Zeitarbeit/Leiharbeit. Hier ein Erfahrungsbericht von mir

Dies ist ein Erfahrungsbericht damit Ihr euch ein Bild über die Zeitarbeit machen könnt. Es soll kein Klagelied sein ich will auch kein Mitleid. Ich möchte nur anhand von persönlichen Erlebnissen schildern wie es euch als Zeitarbeiter ergehen wird.

So fing alles an:

„Das Stellenangebot hört sich doch prima an mach das“ (der gute Rat von Freunden)

Nun arbeite ich seit einem Jahr als Zeitarbeiter bei der ... Truppe. Die haben da viele Namen, die sich auch ab und zu mal ändern aber nur eine Telefon Nummer und Adresse und heißen tun sie auch noch alle gleich (die Mitarbeiter).
Ich muss sagen die Bilanz fällt vernichtend aus. Mein Stundenlohn ist mit knapp 9, - Eur schon einer der höchsten da und was soll ich sagen mein Konto ist überzogen, mein Auto dringend reparaturbedürftig.
Dafür ist aber mein Stundenkonto mit über hundert Stunden voll.
Die Wege zu den Einsatzorten sind sehr weit. Der Tankwart freut sich immer riesig wenn er mich sieht. Der macht wahrscheinlich den rest des Tages frei wenn ich da war.
Ich muss vor Ort in einer Unterkunft übernachten die ist mies Nichteinmahl gut beheizt (max. 18 Grad) ein richtiges Bett steht auch nicht drin und ich muss vor Ort in bar bezahlen.
Ich hatte in dem Jahr 4 verschiedene Einsätze und es war immer der gleiche Mist.
Nicht das ich zum Einsatzort mehrere Hundert Kilometer fahren musste nein auch die Unterkünfte vor Ort sind dann auch wieder weit weg vom Arbeitsplatz, hatte schon 70 km die ich jeden Tag zusätzlich fahren musste.
Zurzeit fallen für Unterkunft und Benzin im Monat 700, - Eur an. Das Geld bekomme ich erstattet nur wird allzu häufig vergessen zu überweisen. Das kommt dann mit dem Lohn so ca. nach 7 Wochen. (Darum heißen die wohl auch 7S)
Versicherung, Steuern und HU/AU für Auto fallen die Tage an und bevor ich völlig ruiniert bin werde ich definitiv kündigen.

Als Zeitarbeiter ist man für Unternehmen eine recht teure Arbeitskraft. Da fragt man sich warum holt sich ein Unternehmen Zeitarbeiter?
Es ist ganz einfach die Unternehmen wollen keine soziale Verantwortung für die Menschen übernehmen. Ich brauche als Unternehmen mich nicht mit Urlaub oder Krankheit rumärgern,
es gibt fast keine unproduktiven Zeiten die das Unternehmen bei Auftragsmangel bezahlen muss. Die Leute werden bestellt wenn Arbeit da ist und wenn nicht dann ab nach hause.
Der Zeitarbeiter ist auch nicht aufsässig, dem braucht man nur sagen mach das oder zisch ab.

Die Kollegen am Einsatzort denken eigentlich alle Zeitarbeiter sind Billigkräfte und mein Arbeitsplatz wird bald gestrichen und dann kommt ein Zeitarbeiter.
So werdet ihr dann auch behandelt. Ihr seit nur gekommen um der Stammbelegschaft den Arbeitsplatz wegzunehmen. Wenn Ihr dann mit einem dieser Kollegen arbeiten müsst der vor Sorge und Zukunftsangst die letzten 2 Nächte nicht geschlafen hat, viel Spaß.

Die Chefs am Einsatzort wollen nur eins: Leistung! Und zwar richtig. Die sehen was ihr kostet und das müsst ihr auch bringen. Achtung nicht vergessen verdienen wollen die aber auch was an euch sonst bringt die Sache ja nichts. Eure Zeitarbeitsfirma möchte übrigens auch etwas an euch verdienen nicht vergessen. Und bei so vielen Leuten um euch Drumherum die Geld mit eurer Arbeit verdienen wollen dürft ihr mal raten was da für euch übrig bleibt.
Nasenpopel.

