Vorschule - Lerninhalte, Vor- und Nachteile und Tipps zur Wahl

Der deutsche Arbeitsmarkt verlangt immer mehr nach jungen, qualifizierten Arbeitnehmern, die möglichst schnell in den Beruf einsteigen sollen. Der Bologna-Prozess an den Universitäten und Fachhochschulen kommt diesem Verlangen bereits entgegen. Aber auch in viel früheren Bildungsphasen zieht dieser wirtschaftliche Druck schon Veränderungen nach sich. Deshalb bieten immer mehr Kindergärten auch Vorschulunterricht an, ein Programm, das man bis vor wenigen Jahren nur aus dem Ausland kannte. Informieren Sie sich über das Prinzip und die Vor- und Nachteile einer Vorschule.

Britta Josten
Von Britta Josten

Vorschule: Prinzip und Merkmale

Bei der Vorschule handelt es sich um die Erziehung eines Kindes vor Schuleintritt. Dabei kann es sich um eine spezielle Einrichtung oder um das Vorschulprogramm eines Kindergartens handeln, welches im letzten Jahr vor dem Übergang zur Grundschule angeboten wird. Ziel ist es, den Nachwuchs auf die schulischen Leistungen vorzubereiten und mögliche Benachteiligungen aufgrund einer unterschiedlichen Herkunft abzubauen.

Die Vorschule ist nur noch in wenigen Bundesländern, wie zum Beispiel Hamburg, eine eigene Schulform. In den meisten anderen Teilen Deutschlands wird das letzte Kindergartenjahr als Vorschule bezeichnet, sofern hier spezielle Vorkehrungen getroffen werden, um die Kinder auf die Einschulung vorzubereiten. Manche Kindergärten lehnen dieses Programm jedoch auch ab und bereiten ihre Schützlinge lieber weiterhin spielerisch auf die Grundschule vor.

Das größte Problem an Schule ist, dass die Schere zwischen starken und schwachen Schülern teilweise sehr weit auseinander geht. Besonders in der Grundschule führt dies oft zu Problemen; die weiterführenden Schulen gliedern sich dann nach Leistungsniveaus auseinander, so dass die Streuung nicht mehr ganz so stark ist.

Grundschullehrer sind also stets damit beschäftigt, ihre leistungsstarken Schüler so gut wie möglich zu fördern und gleichzeitig darauf zu achten, dass die eher langsamen Kandidaten dabei nicht auf der Strecke bleiben. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass diese Zerreißprobe manchmal nicht ganz so glücklich ausgeht.

Lerninhalte

Aus diesem Grund wird das System der Vorschule immer beliebter. Hier bekommen besonders die schwächeren Kinder die Aufmerksamkeit, die sie benötigen. Die Erzieher sind stets darauf bedacht, Unterschiede auf dem Leistungsniveau auszugleichen und Wissenslücken zu stopfen.

Einen bestimmten Lehrplan gibt es für die Vorschule nicht. Es wird lediglich an den Voraussetzungen für die Einschulung gearbeitet, was zum Beispiel

  • flüssiges Sprechen
  • Zählen im unteren Bereich und
  • die Kenntnis von alltäglichen Abläufen und Dingen

mit umfasst.

Lehrende Funktion der Vorschule

In der Vorschule wird spielerisch und ohne Druck gelernt
In der Vorschule wird spielerisch und ohne Druck gelernt

Da die Kinder das Umfeld im Kindergarten gewöhnt sind und noch nicht den schulischen Druck zu spüren bekommen, können sie entspannt und ohne Angst lernen.

  • So ist es keine Seltenheit, dass aus einem eher durchschnittlich begabten Kind in der Vorschule plötzlich ein kleiner Spitzenreiter hervorgeht.
  • ABC-Schützen, die sowieso schon überdurchschnittliche Leistungen zeigen, werden durch die Vorschule vermehrt gefordert und beginnen so gar nicht erst, Schule als langweilig zu empfinden.

Soziale Funktion der Vorschule

Vorschulen sollen jedoch auch soziale Unterschiede ausgleichen. So können sie beispielsweise Imigrantenkindern helfen, sich in die Gruppe zu integrieren und Sprachbarrieren zu überwinden.

