Medikamententester - Schnelles Geld oder hohes Risiko?

Bevor ein Medikament auf dem Arzneimittelmarkt zugelassen wird, muss es ausreichend getestet werden. Dabei greift man auf freiwillige Medikamententester zurück. Klinische Studien sind notwendig, um herauszufinden, ob bestimmte Medikamente bereits so hoch entwickelt sind, dass sie bedenkenlos auf den Markt gebracht werden können. Das beinhaltet nicht nur, dass die Präparate dem gewünschten Zweck entsprechend wirken, auch die Nebenwirkungen müssen soweit unter Kontrolle sein, dass sie dem Patienten keinen ernsthaften Schaden zufügen.

Von Jens Hirseland

Klinische Studien

Bevor ein bestimmtes Humanarzneimittel zugelassen wird und auf den Markt gelangt, muss es in klinischen Studien an Menschen getestet werden. Dabei werden

  • die Aufnahme des Medikaments
  • seine qualitative Wirkung und
  • mögliche Nebenwirkungen

überprüft. Zu diesem Zweck greift man auf einen kleinen Kreis von freiwilligen und gesunden Testpersonen zurück. Dabei handelt es sich zumeist um ca. zehn bis fünfzig Probanden.

Begrifflichkeiten

Unter Probanden versteht man Personen, die sich auf freiwilliger Basis neue oder verbesserte Arzneimittel unter ärztlicher Aufsicht verabreichen lassen. Bei einem solchen Medikamententest analysiert man die verabreichte Substanz und ihre Wirkung auf den Menschen. Klinische Studien, bei denen ein Medikament erstmals an Menschen getestet wird, bezeichnet man als Phase-I-Studien.

Nutzen

Klinische Studien werden durchgeführt, um Medikamente auf den Markt bringen zu können, die eine erfolgreiche Behandlung von Erkrankungen ermöglichen. Für die Forschung bedeutet dies, dass sie durch die Mitarbeit von Probanden die Unterstützung erhält, die nötig ist, um eine schnellstmögliche Heilung anzustreben. Für die Pharma-Unternehmen liegt durch die Einführung eines neuen Medikaments auch ein Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten vor.

Für kranke Probanden kann die Teilnahme als Medikamententester bedeuten, dass sie schon lange, bevor das Mittel als gängiges Medikament der Schulmedizin auf den Markt kommt, die Möglichkeit der Heilung haben. Generell sind auf diesem Weg mehrere Behandlungsoptionen verfügbar.

Für gesunde Probanden spielt neben der Möglichkeit, die Forschung und die Pharma-Unternehmen unterstützen zu können, das Nebeneinkommen eine bedeutende Rolle. Verglichen damit sind die Nebenwirkungen sowie die Risiken, die während einer solchen Studie auftreten können, gering.

Die Wahl der Probanden

Da die Freigabe eines bestimmten Medikaments erst nach gründlichen Tests erfolgen kann, suchen Pharmaunternehmen fortwährend nach geeigneten Medikamententestern. In der Regel wird dabei auf gesunde junge Männer im Alter zwischen 18 und 35 Jahren zurückgegriffen, da diese als weniger anfällig für Nebenwirkungen gelten.

Auf Frauen als Testpersonen wird hingegen oftmals verzichtet, um mögliche Schädigungen von Embryos bei unerkannten Schwangerschaften zu vermeiden. Mediziner kritisieren jedoch, dass Frauen auf bestimmte Wirkstoffe anders reagieren als Männer, was an den Hormonen und der unterschiedlichen Verteilung des Körperfetts liegt.

Ebenso wird beanstandet, dass die Pharmaunternehmen auf Testpersonen zurückgreifen, die dazu neigen, Nebenwirkungen herunterzuspielen, damit eine schnellere Zulassung des Präparats erreicht wird. Dies führe aber häufig dazu, dass bei jedem fünften Medikament eine Nachbesserung erforderlich sei.

Zudem gibt es Studien, für die Menschen mit bestimmten Grunderkrankungen gesucht werden, um beispielsweise zu sehen, wie ein neues Medikament wirkt. Dabei kann es sich um Erkrankungen wie

handeln.

Bezahlung

Finanziell kann die Teilnahme an einer klinischen Studie als Medikamententester durchaus lukrativ sein. Je nach Testaufwand und Risiko sind zwischen 200 und 1.000 Euro pro Studientag im Bereich des Möglichen. Schätzungsweise 6.000 bis 10.000 Bundesbürger nehmen pro Jahr an einem Medikamententest teil.

Dabei muss zwischen ambulanten und stationären Tests unterschieden werden, denn diese haben Auswirkungen auf die Höhe der Vergütung. In beiden Fällen nimmt der Proband über einen bestimmten Zeitraum eine festgelegte Dosis eines Wirkstoffs ein.