Mit der Chance auf Übernahme werdet ihr am Einsatzort natürlich zu Höchstleistungen motiviert und diese auch erbringen bis ihr nicht mehr könnt.
Ein klitzekleines Detail wird euch dabei leider verschwiegen. Euer Entleiher (das ist der bei dem ihr arbeitet) und euer Verleiher (Zeitfutzi) haben beide einen Vertrag da steht drin das ihr mindestens 6 Monate da arbeiten müsst, wenn vorher eine Ablösesumme oder ähnliches zu zahlen ist bevor ihr einen richtigen Arbeitsvertrag bekommen könnt.
6 Monate sind eine lange Zeit, die müsst ihr 100% geben und die Auftragslage im Betrieb muss langfristig hoch bleiben sonst werdet ihr ja nicht mehr gebraucht.
Dann werden die Kollegen vom Chef gefragt wie ihr euch so macht und eure Freunde sind das definitiv nicht. Darauf wartet die Meute doch nur!
Wer sagt denn eigentlich das der Betrieb in dem ihr arbeitet nicht einen Arbeitslosen einstellt bei dem das AA noch 40% vom Lohn fördert? Es gibt Gerichtsurteile die Unternehmen dazu
verpflichten erst Leiharbeiter abzubauen bevor Stammbelegschaft gehen muss.
Der Zeitarbeiter ist niemals die erste Wahl aber ist immer der erste der geht.
Ihr werdet nicht übernommen, die Zeitarbeiterfirma wird die Kuh nicht schlachten die sie melken kann. Ihr werdet immer Zeitarbeiter bleiben.

Die Arbeitszeiten legt der Kunde fest bei dem ihr arbeiten dürft. Die Stunden werden aufgeschrieben auf einen Stundenzettel, der wird unterschrieben und dann schickt ihr den weg. Solltet ihr Überstunden machen dürfen dann könnt ihr ordentlich knüppeln nur bringt das nicht viel weil immer dieselbe Anzahl an Stunden ausbezahlt wird. Der Rest wandert auf ein Stundenkonto und das muss erst voll sein. Das hab ich noch nie erlebt. Bei mir sind es 150 Std. und alles was darüber ist wird ausbezahlt.
Nach meiner Erfahrung braucht man mind. 6 Monate um die 150 h voll zu bekommen, so lange ist man meistens nicht an einem Einsatzort. Bis zum neuen Einsatz vergehen dann immer ein paar Tage und dann kracht das Konto wieder mächtig runter. Könnt ihr euch also abschminken.

Die Arbeitsverträge sind kurzum Scheiße. Es wird immer einen niedrigen Stundelohn geben.
Aber, wird man euch sagen es gibt ja noch Zuschläge. Toll nicht? Das werden meistens Fahrtkostenzuschüsse sein die sind Steuerfrei dann müsst ihr nicht soviel Steuern zahlen.
Und ihr habt wieder einen Strohhalm an den ihr euch klammert.
Zum einen wenig Steuern heißt nix anderes wie wenig Sozialabgaben und wenn ihr dem Staat wenig gebt dann gibt der im Ernstfall auch nix zurück.
Wichtiger aber ist wie viel Zuschläge sind das denn eigentlich und sind die festgeschrieben in der Höhe oder wie oder was?
Sie sind es nicht und die ach so tollen Zuschläge werden in ihrer Höhe auch stark schwanken. In welche Richtung kann sich ja jeder selber mal Gedanken machen.
Rechnet nur mit dem Stundenlohn und der ist mies so viel steht fest.
Nach meiner Erfahrung setzen sich die Löhne aus mehreren Teilen zusammen und in den Verträgen sind alle möglichen Situationen konstruiert warum der oder der andere Teil des Lohnes gerade nicht ausgezahlt wird.
Die Jungs sind da sehr kreativ und üben sich wenn nötig auch mal in freier Interpretation des ein oder anderen Absatzes im Vertrag.
Solltet ihr absolut fit in diesen Sachen sein und selbstbewusst auf euer Recht pochen dann kommt Plan B. Zack flattert ein neuer Vertrag auf den Tisch mit dem Hinweis den bekommen jetzt alle. Anweisung von ganz oben.
Die üblichen Spielchen wie nicht ans Telefon gehen, nicht zuständig sein oder wenn ihr 500 km weit weg arbeitet dann wird auf einmal nix mehr am Telefon besprochen. „Solche Sachen müssen wir unter 4 Augen besprechen, das geht so nicht“

Der Klassiker sind auch Stellenausschreibungen über andere Zeitarbeitsfirmen. Das bedeutet ihr bewerbt euch bei einer Zeitbude irgendwo in MekPom und die schicken euch dann zur nächsten und da ist dann von den tollen Konditionen nicht mehr die Rede. Manchmal geht das bis zu 3 mal so und ihr wartet und wartet. Die füllen häufig nur ihre Listen der Mitarbeiter die sie anbieten können sonst stehen sie Scheiße da vor den Unternehmen.
Wenn sie euch rauskanten wollen können sie so vorher schon mal neue Leute suchen ohne das ihr was merkt. Was das ganze Theater soll versteht kein Mensch.
Eigentlich wisst ihr nie was los ist.
Ich hab schon erlebt das ein Zeitarbeiter der es tatsächlich 6 Jahre bei ein und demselben Entleiher ausgehalten hat Freitags auf dem Heimweg abgemeldet wurde. Er hat dann auf der Autobahn wieder umgedreht und ist zurück um seine Sachen zu holen.