Das gilt auch für deutsche Kinder, die noch Probleme mit der Artikulation haben. In der Vorschule hat jedes Kind die Chance, seine eigenen Defizite auszugleichen, wodurch die Spannbreite an Leistungsunterschieden deutlich gemindert wird.

Die Vor- und Nachteile

Traditionell ist der Kindergarten dazu gedacht, die Eltern zu entlasten und ihnen die Möglichkeit zu geben, frühzeitig in den Beruf zurückzukehren. Gleichzeitig kommt der Nachwuchs mit anderen Kindern zusammen, erlernt soziale Kompetenzen und kann so seine Persönlichkeit auch außerhalb des familiären Umfeldes formen.

Von Leistung und Lernen im schulischen Sinne hatte der Kindergarten bislang noch kaum etwas. Die Kinder lernten lediglich zeichnen, malen und sich an Regeln anzupassen. Auch Respekt vor fremdem Eigentum und Autoritäten stand auf dem "Lehrplan".

Neuerdings gibt es jedoch immer mehr Kindergärten, die den Kindern, die im nächsten Jahr eingeschult werden sollen, eine ganz besondere Behandlung zukommen lässt. Die Kinder lernen zum ersten Mal, was es heißt, sich ruhig an einen Tisch zu setzen und ihre gesamte Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Aufgabe zu richten.

Zwar sind die gestellten Aufgaben nicht sonderlich schwer, die Erzieher können jedoch während dieses Vorschuljahres schnell erkennen, welche Kinder bedenkenlos eingeschult werden können und welche noch ein Jahr länger brauchen.

Vorteile

Das große Plus an der Vorschule liegt auf der Hand: Eltern wissen schon vor der Einschulung, ob sich ihr Kind auf der Grundschule zurecht finden wird und ersparen ihm so eventuell einen zermürbenden Rücktritt in den Kindergarten.

Schon die Kleinsten spüren, wenn sie den Erwartungen nicht gerecht werden und schämen sich dafür. Bei sensiblen Kindern kann auf diese Weise eine ausgeprägte Schulangst entstehen. Der Besuch einer Vorschule kann dies verhindern.

Des Weiteren ist es natürlich auch von Vorteil, wenn ein ABC-Schütze schon vor seinem ersten Schultag ruhig und gewissenhaft arbeiten kann. Kinder, die von Anfang an still sitzen und aufmerksam zuhören, fallen den Lehrern meist sofort positiv auf und werden auch dementsprechend wohlwollend behandelt.

Nachteile

Allerdings sollte man sich gut überlegen, ob man seinem Kind nicht vielleicht lieber noch ein Jahr Unbeschwertheit schenken möchte. Kindheit ist in Zeiten des schulischen und beruflichen Drucks ein kostbares Gut geworden, weshalb man es nicht einfach bedenkenlos wegwerfen sollte.

Tipps zur Wahl der richtigen Vorschule

Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren sind noch besonders formbar und damit auch beeinflussbar. Die Erziehung und Ausbildung, die sie in dieser Zeit genießen, bildet das Fundament für ihr gesamtes späteres Leben.

Eltern sollten daher mit der Wahl der Vorschule beziehungsweise des Kindergartens sehr bedächtig vorgehen. Die jeweilige Einrichtung sollte auf die Persönlichkeit des Kindes abgestimmt sein und ihm möglichst viel Raum zur freien Entfaltung geben.

Vorschulen als eigene Einrichtungen gibt es lange nicht in allen Bundesländern. Bis auf Hamburg und einige wenige andere bieten die wenigsten Länder eine solche Institution an. Gängiger ist es, dass die Kindergärten bestimmte Vorschulprogramme anbieten.

Die Schützlinge gehen hier ganz normal in den Kindergarten und werden speziell gefördert und unterrichtet, sobald das letzte Jahr vor der Einschulung angebrochen ist. Das hat den Vorteil, dass die Kleinen die Umstellung kaum mitbekommen und in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können.