Während man bei einem stationären Test in dem ausführenden Institut bleiben muss, darf man bei ambulanten Tests abgesehen von der Medikamenteneinnahme zuhause bleiben und seinem normalen Alltag nachgehen. Der stationäre Aufenthalt ist somit deutlich aufwendiger, sodass auch mehr gezahlt wird.

Andererseits kann an ambulanten Tests oftmals auch neben dem herkömmlichen Job teilgenommen werden. Möglich ist auch die Teilnahme an nur einem Tag - zum Beispiel am Wochenende - etwa, wenn es darum geht, die Nebenwirkungen eines Medikaments zu erforschen.

Risiken

Die Risiken bei einem Arzneimitteltest gelten als relativ gering. Vor dem Test erfolgt eine gründliche Untersuchung des Probanden. Dieser wird zudem über mögliche Gesundheitsrisiken aufgeklärt.

Des Weiteren findet während der Studie eine ständige medizinische Kontrolle statt. Für die Dauer der Studie erhält der Medikamententester eine so genannte Probandenversicherung, sodass der Versicherungsschutz gewährleistet ist.

Sollte es somit zu Nebenwirkungen kommen, die eine ärztlichen Behandlung notwendig machen, so werden die Kosten von den Studienanbietern übernommen. Nebenwirkungen, die bei einem Medikamententest auftreten, werden jedoch generell als gering eingestuft.

Trotz allem wird empfohlen, sich nur für Studien zur Verfügung zu stellen, bei denen kein Risiko besteht. Bevor man einem Test zusagt, sollte man sich zudem erst einmal mit seinem Hausarzt beraten.

Bestehen Zweifel, ist es besser, auf den Medikamententest zu verzichten. Seriöse Studienanbieter legen viel Wert auf eine ausführliche Aufklärung sowie den besagten Versicherungsschutz. Vor Beginn der Studie sollten seitens des Patienten keine offenen Fragen bestehen.

Wer sich für den Test eines Medikaments anmelden möchte, sollte sich zuvor - bestenfalls gemeinsam mit einem Experten - über den Wirkstoff und mögliche Nebenwirkungen informieren, sofern es dazu bereits Informationen gibt. Besonders dubiose Anbieter im Internet sollte man meiden, besonders, wenn man anderweitig keinerlei seriöse Angaben über diese vorfindet.

Wissenswertes zur Durchführung einer Studie

Teilnahmevoraussetzungen

Während die Patienten meist durch den behandelnden Arzt für eine bestimmte Studie vorgeschlagen werden, müssen sich die gesunden Probanden selbst anmelden beziehungsweise bewerben. Zur Teilnahme eingeladen wird nämlich nur, wer körperlich absolut fit ist, nicht raucht oder trinkt und keine anderen Medikamente parallel zu sich nimmt.

Es erfolgt eine Voruntersuchung, um den allgemeinen Gesundheitszustand des Probanden zu ermitteln und zu sehen, ob er sich tatsächlich für den Medikamententest eignet. Werden gesunde Probanden gesucht, so sollten diese auch dementsprechend alle Kriterien erfüllen und keinerlei gesundheitliche Schwächen aufweisen. Zudem spielt auch die Anamnese bezüglich früherer Krankheiten eine Rolle.

Langzeitstudien

Ein Präparat wirkt selten von heute auf morgen, weshalb die Testeilnehmer über einen längeren Zeitraum unter ärztlicher Beobachtung stehen müssen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass der Proband die Wirkung des Medikaments nicht durch eine falsche Lebensweise beeinflusst. Aus diesen Gründen werden die meisten Medikamentenstudien in einer Klinik durchgeführt, so dass das Personal stets ein wachsames Auge auf die Teilnehmer hat.

Zuordnungen

Bevor die Studie jedoch effektiv starten kann, müssen die Probanden verschiedenen Versuchsgruppen zugeordnet werden. Um zu sehen, ob das Präparat auch tatsächlich wirkt und die Erkrankung nicht von selbst ausgeheilt ist, gibt es eine so genannte Kontrollgruppe, die statt des Medikaments ein Placebo erhält.

Der behandelnde Arzt und das Pflegepersonal dürfen nicht wissen, welcher Gruppe der Patient angehört, ebenso wenig wie der Teilnehmer selbst. Nur so kann verhindert werden, dass das Ergebnis durch die Beteiligten bewusst oder unbewusst verfälscht wird.

Ergebnisse

Nach Beendigung der Studie werden alle Teilnehmer noch einmal eingehend ärztlich untersucht, um festzustellen, ob sich ihr Gesundheitszustand verbessert hat, beziehungsweise, welche Nebenwirkungen aufgetreten sind. Um diese Abschlussuntersuchung zu unterstützen, müssen die Probanden häufig ein Tagebuch führen, in dem sie ihr tägliches Befinden notieren. Anhand der Unterschiede zwischen Experimental- und Kontrollgruppe lässt sich anschließend feststellen, ob das Präparat tatsächlich die gewünschte Wirkung zeigt.