Die Unterkünfte werden gestellt. Freut euch nicht so früh. In der Regel sind es Montageunterkünfte wo so allerhand merkwürdige Gestalten rumfleuchen. Ich habe Bekanntschaft mit Russen, Kaukasiern, Türken, Polen und Engländern gemacht. Mit den Jungs die Küche das WC und die Dusche zu teilen ist da eine sehr interessante Erfahrung, ohne Gummihandschuhe und Desinfektionsspray kommt man da nicht weit.
Der härteste Fall war ein Heroinsüchtiger Engländer der sich mal schnell eine Entziehungskur verabreicht hat. Der hat Tage und Nächtelang nicht geschlafen da war Stimmung in der Bude.
Der Tipp von meinem Zeitfutzi war das ich mal mit ihm reden sollte. Dankeschön noch mal an dieser Stelle.
In letzter Zeit höre ich immer öfter das 2 Leute in einem Zimmer schlafen sollen.
Am Wochenende wird die Unterkunft bei mir auch nicht mehr bezahlt, nur noch 4 Nächte in der Woche. Das bedeutet das die Nacht vom So zum Mo auch fehlt. Also nachts ordentlich Km schruppen und dann völlig übermüdet den Mo arbeiten. Irgendwann geht das auch mal ins Auge. Mich wundert ja schon dass bei dem wochenlangen Schneechaos noch nix passiert ist.

Der Zeitarbeiter ist in den meisten Fällen am suchen. Er sucht in seinem Auto nach Gegenständen des täglichen Bedarfs, die er dann wohl vergessen hat. Dann sucht er eine Einkaufsmöglichkeit. Dann sucht er seine Unterkunft, er sucht seinen Einsatzort, er such den Weg zwischen Unterkunft und Arbeitsort, er sucht beim arbeiten die unmöglichsten Dinge und muss sich ständig durchfragen bis zu dem Tag wo er alles kennt und nicht mehr suchen muss. Er kennt die Leute die Umgebung weis wo Brötchen und das Benzin günstig sind, kennt den kürzesten und schnellsten Weg zur Arbeit. An diesem Tag kommt sie, die E-Mail, die SMS es kommt auf den unmöglichsten Wegen die Nachricht dass er nicht mehr gebraucht wird. Persönlich wird niemand mit ihm sprechen es wird sich auch niemand bei ihm bedanken.
Und dann wird er wieder suchen solange bis er alles gefunden hat.

Egal wie gut oder wie schlecht wie schnell oder wie langsam der Zeitarbeiter gearbeitet hat, wie viel Überstunden und wie viele Heldentaten er vollbracht hat am Ende fliegt er. Immer !

Der Zeitarbeiter lebt von der Substanz. Auto, Kühlschrank, Waschmaschine, Fernseher, Klamotten und Schuhe werden alt und nutzen sich ab. Der Zeitarbeiter hat nie wirklich Geld,
egal wo und was er kauft er tut es immer mit den letzten paar Kröten die er gerade noch hat.
Am Ende hat er eigentlich nichts mehr wo er Stolz drauf sein kann und fragt er sich dann was er eigentlich erreicht hat die letzten Jahre.


Was ich euch sagen will ist. Es bringt nichts, lasst euch nicht mit diesen Zeitarbeitsfirmen ein!
Ihr seid nur Ware nichts weiter, einfach nur Menschenware die benutzt wird so lange sie gebraucht wird. Danach weg oder wenn’s nicht super funktioniert einfach austauschen.
Fangt nicht an zu denken es wird euch schon nicht treffen der Typ der das hier schreibt hat nur Pech gehabt.
Es geht nicht um die Person, gebucht wird eine Arbeitskraft egal welche. Ist die Arbeitkraft nicht Arbeitsfähig (krank) dann kommt eine die es ist.
Gern fehlen auch mal nach einer Woche krank 5 Urlaubstage da tauchen Urlaubsanträge auf die ihr dann angeblich geschrieben habt oder der Resturlaub kann nicht mit ins andere Jahr genommen werden. Das sagt man natürlich immer erst im nächsten Jahr. Die Möglichkeiten hier scheinen fast unerschöpflich. Euer Recht könnt ihr euch einklagen.

Ich bitte euch überlegt gut was ihr für Arbeitsverträge unterschreibt.
Versucht bitte nicht allein raus zu finden auf wie viele Arten man euch übers Ohr hauen kann, es sind unglaublich viele das übersteht niemand ohne Schaden zu nehmen glaubt mir.

Ihr bekommt dann graue Haare womöglich fallen sie auch noch aus die Damen essen vor Frust alles in sich rein und das Ergebnis möchte sich nun wirklich niemand angucken müssen.

Also helft euch und tut den anderen einen Gefallen. Werdet keine Zeitarbeiter !

Vielen Dank.

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