Die Vorschulen sind oftmals in den Kindergärten integriert
Die Vorschulen sind oftmals in den Kindergärten integriert

Vorschularten

Leistung

Hat man als Elternteil die Möglichkeit, sein Kind auf eine richtige Vorschule zu schicken, so sollte man sich genau danach erkundigen, welcher Philosophie die jeweilige Einrichtung folgt. So gibt es beispielsweise viele Vorschulen, die den Kindern schon sehr viel abverlangen, damit sie gleich als Spitzenreiter in der Grundschule durchstarten können. Die Kindheit kommt jedoch niemals wieder, weshalb man sich wirklich überlegen sollte, ob man seinen Nachwuchs solch einem Drill aussetzen möchte.

Religion

Andere Vorschulen wiederum haben eine bestimmte, meist religiöse Gesinnung. Besonders für staatliche getragene Einrichtung ist das keine Seltenheit und auch nicht weiter bedenklich.

Misstrauisch sollte man jedoch dann werden, wenn die Kinder in der Vorschule zum Glauben "verführt" werden. Auch wenn man selbst sehr gläubig ist, sollte man seinen Kindern doch selbst überlassen, ob sie diesen Glauben selbst annehmen möchten oder nicht. Im Vorschulalter ist ein junger Mensch jedoch derart beeinflussbar, dass er diese Entscheidung noch nicht selbst treffen kann.

Programme und Merkmale einer guten Vorschule

Gibt es im jeweiligen Bundesland keine Vorschule, so fragt man am besten bei den örtlichen Kindergärten nach, ob diese eine spezielles Vorschulprogramm anbieten. Eine gute Vorschule bereitet die Kinder sanft und spielerisch auf die Einschulung vor.

Beispielsweise wird das Zählen bis zehn gelernt, alltägliche Dinge wie Autos und Umwelt werden besprochen und manch einer lernt sogar schon seinen Namen zu schreiben. Dabei wird jedoch nie vergessen, dass es sich um Kinder handelt, die in erster Linie spielen und ihre Kindheit geborgen und behütet genießen sollen.

Das Kind zuhause unterstützen

Um Kinder auf die Schule vorzubereiten, können Eltern aber auch zuhause eine Menge tun - auf spielerische Art und Weise. Selbstständigkeit können die Kleinen beispielsweise erlernen, indem sie

  • bei einem Freund bzw. einer Freundin übernachten dürfen
  • beim gemeinsamen Gang zum Bäcker die Bestellung aufgeben oder
  • eine halbe Stunde allein zuhause bleiben.

Des Weiteren kann man die Geduld des Kindes trainieren. Dies geht in vielen alltäglichen Situationen, so etwa beim Warten im Wartezimmer, auf den Bus oder in der Schlange an der Kasse.

Leistungsbereitschaft lässt sich schulen, indem man dem Nachwuchs hin und wieder kleine Aufgaben zuteilt, wie etwa das Füttern der Katze oder das Wegräumen der Spielsachen. Wichtig ist auch, mit Misserfolgen umgehen zu können. Zu diesem Zweck kann man Gesellschaftsspiele spielen oder das Kind bem Wettlauf abhängen. Entscheidend ist, es zu ermutigen, nicht aufzugeben.

Mit dem Stillsitzen, was in zukünftiger Zeit von den Kindern gefordert wird, haben viele die größten Probleme. Um sie darauf vorzubereiten, helfen kleine Beschäftigungen, wie etwa das Malen, Basteln, Kneten oder Puzzeln - auch die Geduld wird hierbei erneut geschult.

Wenn ein Kind seine Gefühle äußern kann, kann man als Elternteil schneller erfahren, wenn es sich in der Schule mal nicht wohlfühlt, ebenso natürlich, was ihm daran besonders gefällt. Doch nicht jedem Sprössling fällt es leicht, darüber zu sprechen. Durch entsprechende Fragen in verschiedenen Situationen kann man sein Kind darin bestärken.

Wichtig ist auch die Fähigkeit, eine begonnene Aufgabe zuende zu bringen. Zu diesem Zweck kann es helfen, die Aufgaben, die man dem Nachwuchs erteilt, in deren Anforderungen zu steigern. Übertreiben sollte man hierbei - sowie in allen Punkten - natürlich nicht. In diesem Alter sollte das Lernen spielerisch und ohne Druck erfolgen.