto deutlicher nehmen aber die Umrisse des Eilands Form an. Buchstäbliches Highlight ist ein 39 Meter hoher Backsteinturm, das Wahrzeichen von Neuwerk und zugleich das älteste Bauwerk Hamburgs.

Wer die 138 Stufen des mächtigen Gebäudes erklimmt, hat einen Panoramablick über das Watt die nur drei Quadratkilometer große Insel. Zur Stärkung gibt es im Gasthaus Eiergrog.

Naturschauspiel im Herbst

Der Wind über der Nordsee kann frisch werden, von Anfang November bis Ostern bleiben die gelben Wattwagen deshalb auf dem Festland. Besonders im Frühjahr und Herbst bietet sich Tagesausflüglern über dem Watt aber ein beeindruckendes Schauspiel: Tausende Zugvögel machen auf ihrem Weg von Grönland und Sibirien hier Rast. Die sattgrünen Wiesen auf Neuwerk verwandeln sich dann ein Meer aus bunten Federn.

Tipp: Wer die Vogelwelt unter fachkundiger Leitung entdecken möchte, kann im Mai und Oktober spezielle Touren buchen.