Umdenken in der Wissenschaft: Das Lernverhalten des Menschen ist offenbar kulturell geprägt

Studie zeigt, dass soziales Lernen und das Lernen durch eigene Kreativität eindeutig kulturell geprägt sind

Von Cornelia Scherpe
12. November 2014

Bisher herrscht die Meinung vor, dass die Lernfähigkeit durch Abgucken dem Menschen in den Genen liegt. Man spricht vom "sozialen Lernen", da wir Fähigkeiten von anderen Menschen einfach abschauen und uns aneignen.

Kultureller Backround

Der Gedanke, dass diese Lernform der Spezies Mensch durch die Gene in der Wiege liegt, ist aber offenbar falsch. Vielmehr kommt es auf die kulturellen Hintergründe an, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Man arbeitete mit 70 Briten, 70 Festland-Chinesen, 70 Chinesen aus Hongkong und 70 in Großbritannien lebenden Menschen mit chinesischen Wurzeln. Alle sollten am Computer eine digitale Pfeilspitze entwerfen, um damit auf die Jagd zu gehen.

Nach dem Abschluss des Entwurfs erhielt jeder Teilnehmer ein Feedback über die Qualität der Pfeilspitze und wie viel Kalorien er in der Realität damit erjagt hätte.

Neuentwurf oder Abgucken?

Nach diesem ersten Durchgang wurde jedem Probanden frei gestellt, ob er im zweiten Durchlauf erneut eine eigene Pfeilspitze kreieren wolle, oder aber die Ergebnisse eines Mitstreiters übernehmen möchte. Dabei durften die Teilnehmer vorab zwar nicht den fremden Pfeil sehen, aber wie viele Kalorien das andere Modell eingebracht hatte.

Insgesamt wurden 30 Durchläufe absolviert. Das Ergebnis war sehr eindeutig: chinesische Probanden vom Festland entschieden sich doppelt so oft wie britische Teilnehmer für das Abgucken. Die britischen Einwohner mit chinesischen Wurzeln fielen dagegen ebenso wie Hongkong-Chinesen mit der britische Gruppe zusammen.

Keine genetische Vorprogrammierung

Dadurch zeigt sich deutlich, dass soziales Lernen und das Lernen durch eigene Kreativität eindeutig kulturell geprägt sind. Wer eher westlich geprägt ist, übernimmt die Lernstrategie des Selbstversuchs, während östliche Kulturen verstärkt auf das Auswendiglernen von Wissen geprägt sind. Eine genetische Vorprogrammierung gibt es jedoch nicht.